Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweyter Gesang.
Nach ihm erschien Belielel. Er kam in trauriger
Stille

Aus den Wäldern und Auen, wo sich die Bäche des To-
des

Dunkel aus nebelndem Quell nach Satans Throne zuwäl-
zen.

Allda wohnt Belielel. Umsonst ist seine Bemühung,
Ewig umsonst, die Gegend des Fluchs nach den Welten
des Schöpfers

Umzuschaffen. Jhm siehst du mit hohem erhabenen Lä-
cheln,

Ewiger, zu, wenn er den furchtbar brausenden Sturm-
wind

Sehnsuchtsvoll, mit ohnmächtigem Arm, gleich kühlenden
Zephyrn,

Vor sich am traurigen Bache vorüber zu führen bemüht
ist!

Denn der braust unaufhaltsam dahin, die Schrecknisse
GOttes

Nauschen auf seinen verderbenden Flügeln. Die öde Ver-
wüstung

Bleibt ungestalt im erschütterten Abgrund hinter ihm lie-
gen.

Unmuthsvoll denkt Belielel an jenen unsterblichen Früh-
ling,

Der die himmlische Flur wie ein junger Seraph umlä-
chelt!

Jhn will er in den Wüsten der Höllen von ferne nachbil-
den.

Doch er ergrimmt, und seufzet vor Wut; die traurigen
Auen
Liegen
E
Zweyter Geſang.
Nach ihm erſchien Belielel. Er kam in trauriger
Stille

Aus den Waͤldern und Auen, wo ſich die Baͤche des To-
des

Dunkel aus nebelndem Quell nach Satans Throne zuwaͤl-
zen.

Allda wohnt Belielel. Umſonſt iſt ſeine Bemuͤhung,
Ewig umſonſt, die Gegend des Fluchs nach den Welten
des Schoͤpfers

Umzuſchaffen. Jhm ſiehſt du mit hohem erhabenen Laͤ-
cheln,

Ewiger, zu, wenn er den furchtbar brauſenden Sturm-
wind

Sehnſuchtsvoll, mit ohnmaͤchtigem Arm, gleich kuͤhlenden
Zephyrn,

Vor ſich am traurigen Bache voruͤber zu fuͤhren bemuͤht
iſt!

Denn der brauſt unaufhaltſam dahin, die Schreckniſſe
GOttes

Nauſchen auf ſeinen verderbenden Fluͤgeln. Die oͤde Ver-
wuͤſtung

Bleibt ungeſtalt im erſchuͤtterten Abgrund hinter ihm lie-
gen.

Unmuthsvoll denkt Belielel an jenen unſterblichen Fruͤh-
ling,

Der die himmliſche Flur wie ein junger Seraph umlaͤ-
chelt!

Jhn will er in den Wuͤſten der Hoͤllen von ferne nachbil-
den.

Doch er ergrimmt, und ſeufzet vor Wut; die traurigen
Auen
Liegen
E
<TEI>
  <text>
    <body>
      <lg type="poem">
        <pb facs="#f0069" n="65"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweyter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw><lb/>
        <lg n="19">
          <l>Nach ihm er&#x017F;chien Belielel. Er kam in trauriger<lb/><hi rendition="#et">Stille</hi></l><lb/>
          <l>Aus den Wa&#x0364;ldern und Auen, wo &#x017F;ich die Ba&#x0364;che des To-<lb/><hi rendition="#et">des</hi></l><lb/>
          <l>Dunkel aus nebelndem Quell nach Satans Throne zuwa&#x0364;l-<lb/><hi rendition="#et">zen.</hi></l><lb/>
          <l>Allda wohnt Belielel. Um&#x017F;on&#x017F;t i&#x017F;t &#x017F;eine Bemu&#x0364;hung,</l><lb/>
          <l>Ewig um&#x017F;on&#x017F;t, die Gegend des Fluchs nach den Welten<lb/><hi rendition="#et">des Scho&#x0364;pfers</hi></l><lb/>
          <l>Umzu&#x017F;chaffen. Jhm &#x017F;ieh&#x017F;t du mit hohem erhabenen La&#x0364;-<lb/><hi rendition="#et">cheln,</hi></l><lb/>
          <l>Ewiger, zu, wenn er den furchtbar brau&#x017F;enden Sturm-<lb/><hi rendition="#et">wind</hi></l><lb/>
          <l>Sehn&#x017F;uchtsvoll, mit ohnma&#x0364;chtigem Arm, gleich ku&#x0364;hlenden<lb/><hi rendition="#et">Zephyrn,</hi></l><lb/>
          <l>Vor &#x017F;ich am traurigen Bache voru&#x0364;ber zu fu&#x0364;hren bemu&#x0364;ht<lb/><hi rendition="#et">i&#x017F;t!</hi></l><lb/>
          <l>Denn der brau&#x017F;t unaufhalt&#x017F;am dahin, die Schreckni&#x017F;&#x017F;e<lb/><hi rendition="#et">GOttes</hi></l><lb/>
          <l>Nau&#x017F;chen auf &#x017F;einen verderbenden Flu&#x0364;geln. Die o&#x0364;de Ver-<lb/><hi rendition="#et">wu&#x0364;&#x017F;tung</hi></l><lb/>
          <l>Bleibt unge&#x017F;talt im er&#x017F;chu&#x0364;tterten Abgrund hinter ihm lie-<lb/><hi rendition="#et">gen.</hi></l><lb/>
          <l>Unmuthsvoll denkt Belielel an jenen un&#x017F;terblichen Fru&#x0364;h-<lb/><hi rendition="#et">ling,</hi></l><lb/>
          <l>Der die himmli&#x017F;che Flur wie ein junger Seraph umla&#x0364;-<lb/><hi rendition="#et">chelt!</hi></l><lb/>
          <l>Jhn will er in den Wu&#x0364;&#x017F;ten der Ho&#x0364;llen von ferne nachbil-<lb/><hi rendition="#et">den.</hi></l><lb/>
          <l>Doch er ergrimmt, und &#x017F;eufzet vor Wut; die traurigen<lb/><hi rendition="#et">Auen</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E</fw><fw place="bottom" type="catch">Liegen</fw><lb/></l>
        </lg>
      </lg>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0069] Zweyter Geſang. Nach ihm erſchien Belielel. Er kam in trauriger Stille Aus den Waͤldern und Auen, wo ſich die Baͤche des To- des Dunkel aus nebelndem Quell nach Satans Throne zuwaͤl- zen. Allda wohnt Belielel. Umſonſt iſt ſeine Bemuͤhung, Ewig umſonſt, die Gegend des Fluchs nach den Welten des Schoͤpfers Umzuſchaffen. Jhm ſiehſt du mit hohem erhabenen Laͤ- cheln, Ewiger, zu, wenn er den furchtbar brauſenden Sturm- wind Sehnſuchtsvoll, mit ohnmaͤchtigem Arm, gleich kuͤhlenden Zephyrn, Vor ſich am traurigen Bache voruͤber zu fuͤhren bemuͤht iſt! Denn der brauſt unaufhaltſam dahin, die Schreckniſſe GOttes Nauſchen auf ſeinen verderbenden Fluͤgeln. Die oͤde Ver- wuͤſtung Bleibt ungeſtalt im erſchuͤtterten Abgrund hinter ihm lie- gen. Unmuthsvoll denkt Belielel an jenen unſterblichen Fruͤh- ling, Der die himmliſche Flur wie ein junger Seraph umlaͤ- chelt! Jhn will er in den Wuͤſten der Hoͤllen von ferne nachbil- den. Doch er ergrimmt, und ſeufzet vor Wut; die traurigen Auen Liegen E

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die ersten drei Gesänge von Klopstocks ‚Messias‘ … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/69
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/69>, abgerufen am 03.05.2024.