Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.Zweyter Gesang. Satan hatte bisher nur Samma von ferne gepeinigt,Aus den tiefsten entlegensten Enden des nächtlichen Grab- mals Sandt er langsame Plagen hervor. Jtzt erhub er sich wieder Rüstete sich mit Todesschrecken, und stürzt auf Samma. Samma sprang auf, dann fiel er von neuem ohnmächtig dar- nieder. Seine dem Tode noch kaum entgegenringende Seele Trieb ihn, von dem mördrischen Feind zur Verzweiflung empöret, Felsen an. Hier wolt ihn vor deinen göttlichen Au- gen Grosser Messias, der Satan am schroffen Felsen zer- schmettern. Doch du warest schon da, und deine voreilende Gnade Trug dein verlassnes Geschöpf auf treuen allmächtigen Flü- geln, Daß er nicht sank. Da ergrimmte der Geist des Men- schenverderbers Und erbebte. Die kommende Gottheit erschreckt ihn von ferne. Jndem richtete JEsus sein helfendes Antlitz auf Sam- ma. Eine belebende göttliche Kraft, mit dem Blicke verein- bart, Gieng von ihm aus. Da erkannte der arme verlassene Samma Seinen Erlöser. Jns bleiche schon halbverweste Gesichte Kam die Menschheit zurück, er schrie, und weinte gen Himmel. Jtzt D 2
Zweyter Geſang. Satan hatte bisher nur Samma von ferne gepeinigt,Aus den tiefſten entlegenſten Enden des naͤchtlichen Grab- mals Sandt er langſame Plagen hervor. Jtzt erhub er ſich wieder Ruͤſtete ſich mit Todesſchrecken, und ſtuͤrzt auf Samma. Samma ſprang auf, dann fiel er von neuem ohnmaͤchtig dar- nieder. Seine dem Tode noch kaum entgegenringende Seele Trieb ihn, von dem moͤrdriſchen Feind zur Verzweiflung empoͤret, Felſen an. Hier wolt ihn vor deinen goͤttlichen Au- gen Groſſer Meſſias, der Satan am ſchroffen Felſen zer- ſchmettern. Doch du wareſt ſchon da, und deine voreilende Gnade Trug dein verlaſſnes Geſchoͤpf auf treuen allmaͤchtigen Fluͤ- geln, Daß er nicht ſank. Da ergrimmte der Geiſt des Men- ſchenverderbers Und erbebte. Die kommende Gottheit erſchreckt ihn von ferne. Jndem richtete JEſus ſein helfendes Antlitz auf Sam- ma. Eine belebende goͤttliche Kraft, mit dem Blicke verein- bart, Gieng von ihm aus. Da erkannte der arme verlaſſene Samma Seinen Erloͤſer. Jns bleiche ſchon halbverweſte Geſichte Kam die Menſchheit zuruͤck, er ſchrie, und weinte gen Himmel. Jtzt D 2
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Zweyter Geſang.
Satan hatte bisher nur Samma von ferne gepeinigt,
Aus den tiefſten entlegenſten Enden des naͤchtlichen Grab-
mals
Sandt er langſame Plagen hervor. Jtzt erhub er ſich
wieder
Ruͤſtete ſich mit Todesſchrecken, und ſtuͤrzt auf Samma.
Samma ſprang auf, dann fiel er von neuem ohnmaͤchtig dar-
nieder.
Seine dem Tode noch kaum entgegenringende Seele
Trieb ihn, von dem moͤrdriſchen Feind zur Verzweiflung
empoͤret,
Felſen an. Hier wolt ihn vor deinen goͤttlichen Au-
gen
Groſſer Meſſias, der Satan am ſchroffen Felſen zer-
ſchmettern.
Doch du wareſt ſchon da, und deine voreilende Gnade
Trug dein verlaſſnes Geſchoͤpf auf treuen allmaͤchtigen Fluͤ-
geln,
Daß er nicht ſank. Da ergrimmte der Geiſt des Men-
ſchenverderbers
Und erbebte. Die kommende Gottheit erſchreckt ihn von
ferne.
Jndem richtete JEſus ſein helfendes Antlitz auf Sam-
ma.
Eine belebende goͤttliche Kraft, mit dem Blicke verein-
bart,
Gieng von ihm aus. Da erkannte der arme verlaſſene
Samma
Seinen Erloͤſer. Jns bleiche ſchon halbverweſte Geſichte
Kam die Menſchheit zuruͤck, er ſchrie, und weinte gen
Himmel.
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Zitationshilfe: | Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/55>, abgerufen am 22.07.2024. |