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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

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Der Messias.

Raphael, einer vom Throne, der hohen Seraphim einer,
Und aus Gabriels Ordnung, der ward sein erster Be-
schützer.

Selia, und Jthuriel gingen beyde zu JEsu
Jn die Gräber. Da trat mit erheitertem Angesicht Sa-
lem

Unter sie hin, und blickte sie an, und umarmte sie zärtlich
Frohe besänftigte Züge verklärten das Angesicht Salems,
Und ein jugendlich Lächeln umfloß die unsterbliche Stir-
ne,

Da, wie die Pforten des lieblichen Morgens im Frühling
sich öffnen,

Sich sein heiliger Mund voll süsser Beredsamkeit auf-
that,

Und von seinen Lippen die Stimme sanfttönend herab-
floß:

Seraph, beruhige dich, der dort in den Gräbern bey
JEsu,

Jener ist Johannes der liebenswürdigfte Jünger.
Schau ihn nur an, bald wirst du nicht mehr an Jscha-
rioth denken!

Heilig, wie ein Seraph, ja wie der unsterblichen einer,
Lebt er beym Messias, der sein Herz vor allen ihm öffnet,
Der ihn, mit göttlicher Huld, sich zum vertrautesten
wählte.

Wie die Freundschaft des hohen Eloa und Gabriels
Freundschaft:

Oder wie Abdiels Liebe zu Abbadonaa gewesen!
Als er mit ihm in anerschaffener Unschuld noch lebte:
Also ist Johannes und JEsu göttliche Freundschaft,
Und

Der Meſſias.

Raphael, einer vom Throne, der hohen Seraphim einer,
Und aus Gabriels Ordnung, der ward ſein erſter Be-
ſchuͤtzer.

Selia, und Jthuriel gingen beyde zu JEſu
Jn die Graͤber. Da trat mit erheitertem Angeſicht Sa-
lem

Unter ſie hin, und blickte ſie an, und umarmte ſie zaͤrtlich
Frohe beſaͤnftigte Zuͤge verklaͤrten das Angeſicht Salems,
Und ein jugendlich Laͤcheln umfloß die unſterbliche Stir-
ne,

Da, wie die Pforten des lieblichen Morgens im Fruͤhling
ſich oͤffnen,

Sich ſein heiliger Mund voll ſuͤſſer Beredſamkeit auf-
that,

Und von ſeinen Lippen die Stimme ſanfttoͤnend herab-
floß:

Seraph, beruhige dich, der dort in den Graͤbern bey
JEſu,

Jener iſt Johannes der liebenswuͤrdigfte Juͤnger.
Schau ihn nur an, bald wirſt du nicht mehr an Jſcha-
rioth denken!

Heilig, wie ein Seraph, ja wie der unſterblichen einer,
Lebt er beym Meſſias, der ſein Herz vor allen ihm oͤffnet,
Der ihn, mit goͤttlicher Huld, ſich zum vertrauteſten
waͤhlte.

Wie die Freundſchaft des hohen Eloa und Gabriels
Freundſchaft:

Oder wie Abdiels Liebe zu Abbadonaa geweſen!
Als er mit ihm in anerſchaffener Unſchuld noch lebte:
Alſo iſt Johannes und JEſu goͤttliche Freundſchaft,
Und
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[122/0126] Der Meſſias. Raphael, einer vom Throne, der hohen Seraphim einer, Und aus Gabriels Ordnung, der ward ſein erſter Be- ſchuͤtzer. Selia, und Jthuriel gingen beyde zu JEſu Jn die Graͤber. Da trat mit erheitertem Angeſicht Sa- lem Unter ſie hin, und blickte ſie an, und umarmte ſie zaͤrtlich Frohe beſaͤnftigte Zuͤge verklaͤrten das Angeſicht Salems, Und ein jugendlich Laͤcheln umfloß die unſterbliche Stir- ne, Da, wie die Pforten des lieblichen Morgens im Fruͤhling ſich oͤffnen, Sich ſein heiliger Mund voll ſuͤſſer Beredſamkeit auf- that, Und von ſeinen Lippen die Stimme ſanfttoͤnend herab- floß: Seraph, beruhige dich, der dort in den Graͤbern bey JEſu, Jener iſt Johannes der liebenswuͤrdigfte Juͤnger. Schau ihn nur an, bald wirſt du nicht mehr an Jſcha- rioth denken! Heilig, wie ein Seraph, ja wie der unſterblichen einer, Lebt er beym Meſſias, der ſein Herz vor allen ihm oͤffnet, Der ihn, mit goͤttlicher Huld, ſich zum vertrauteſten waͤhlte. Wie die Freundſchaft des hohen Eloa und Gabriels Freundſchaft: Oder wie Abdiels Liebe zu Abbadonaa geweſen! Als er mit ihm in anerſchaffener Unſchuld noch lebte: Alſo iſt Johannes und JEſu goͤttliche Freundſchaft, Und

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Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/126>, abgerufen am 03.05.2024.