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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

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Der Messias.

Die er dereinst dem grossen Messias heiligen sollte.
Als ihm JEsus am Jordane rief, da war er noch einer
Von den Jüngern Johannes. Noch klang ihm die Re-
de Johannes

Von dem kommenden Mittler in seinem aufmerksamen
Ohre;

Als ihn mit einem durchdringenden Blick, voll segnender
Liebe,

JEsus berief. Jch hab ihn gesehn, ein göttliches Feuer
Drang gewaltig in ihn, er flog dem Messias entgegen!

Jtzo sprach, Philippus Schutzgeist, Libaniel, also:
Den du dort unten um beyde gesellig und friedsam erbli-
ckest,

Dieser ist Philippus. Ein menschenfreundliches Lächeln
Bildet die Züge des stillen Gesichts. Ein treues Bestre-
ben,

Alle, die GOtt zum Bilde sich schuf, wie Brüder zu lieben,
Jst der geliebteste Trieb in seinem göttlichen Herzen.
Auch hat sein Schöpfer in ihn der süssen Beredsamkeit
Gaben

Reichlich gelegt. Wie von Hermon der Thau, wenn der
Morgen erwacht ist,

Treufelt, und wie wohlriechende Lüfte dem Oelbaum ent-
fliessen,

Also fliesset die liebliche Rede vom Munde Philippus.
Selia sprach weiter: Der dort mit langsamen Schrit-
ten

Unter den Cedern heraufgeht, wer ist der? Auf seinem
Gesichte
Glüht

Der Meſſias.

Die er dereinſt dem groſſen Meſſias heiligen ſollte.
Als ihm JEſus am Jordane rief, da war er noch einer
Von den Juͤngern Johannes. Noch klang ihm die Re-
de Johannes

Von dem kommenden Mittler in ſeinem aufmerkſamen
Ohre;

Als ihn mit einem durchdringenden Blick, voll ſegnender
Liebe,

JEſus berief. Jch hab ihn geſehn, ein goͤttliches Feuer
Drang gewaltig in ihn, er flog dem Meſſias entgegen!

Jtzo ſprach, Philippus Schutzgeiſt, Libaniel, alſo:
Den du dort unten um beyde geſellig und friedſam erbli-
ckeſt,

Dieſer iſt Philippus. Ein menſchenfreundliches Laͤcheln
Bildet die Zuͤge des ſtillen Geſichts. Ein treues Beſtre-
ben,

Alle, die GOtt zum Bilde ſich ſchuf, wie Bruͤder zu lieben,
Jſt der geliebteſte Trieb in ſeinem goͤttlichen Herzen.
Auch hat ſein Schoͤpfer in ihn der ſuͤſſen Beredſamkeit
Gaben

Reichlich gelegt. Wie von Hermon der Thau, wenn der
Morgen erwacht iſt,

Treufelt, und wie wohlriechende Luͤfte dem Oelbaum ent-
flieſſen,

Alſo flieſſet die liebliche Rede vom Munde Philippus.
Selia ſprach weiter: Der dort mit langſamen Schrit-
ten

Unter den Cedern heraufgeht, wer iſt der? Auf ſeinem
Geſichte
Gluͤht
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[106/0110] Der Meſſias. Die er dereinſt dem groſſen Meſſias heiligen ſollte. Als ihm JEſus am Jordane rief, da war er noch einer Von den Juͤngern Johannes. Noch klang ihm die Re- de Johannes Von dem kommenden Mittler in ſeinem aufmerkſamen Ohre; Als ihn mit einem durchdringenden Blick, voll ſegnender Liebe, JEſus berief. Jch hab ihn geſehn, ein goͤttliches Feuer Drang gewaltig in ihn, er flog dem Meſſias entgegen! Jtzo ſprach, Philippus Schutzgeiſt, Libaniel, alſo: Den du dort unten um beyde geſellig und friedſam erbli- ckeſt, Dieſer iſt Philippus. Ein menſchenfreundliches Laͤcheln Bildet die Zuͤge des ſtillen Geſichts. Ein treues Beſtre- ben, Alle, die GOtt zum Bilde ſich ſchuf, wie Bruͤder zu lieben, Jſt der geliebteſte Trieb in ſeinem goͤttlichen Herzen. Auch hat ſein Schoͤpfer in ihn der ſuͤſſen Beredſamkeit Gaben Reichlich gelegt. Wie von Hermon der Thau, wenn der Morgen erwacht iſt, Treufelt, und wie wohlriechende Luͤfte dem Oelbaum ent- flieſſen, Alſo flieſſet die liebliche Rede vom Munde Philippus. Selia ſprach weiter: Der dort mit langſamen Schrit- ten Unter den Cedern heraufgeht, wer iſt der? Auf ſeinem Geſichte Gluͤht

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Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/110>, abgerufen am 02.05.2024.