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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

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Dritter Gesang.

Welche zu seyn, selbst Seraphim, auch mit der Sterb-
lichkeit, wünschen.

Seyd mir gesegnet! Jhr seyd es auch würdig, Unsterb-
liche, denn euch

Liebt der Erlöser, wie Brüder, ihr werdet auf goldenen
Stülen

Sitzen, und den Weltkreis mit eurem Könige richten.
Seraphim, nennet sie mir! Jch will die Namen auch
hören,

Die schon lange mit glänzenden Zügen im Lebensbuch
stehen.

Nennt mir jenen zuerst, der dort mit feurigen Augen
Um sich blickt, und im schattichten Walde mit Ungeduld
suchet;

JEsum vielleicht. Muth, und ein kühnes entschlossenes
Wesen

Seh ich in seinem Gesicht. Aufrichtig sagt es mir alles,
Was vom fühlenden Herzen belebt die Seele gedenket.

Dieser ist Simon Petrus, erwiederte Seraph Orion,
Einer der größten. Mich wählte der Mittler zu seinem
Beschützer.

Wie du sagtest, so ist auch mein Freund. Du solltest ihn
immer

Nebst mir in allem seinen Betragen, in JEsu Gesellschaft,
Wenn er inbrünstig ihn hört, auch wenn er am fernen
Gestade

Von ihm getrennt, und von mir begleitet und von mir
begeistert,

Schlummert und von GOtt träumt, da solltest du immer
ihn sehen,
Seraph,
G 4

Dritter Geſang.

Welche zu ſeyn, ſelbſt Seraphim, auch mit der Sterb-
lichkeit, wuͤnſchen.

Seyd mir geſegnet! Jhr ſeyd es auch wuͤrdig, Unſterb-
liche, denn euch

Liebt der Erloͤſer, wie Bruͤder, ihr werdet auf goldenen
Stuͤlen

Sitzen, und den Weltkreis mit eurem Koͤnige richten.
Seraphim, nennet ſie mir! Jch will die Namen auch
hoͤren,

Die ſchon lange mit glaͤnzenden Zuͤgen im Lebensbuch
ſtehen.

Nennt mir jenen zuerſt, der dort mit feurigen Augen
Um ſich blickt, und im ſchattichten Walde mit Ungeduld
ſuchet;

JEſum vielleicht. Muth, und ein kuͤhnes entſchloſſenes
Weſen

Seh ich in ſeinem Geſicht. Aufrichtig ſagt es mir alles,
Was vom fuͤhlenden Herzen belebt die Seele gedenket.

Dieſer iſt Simon Petrus, erwiederte Seraph Orion,
Einer der groͤßten. Mich waͤhlte der Mittler zu ſeinem
Beſchuͤtzer.

Wie du ſagteſt, ſo iſt auch mein Freund. Du ſollteſt ihn
immer

Nebſt mir in allem ſeinen Betragen, in JEſu Geſellſchaft,
Wenn er inbruͤnſtig ihn hoͤrt, auch wenn er am fernen
Geſtade

Von ihm getrennt, und von mir begleitet und von mir
begeiſtert,

Schlummert und von GOtt traͤumt, da ſollteſt du immer
ihn ſehen,
Seraph,
G 4
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[103/0107] Dritter Geſang. Welche zu ſeyn, ſelbſt Seraphim, auch mit der Sterb- lichkeit, wuͤnſchen. Seyd mir geſegnet! Jhr ſeyd es auch wuͤrdig, Unſterb- liche, denn euch Liebt der Erloͤſer, wie Bruͤder, ihr werdet auf goldenen Stuͤlen Sitzen, und den Weltkreis mit eurem Koͤnige richten. Seraphim, nennet ſie mir! Jch will die Namen auch hoͤren, Die ſchon lange mit glaͤnzenden Zuͤgen im Lebensbuch ſtehen. Nennt mir jenen zuerſt, der dort mit feurigen Augen Um ſich blickt, und im ſchattichten Walde mit Ungeduld ſuchet; JEſum vielleicht. Muth, und ein kuͤhnes entſchloſſenes Weſen Seh ich in ſeinem Geſicht. Aufrichtig ſagt es mir alles, Was vom fuͤhlenden Herzen belebt die Seele gedenket. Dieſer iſt Simon Petrus, erwiederte Seraph Orion, Einer der groͤßten. Mich waͤhlte der Mittler zu ſeinem Beſchuͤtzer. Wie du ſagteſt, ſo iſt auch mein Freund. Du ſollteſt ihn immer Nebſt mir in allem ſeinen Betragen, in JEſu Geſellſchaft, Wenn er inbruͤnſtig ihn hoͤrt, auch wenn er am fernen Geſtade Von ihm getrennt, und von mir begleitet und von mir begeiſtert, Schlummert und von GOtt traͤumt, da ſollteſt du immer ihn ſehen, Seraph, G 4

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Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/107>, abgerufen am 02.05.2024.