Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Messias.
Fleuch, und bete den Staub der todten Könige Juda's,
Sanherib, an! Hohnsprecher des Mächtigen, der um die Nase
Ringe dir, in dein Maul Gebisse dir legt', und des Weges,
Den du verwüstet hattest, zurück dich führte, du kennest
Also seinen Engel nicht mehr, dem ich heute gehorche?
Kennest den Furchtbaren nicht, der deine Heer' in den Schlummer
Stürzt', und weit umher das Gefild mit Leichnamen deckte,
Daß mit dem Wehn der kommenden Sonne geflügelt Geschrey schrie,
Und der trunkene Blick der Adler Libanons flammte!
Den nicht? Götterbezwinger zu Hamath, und Arpad! wo sind sie
Nun die Götter zu Haran? und Rezeph? und zu Thalassar?
Wo die Götter zu Sepharvaim? Sie sind in der Hölle,
Dein zu spotten! Jch neide dein Glück dir, daß du dem Hohne
Dieser Bezwungnen entronnen, und nur des todten Hiskia
Staub zu küssen, herauf gesandt bist? ... Sanherib eilte
Und die beyden Schatten des Abgrunds traten ins Grabmaal,
Wo Hiskias allein mit seinem Engel noch schwebte,
Langsam herein? ... Warum entheiligen diese Verworfne,
Engel Gottes, mein Grab? wer sind sie? .. Sanheribs Schatten,
Und sein Götze. Gleich wirst du, warum sie kamen, erfahren.

Sanherib! kennest du diesen verklärten Schatten? .. Wie kenn ich,
Jch Unglücklicher alle Söhne des glücklichen Schicksals? ...
Unglückseliger, weil du ein Böser warest, er ist es,
Der in den Staub vor ihm sich bückte, welchem du Hohn sprachst!
Der auf Gott sich verließ, da deine Schaaren, wie Ströme,
Kamen! Du kennst die Gerichte, die schon auf der Erde dich trafen!
Denn die folgten! und nun folgt dieß: Den, der dir so klein schien,
Daß

Der Meſſias.
Fleuch, und bete den Staub der todten Koͤnige Juda’s,
Sanherib, an! Hohnſprecher des Maͤchtigen, der um die Naſe
Ringe dir, in dein Maul Gebiſſe dir legt’, und des Weges,
Den du verwuͤſtet hatteſt, zuruͤck dich fuͤhrte, du kenneſt
Alſo ſeinen Engel nicht mehr, dem ich heute gehorche?
Kenneſt den Furchtbaren nicht, der deine Heer’ in den Schlummer
Stuͤrzt’, und weit umher das Gefild mit Leichnamen deckte,
Daß mit dem Wehn der kommenden Sonne gefluͤgelt Geſchrey ſchrie,
Und der trunkene Blick der Adler Libanons flammte!
Den nicht? Goͤtterbezwinger zu Hamath, und Arpad! wo ſind ſie
Nun die Goͤtter zu Haran? und Rezeph? und zu Thalaſſar?
Wo die Goͤtter zu Sepharvaim? Sie ſind in der Hoͤlle,
Dein zu ſpotten! Jch neide dein Gluͤck dir, daß du dem Hohne
Dieſer Bezwungnen entronnen, und nur des todten Hiskia
Staub zu kuͤſſen, herauf geſandt biſt? … Sanherib eilte
Und die beyden Schatten des Abgrunds traten ins Grabmaal,
Wo Hiskias allein mit ſeinem Engel noch ſchwebte,
Langſam herein? … Warum entheiligen dieſe Verworfne,
Engel Gottes, mein Grab? wer ſind ſie? .. Sanheribs Schatten,
Und ſein Goͤtze. Gleich wirſt du, warum ſie kamen, erfahren.

Sanherib! kenneſt du dieſen verklaͤrten Schatten? .. Wie kenn ich,
Jch Ungluͤcklicher alle Soͤhne des gluͤcklichen Schickſals? …
Ungluͤckſeliger, weil du ein Boͤſer wareſt, er iſt es,
Der in den Staub vor ihm ſich buͤckte, welchem du Hohn ſprachſt!
Der auf Gott ſich verließ, da deine Schaaren, wie Stroͤme,
Kamen! Du kennſt die Gerichte, die ſchon auf der Erde dich trafen!
Denn die folgten! und nun folgt dieß: Den, der dir ſo klein ſchien,
Daß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="84">
            <pb facs="#f0056" n="40"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Me&#x017F;&#x017F;ias.</hi> </fw><lb/>
            <l>Fleuch, und bete den Staub der todten Ko&#x0364;nige Juda&#x2019;s,</l><lb/>
            <l>Sanherib, an! Hohn&#x017F;precher des Ma&#x0364;chtigen, der um die Na&#x017F;e</l><lb/>
            <l>Ringe dir, in dein Maul Gebi&#x017F;&#x017F;e dir legt&#x2019;, und des Weges,</l><lb/>
            <l>Den du verwu&#x0364;&#x017F;tet hatte&#x017F;t, zuru&#x0364;ck dich fu&#x0364;hrte, du kenne&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Al&#x017F;o &#x017F;einen Engel nicht mehr, dem ich heute gehorche?</l><lb/>
            <l>Kenne&#x017F;t den Furchtbaren nicht, der deine Heer&#x2019; in den Schlummer</l><lb/>
            <l>Stu&#x0364;rzt&#x2019;, und weit umher das Gefild mit Leichnamen deckte,</l><lb/>
            <l>Daß mit dem Wehn der kommenden Sonne geflu&#x0364;gelt Ge&#x017F;chrey &#x017F;chrie,</l><lb/>
            <l>Und der trunkene Blick der Adler Libanons flammte!</l><lb/>
            <l>Den nicht? Go&#x0364;tterbezwinger zu Hamath, und Arpad! wo &#x017F;ind &#x017F;ie</l><lb/>
            <l>Nun die Go&#x0364;tter zu Haran? und Rezeph? und zu Thala&#x017F;&#x017F;ar?</l><lb/>
            <l>Wo die Go&#x0364;tter zu Sepharvaim? Sie &#x017F;ind in der Ho&#x0364;lle,</l><lb/>
            <l>Dein zu &#x017F;potten! Jch neide dein Glu&#x0364;ck dir, daß du dem Hohne</l><lb/>
            <l>Die&#x017F;er Bezwungnen entronnen, und nur des todten Hiskia</l><lb/>
            <l>Staub zu ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, herauf ge&#x017F;andt bi&#x017F;t? &#x2026; Sanherib eilte</l><lb/>
            <l>Und die beyden Schatten des Abgrunds traten ins Grabmaal,</l><lb/>
            <l>Wo Hiskias allein mit &#x017F;einem Engel noch &#x017F;chwebte,</l><lb/>
            <l>Lang&#x017F;am herein? &#x2026; Warum entheiligen die&#x017F;e Verworfne,</l><lb/>
            <l>Engel Gottes, mein Grab? wer &#x017F;ind &#x017F;ie? .. Sanheribs Schatten,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ein Go&#x0364;tze. Gleich wir&#x017F;t du, warum &#x017F;ie kamen, erfahren.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="85">
            <l>Sanherib! kenne&#x017F;t du die&#x017F;en verkla&#x0364;rten Schatten? .. Wie kenn ich,</l><lb/>
            <l>Jch Unglu&#x0364;cklicher alle So&#x0364;hne des glu&#x0364;cklichen Schick&#x017F;als? &#x2026;</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="86">
            <l>Unglu&#x0364;ck&#x017F;eliger, weil du ein Bo&#x0364;&#x017F;er ware&#x017F;t, er i&#x017F;t es,</l><lb/>
            <l>Der in den Staub vor ihm &#x017F;ich bu&#x0364;ckte, welchem du Hohn &#x017F;prach&#x017F;t!</l><lb/>
            <l>Der auf Gott &#x017F;ich verließ, da deine Schaaren, wie Stro&#x0364;me,</l><lb/>
            <l>Kamen! Du kenn&#x017F;t die Gerichte, die &#x017F;chon auf der Erde dich trafen!</l><lb/>
            <l>Denn die folgten! und nun folgt dieß: Den, der dir &#x017F;o klein &#x017F;chien,</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Daß</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0056] Der Meſſias. Fleuch, und bete den Staub der todten Koͤnige Juda’s, Sanherib, an! Hohnſprecher des Maͤchtigen, der um die Naſe Ringe dir, in dein Maul Gebiſſe dir legt’, und des Weges, Den du verwuͤſtet hatteſt, zuruͤck dich fuͤhrte, du kenneſt Alſo ſeinen Engel nicht mehr, dem ich heute gehorche? Kenneſt den Furchtbaren nicht, der deine Heer’ in den Schlummer Stuͤrzt’, und weit umher das Gefild mit Leichnamen deckte, Daß mit dem Wehn der kommenden Sonne gefluͤgelt Geſchrey ſchrie, Und der trunkene Blick der Adler Libanons flammte! Den nicht? Goͤtterbezwinger zu Hamath, und Arpad! wo ſind ſie Nun die Goͤtter zu Haran? und Rezeph? und zu Thalaſſar? Wo die Goͤtter zu Sepharvaim? Sie ſind in der Hoͤlle, Dein zu ſpotten! Jch neide dein Gluͤck dir, daß du dem Hohne Dieſer Bezwungnen entronnen, und nur des todten Hiskia Staub zu kuͤſſen, herauf geſandt biſt? … Sanherib eilte Und die beyden Schatten des Abgrunds traten ins Grabmaal, Wo Hiskias allein mit ſeinem Engel noch ſchwebte, Langſam herein? … Warum entheiligen dieſe Verworfne, Engel Gottes, mein Grab? wer ſind ſie? .. Sanheribs Schatten, Und ſein Goͤtze. Gleich wirſt du, warum ſie kamen, erfahren. Sanherib! kenneſt du dieſen verklaͤrten Schatten? .. Wie kenn ich, Jch Ungluͤcklicher alle Soͤhne des gluͤcklichen Schickſals? … Ungluͤckſeliger, weil du ein Boͤſer wareſt, er iſt es, Der in den Staub vor ihm ſich buͤckte, welchem du Hohn ſprachſt! Der auf Gott ſich verließ, da deine Schaaren, wie Stroͤme, Kamen! Du kennſt die Gerichte, die ſchon auf der Erde dich trafen! Denn die folgten! und nun folgt dieß: Den, der dir ſo klein ſchien, Daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/56
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/56>, abgerufen am 24.11.2024.