Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

Bild:
<< vorherige Seite

Elfter Gesang.
Bund der Ewige sandte, sie glänzten wie Orionen,
Kamen, umschwebten das Grab, und hielten die goldnen Harfen
Hoch gen Himmel, und tönten, und sangen: Die Seegen Garizims
Haben wir nicht, nicht Leben der Zeit, des Golgatha Seegen
Haben wir! Moses, Aarons Gott, was säumet dein Leichnam?
Staub, du ruhst, steh auf ins Leben, dir ruft der Versöhner!

Und in leisem und sanftem, in himmlischem Harfengelispel
Schlummert' er hin; und erwacht' in Posaunenhall! Es erbebte
Nebo von jeder Todtenweckerinn, wenn sie ins Grab scholl.
Feyerlich beugte sein Knie, und sank der Herrliche nieder,
Anzubeten, und lang' erhub sein Wonnegebet sich,
Lange sein Preisen, ihm hielt kein Engel die Arme gen Himmel.
Auch der Könige Grab bewegte sich. David erwachte,
Ach glückseligkeitsatt, und nach dem herrlichen Bilde
Siehe des Unverwesenden, dessen der Auferstehung
Hoher Triumph auch harrte, des Erstlings unter den Todten!
Als in dem dunkeln Gewölbe der Sohn Jsai daherging,
Und bey ihrem Gebeine die Seele Salomo's sahe,
Blieb er bey ihr, wie er schimmerte, stehn. Der Sohn erstaunte,
Ueber den Auferstandnen, der Unerwachte. Da eilten
Engel zu ihnen ins Grab, und Auferstandne. Sie riefen:
O sie erwachten vom Tode! ... Ja wir erwachten vom Tode!
Unser dürres Gebein, rief Abraham in der Entzückung,
Hörte die Stimme des Herrn, wir erwachten, ihn zu empfangen,
Ganz unsterblich, wie er, wenn er nun selber heraufstrahlt.
Vater des göttlichen Todten, auch du bist, David, erkohren,
Um die Ceder Gottes ein Frühlingsbäumchen zu grünen,
Und
C 5

Elfter Geſang.
Bund der Ewige ſandte, ſie glaͤnzten wie Orionen,
Kamen, umſchwebten das Grab, und hielten die goldnen Harfen
Hoch gen Himmel, und toͤnten, und ſangen: Die Seegen Garizims
Haben wir nicht, nicht Leben der Zeit, des Golgatha Seegen
Haben wir! Moſes, Aarons Gott, was ſaͤumet dein Leichnam?
Staub, du ruhſt, ſteh auf ins Leben, dir ruft der Verſoͤhner!

Und in leiſem und ſanftem, in himmliſchem Harfengeliſpel
Schlummert’ er hin; und erwacht’ in Poſaunenhall! Es erbebte
Nebo von jeder Todtenweckerinn, wenn ſie ins Grab ſcholl.
Feyerlich beugte ſein Knie, und ſank der Herrliche nieder,
Anzubeten, und lang’ erhub ſein Wonnegebet ſich,
Lange ſein Preiſen, ihm hielt kein Engel die Arme gen Himmel.
Auch der Koͤnige Grab bewegte ſich. David erwachte,
Ach gluͤckſeligkeitſatt, und nach dem herrlichen Bilde
Siehe des Unverweſenden, deſſen der Auferſtehung
Hoher Triumph auch harrte, des Erſtlings unter den Todten!
Als in dem dunkeln Gewoͤlbe der Sohn Jſai daherging,
Und bey ihrem Gebeine die Seele Salomo’s ſahe,
Blieb er bey ihr, wie er ſchimmerte, ſtehn. Der Sohn erſtaunte,
Ueber den Auferſtandnen, der Unerwachte. Da eilten
Engel zu ihnen ins Grab, und Auferſtandne. Sie riefen:
O ſie erwachten vom Tode! … Ja wir erwachten vom Tode!
Unſer duͤrres Gebein, rief Abraham in der Entzuͤckung,
Hoͤrte die Stimme des Herrn, wir erwachten, ihn zu empfangen,
Ganz unſterblich, wie er, wenn er nun ſelber heraufſtrahlt.
Vater des goͤttlichen Todten, auch du biſt, David, erkohren,
Um die Ceder Gottes ein Fruͤhlingsbaͤumchen zu gruͤnen,
Und
C 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="73">
            <pb facs="#f0053" n="37"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Elfter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw><lb/>
            <l>Bund der Ewige &#x017F;andte, &#x017F;ie gla&#x0364;nzten wie Orionen,</l><lb/>
            <l>Kamen, um&#x017F;chwebten das Grab, und hielten die goldnen Harfen</l><lb/>
            <l>Hoch gen Himmel, und to&#x0364;nten, und &#x017F;angen: Die Seegen Garizims</l><lb/>
            <l>Haben wir nicht, nicht Leben der Zeit, des Golgatha Seegen</l><lb/>
            <l>Haben wir! Mo&#x017F;es, Aarons Gott, was &#x017F;a&#x0364;umet dein Leichnam?</l><lb/>
            <l>Staub, du ruh&#x017F;t, &#x017F;teh auf ins Leben, dir ruft der Ver&#x017F;o&#x0364;hner!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="74">
            <l>Und in lei&#x017F;em und &#x017F;anftem, in himmli&#x017F;chem Harfengeli&#x017F;pel</l><lb/>
            <l>Schlummert&#x2019; er hin; und erwacht&#x2019; in Po&#x017F;aunenhall! Es erbebte</l><lb/>
            <l>Nebo von jeder Todtenweckerinn, wenn &#x017F;ie ins Grab &#x017F;choll.</l><lb/>
            <l>Feyerlich beugte &#x017F;ein Knie, und &#x017F;ank der Herrliche nieder,</l><lb/>
            <l>Anzubeten, und lang&#x2019; erhub &#x017F;ein Wonnegebet &#x017F;ich,</l><lb/>
            <l>Lange &#x017F;ein Prei&#x017F;en, ihm hielt kein Engel die Arme gen Himmel.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="75">
            <l>Auch der Ko&#x0364;nige Grab bewegte &#x017F;ich. David erwachte,</l><lb/>
            <l>Ach glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit&#x017F;att, und nach dem herrlichen Bilde</l><lb/>
            <l>Siehe des Unverwe&#x017F;enden, de&#x017F;&#x017F;en der Aufer&#x017F;tehung</l><lb/>
            <l>Hoher Triumph auch harrte, des Er&#x017F;tlings unter den Todten!</l><lb/>
            <l>Als in dem dunkeln Gewo&#x0364;lbe der Sohn J&#x017F;ai daherging,</l><lb/>
            <l>Und bey ihrem Gebeine die Seele Salomo&#x2019;s &#x017F;ahe,</l><lb/>
            <l>Blieb er bey ihr, wie er &#x017F;chimmerte, &#x017F;tehn. Der Sohn er&#x017F;taunte,</l><lb/>
            <l>Ueber den Aufer&#x017F;tandnen, der Unerwachte. Da eilten</l><lb/>
            <l>Engel zu ihnen ins Grab, und Aufer&#x017F;tandne. Sie riefen:</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="76">
            <l>O &#x017F;ie erwachten vom Tode! &#x2026; Ja wir erwachten vom Tode!</l><lb/>
            <l>Un&#x017F;er du&#x0364;rres Gebein, rief Abraham in der Entzu&#x0364;ckung,</l><lb/>
            <l>Ho&#x0364;rte die Stimme des Herrn, wir erwachten, ihn zu empfangen,</l><lb/>
            <l>Ganz un&#x017F;terblich, wie er, wenn er nun &#x017F;elber herauf&#x017F;trahlt.</l><lb/>
            <l>Vater des go&#x0364;ttlichen Todten, auch du bi&#x017F;t, David, erkohren,</l><lb/>
            <l>Um die Ceder Gottes ein Fru&#x0364;hlingsba&#x0364;umchen zu gru&#x0364;nen,</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">C 5</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0053] Elfter Geſang. Bund der Ewige ſandte, ſie glaͤnzten wie Orionen, Kamen, umſchwebten das Grab, und hielten die goldnen Harfen Hoch gen Himmel, und toͤnten, und ſangen: Die Seegen Garizims Haben wir nicht, nicht Leben der Zeit, des Golgatha Seegen Haben wir! Moſes, Aarons Gott, was ſaͤumet dein Leichnam? Staub, du ruhſt, ſteh auf ins Leben, dir ruft der Verſoͤhner! Und in leiſem und ſanftem, in himmliſchem Harfengeliſpel Schlummert’ er hin; und erwacht’ in Poſaunenhall! Es erbebte Nebo von jeder Todtenweckerinn, wenn ſie ins Grab ſcholl. Feyerlich beugte ſein Knie, und ſank der Herrliche nieder, Anzubeten, und lang’ erhub ſein Wonnegebet ſich, Lange ſein Preiſen, ihm hielt kein Engel die Arme gen Himmel. Auch der Koͤnige Grab bewegte ſich. David erwachte, Ach gluͤckſeligkeitſatt, und nach dem herrlichen Bilde Siehe des Unverweſenden, deſſen der Auferſtehung Hoher Triumph auch harrte, des Erſtlings unter den Todten! Als in dem dunkeln Gewoͤlbe der Sohn Jſai daherging, Und bey ihrem Gebeine die Seele Salomo’s ſahe, Blieb er bey ihr, wie er ſchimmerte, ſtehn. Der Sohn erſtaunte, Ueber den Auferſtandnen, der Unerwachte. Da eilten Engel zu ihnen ins Grab, und Auferſtandne. Sie riefen: O ſie erwachten vom Tode! … Ja wir erwachten vom Tode! Unſer duͤrres Gebein, rief Abraham in der Entzuͤckung, Hoͤrte die Stimme des Herrn, wir erwachten, ihn zu empfangen, Ganz unſterblich, wie er, wenn er nun ſelber heraufſtrahlt. Vater des goͤttlichen Todten, auch du biſt, David, erkohren, Um die Ceder Gottes ein Fruͤhlingsbaͤumchen zu gruͤnen, Und C 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/53
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/53>, abgerufen am 27.11.2024.