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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

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Der Messias.
Stand er auf, und war ganz Herrlichkeit jenes Lebens.
Sieh, er ist nicht todt mehr, er lebt! uud Einer der Zeugen,
Daß er lebe, bin ich, den er vom Tode geweckt hat,
Hiob! Jch litt, das glaubst du doch nun? viel grössere Leiden,
Als du littest! allein wie hat er auch mein sich erbarmet!

Beor wollte die Hände gen Himmel falten, vermochts nicht.
Wie sie Moses, am Tage der Schlacht, die Hände gen Himmel
Hielten, gesunken brachten sie Tod! und Leben! erhoben;
Also hielt sie ihm Hiob empor. Jetzt schied er mit Wonne
Von dem Erstaunenden, welcher ihn blaß und sprachlos ansah.
Siehe, der Todte, der ewig lebt, und bald nun hinaufsteigt
Jn die Höhe der Höhn, (Er wies mit der glänzenden Rechte
Feyrlich gen Himmel) er selbst hats über dich ausgesprochen:
Nicht der Blinde, noch die ihn gebahr, noch der, der ihn zeugte,
Haben gesündigt! Er ist ein Zeuge der Herrlichkeit Gottes!
Also verließ er Beor, der kaum den Abschied aushielt.
Abraham schweben und Moses am hohen Tempelgewölbe,
Schaun auf des Festes Feyrer hinab, und forschen betrachtend,
Einen darunter zu finden, der ihrer Erscheinungen werth sey;
Und sie suchen lange vergebens. Endlich erblicken
Sie, an einem der palmenbewundenen Pfeiler! voll Ernstes
Einen Jüngling, und voll der tiefanbetenden Andacht.
Feuer strömt' ihm herab aus jedem Blicke, gewidmet
Dem, deß grossen Namen die hohe Posaune jetzt hallte,
Sie der Schlacht, des Triumphs, und der Halleluja Gefährtinn.
Milder wurde sein Blick, und von werdenden Thränen beschimmert,
Als ihr Donner schwieg, und nun mit sanftem Gelispel
Korahs

Der Meſſias.
Stand er auf, und war ganz Herrlichkeit jenes Lebens.
Sieh, er iſt nicht todt mehr, er lebt! uud Einer der Zeugen,
Daß er lebe, bin ich, den er vom Tode geweckt hat,
Hiob! Jch litt, das glaubſt du doch nun? viel groͤſſere Leiden,
Als du litteſt! allein wie hat er auch mein ſich erbarmet!

Beor wollte die Haͤnde gen Himmel falten, vermochts nicht.
Wie ſie Moſes, am Tage der Schlacht, die Haͤnde gen Himmel
Hielten, geſunken brachten ſie Tod! und Leben! erhoben;
Alſo hielt ſie ihm Hiob empor. Jetzt ſchied er mit Wonne
Von dem Erſtaunenden, welcher ihn blaß und ſprachlos anſah.
Siehe, der Todte, der ewig lebt, und bald nun hinaufſteigt
Jn die Hoͤhe der Hoͤhn, (Er wies mit der glaͤnzenden Rechte
Feyrlich gen Himmel) er ſelbſt hats uͤber dich ausgeſprochen:
Nicht der Blinde, noch die ihn gebahr, noch der, der ihn zeugte,
Haben geſuͤndigt! Er iſt ein Zeuge der Herrlichkeit Gottes!
Alſo verließ er Beor, der kaum den Abſchied aushielt.
Abraham ſchweben und Moſes am hohen Tempelgewoͤlbe,
Schaun auf des Feſtes Feyrer hinab, und forſchen betrachtend,
Einen darunter zu finden, der ihrer Erſcheinungen werth ſey;
Und ſie ſuchen lange vergebens. Endlich erblicken
Sie, an einem der palmenbewundenen Pfeiler! voll Ernſtes
Einen Juͤngling, und voll der tiefanbetenden Andacht.
Feuer ſtroͤmt’ ihm herab aus jedem Blicke, gewidmet
Dem, deß groſſen Namen die hohe Poſaune jetzt hallte,
Sie der Schlacht, des Triumphs, und der Halleluja Gefaͤhrtinn.
Milder wurde ſein Blick, und von werdenden Thraͤnen beſchimmert,
Als ihr Donner ſchwieg, und nun mit ſanftem Gelispel
Korahs
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[234/0250] Der Meſſias. Stand er auf, und war ganz Herrlichkeit jenes Lebens. Sieh, er iſt nicht todt mehr, er lebt! uud Einer der Zeugen, Daß er lebe, bin ich, den er vom Tode geweckt hat, Hiob! Jch litt, das glaubſt du doch nun? viel groͤſſere Leiden, Als du litteſt! allein wie hat er auch mein ſich erbarmet! Beor wollte die Haͤnde gen Himmel falten, vermochts nicht. Wie ſie Moſes, am Tage der Schlacht, die Haͤnde gen Himmel Hielten, geſunken brachten ſie Tod! und Leben! erhoben; Alſo hielt ſie ihm Hiob empor. Jetzt ſchied er mit Wonne Von dem Erſtaunenden, welcher ihn blaß und ſprachlos anſah. Siehe, der Todte, der ewig lebt, und bald nun hinaufſteigt Jn die Hoͤhe der Hoͤhn, (Er wies mit der glaͤnzenden Rechte Feyrlich gen Himmel) er ſelbſt hats uͤber dich ausgeſprochen: Nicht der Blinde, noch die ihn gebahr, noch der, der ihn zeugte, Haben geſuͤndigt! Er iſt ein Zeuge der Herrlichkeit Gottes! Alſo verließ er Beor, der kaum den Abſchied aushielt. Abraham ſchweben und Moſes am hohen Tempelgewoͤlbe, Schaun auf des Feſtes Feyrer hinab, und forſchen betrachtend, Einen darunter zu finden, der ihrer Erſcheinungen werth ſey; Und ſie ſuchen lange vergebens. Endlich erblicken Sie, an einem der palmenbewundenen Pfeiler! voll Ernſtes Einen Juͤngling, und voll der tiefanbetenden Andacht. Feuer ſtroͤmt’ ihm herab aus jedem Blicke, gewidmet Dem, deß groſſen Namen die hohe Poſaune jetzt hallte, Sie der Schlacht, des Triumphs, und der Halleluja Gefaͤhrtinn. Milder wurde ſein Blick, und von werdenden Thraͤnen beſchimmert, Als ihr Donner ſchwieg, und nun mit ſanftem Gelispel Korahs

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/250>, abgerufen am 28.03.2024.