Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Messias.
Ach! auch seine Worte so gar! Und bleich vor Freude
Sanken sie hin, mit anzubeten. Er redete wieder:
Preis sey ihm! Er rief der Sonn', uns zu leuchten, dem Monde,
Von der Stirne der Müden den Schweiß zu trocknen. Er schuf uns
Unser tägliches Brodt. Preis sey ihm, und Anbetung!
Jetzo brach er das Brodt, und gab es ihnen. Sie nahmens
Bleicher vor Freuden, und blickten ihn an, und wollten reden;
Konnten nicht reden! Er sah sie noch Einmal mit segnender Huld an,
Und verließ sie. Da sprangen sie auf, und folgten ihm, eilten,
Suchten, und fanden ihn nicht. Sie kamen mit Ruhe zurücke.
Ja, wir sehn ihn noch wieder! Jch bin im Himmel, Geliebter,
Nicht auf der Erd', im Himmel! ach, Kleophas! ... Kleophas sank ihm
An sein Herz, und schwieg. Darauf umarmt' er ihn feurig,
Hielt ihn lang, und umarmt' ihn von neuem. ... Matthias, o brannte
Unser Herz nicht in uns, da er auf dem Wege von Gott sprach?
Da er die Offenbarung uns aufschloß? ... Aber wir säumen?
Schon ergriff er den Stab. Auch thats Matthias. Sie gingen.
Unterdeß da die Beyden von Emaus eilten, besprachen
Petrus, und Didymus sich. ... Verbirgs denn ihnen, o Thomas!
Ach, betrübe nicht so, die glauben wollen, und lösche
Diesen schwachen Funken in ihnen nicht aus! Gen Himmel
Könnt' er flammen; du löschest ihn aus. ... So soll ich denn, Simon,
Unsern Freunden nicht mehr, was ich denke, sagen? verschweigen
Meiner Traurigkeit Angst? Was hilft es ihnen, zu wähnen,
Und von dem freudigen Wahne mit desto größerem Trauren
Aufzuwachen, je froher der süßbetäubende Wahn war?
Nenn'
Der Meſſias.
Ach! auch ſeine Worte ſo gar! Und bleich vor Freude
Sanken ſie hin, mit anzubeten. Er redete wieder:
Preis ſey ihm! Er rief der Sonn’, uns zu leuchten, dem Monde,
Von der Stirne der Muͤden den Schweiß zu trocknen. Er ſchuf uns
Unſer taͤgliches Brodt. Preis ſey ihm, und Anbetung!
Jetzo brach er das Brodt, und gab es ihnen. Sie nahmens
Bleicher vor Freuden, und blickten ihn an, und wollten reden;
Konnten nicht reden! Er ſah ſie noch Einmal mit ſegnender Huld an,
Und verließ ſie. Da ſprangen ſie auf, und folgten ihm, eilten,
Suchten, und fanden ihn nicht. Sie kamen mit Ruhe zuruͤcke.
Ja, wir ſehn ihn noch wieder! Jch bin im Himmel, Geliebter,
Nicht auf der Erd’, im Himmel! ach, Kleophas! … Kleophas ſank ihm
An ſein Herz, und ſchwieg. Darauf umarmt’ er ihn feurig,
Hielt ihn lang, und umarmt’ ihn von neuem. … Matthias, o brannte
Unſer Herz nicht in uns, da er auf dem Wege von Gott ſprach?
Da er die Offenbarung uns aufſchloß? … Aber wir ſaͤumen?
Schon ergriff er den Stab. Auch thats Matthias. Sie gingen.
Unterdeß da die Beyden von Emaus eilten, beſprachen
Petrus, und Didymus ſich. … Verbirgs denn ihnen, o Thomas!
Ach, betruͤbe nicht ſo, die glauben wollen, und loͤſche
Dieſen ſchwachen Funken in ihnen nicht aus! Gen Himmel
Koͤnnt’ er flammen; du loͤſcheſt ihn aus. … So ſoll ich denn, Simon,
Unſern Freunden nicht mehr, was ich denke, ſagen? verſchweigen
Meiner Traurigkeit Angſt? Was hilft es ihnen, zu waͤhnen,
Und von dem freudigen Wahne mit deſto groͤßerem Trauren
Aufzuwachen, je froher der ſuͤßbetaͤubende Wahn war?
Nenn’
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0186" n="170"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Me&#x017F;&#x017F;ias.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="83">
            <l>Ach! auch &#x017F;eine Worte &#x017F;o gar! Und bleich vor Freude</l><lb/>
            <l>Sanken &#x017F;ie hin, mit anzubeten. Er redete wieder:</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="84">
            <l>Preis &#x017F;ey ihm! Er rief der Sonn&#x2019;, uns zu leuchten, dem Monde,</l><lb/>
            <l>Von der Stirne der Mu&#x0364;den den Schweiß zu trocknen. Er &#x017F;chuf uns</l><lb/>
            <l>Un&#x017F;er ta&#x0364;gliches Brodt. Preis &#x017F;ey ihm, und Anbetung!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="85">
            <l>Jetzo brach er das Brodt, und gab es ihnen. Sie nahmens</l><lb/>
            <l>Bleicher vor Freuden, und blickten ihn an, und wollten reden;</l><lb/>
            <l>Konnten nicht reden! Er &#x017F;ah &#x017F;ie noch Einmal mit &#x017F;egnender Huld an,</l><lb/>
            <l>Und verließ &#x017F;ie. Da &#x017F;prangen &#x017F;ie auf, und folgten ihm, eilten,</l><lb/>
            <l>Suchten, und fanden ihn nicht. Sie kamen mit Ruhe zuru&#x0364;cke.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="86">
            <l>Ja, wir &#x017F;ehn ihn noch wieder! Jch bin im Himmel, Geliebter,</l><lb/>
            <l>Nicht auf der Erd&#x2019;, im Himmel! ach, Kleophas! &#x2026; Kleophas &#x017F;ank ihm</l><lb/>
            <l>An &#x017F;ein Herz, und &#x017F;chwieg. Darauf umarmt&#x2019; er ihn feurig,</l><lb/>
            <l>Hielt ihn lang, und umarmt&#x2019; ihn von neuem. &#x2026; Matthias, o brannte</l><lb/>
            <l>Un&#x017F;er Herz nicht in uns, da er auf dem Wege von Gott &#x017F;prach?</l><lb/>
            <l>Da er die Offenbarung uns auf&#x017F;chloß? &#x2026; Aber wir &#x017F;a&#x0364;umen?</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="87">
            <l>Schon ergriff er den Stab. Auch thats Matthias. Sie gingen.</l><lb/>
            <l>Unterdeß da die Beyden von Emaus eilten, be&#x017F;prachen</l><lb/>
            <l>Petrus, und Didymus &#x017F;ich. &#x2026; Verbirgs denn ihnen, o Thomas!</l><lb/>
            <l>Ach, betru&#x0364;be nicht &#x017F;o, die glauben wollen, und lo&#x0364;&#x017F;che</l><lb/>
            <l>Die&#x017F;en &#x017F;chwachen Funken in ihnen nicht aus! Gen Himmel</l><lb/>
            <l>Ko&#x0364;nnt&#x2019; er flammen; du lo&#x0364;&#x017F;che&#x017F;t ihn aus. &#x2026; So &#x017F;oll ich denn, Simon,</l><lb/>
            <l>Un&#x017F;ern Freunden nicht mehr, was ich denke, &#x017F;agen? ver&#x017F;chweigen</l><lb/>
            <l>Meiner Traurigkeit Ang&#x017F;t? Was hilft es ihnen, zu wa&#x0364;hnen,</l><lb/>
            <l>Und von dem freudigen Wahne mit de&#x017F;to gro&#x0364;ßerem Trauren</l><lb/>
            <l>Aufzuwachen, je froher der &#x017F;u&#x0364;ßbeta&#x0364;ubende Wahn war?</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Nenn&#x2019;</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0186] Der Meſſias. Ach! auch ſeine Worte ſo gar! Und bleich vor Freude Sanken ſie hin, mit anzubeten. Er redete wieder: Preis ſey ihm! Er rief der Sonn’, uns zu leuchten, dem Monde, Von der Stirne der Muͤden den Schweiß zu trocknen. Er ſchuf uns Unſer taͤgliches Brodt. Preis ſey ihm, und Anbetung! Jetzo brach er das Brodt, und gab es ihnen. Sie nahmens Bleicher vor Freuden, und blickten ihn an, und wollten reden; Konnten nicht reden! Er ſah ſie noch Einmal mit ſegnender Huld an, Und verließ ſie. Da ſprangen ſie auf, und folgten ihm, eilten, Suchten, und fanden ihn nicht. Sie kamen mit Ruhe zuruͤcke. Ja, wir ſehn ihn noch wieder! Jch bin im Himmel, Geliebter, Nicht auf der Erd’, im Himmel! ach, Kleophas! … Kleophas ſank ihm An ſein Herz, und ſchwieg. Darauf umarmt’ er ihn feurig, Hielt ihn lang, und umarmt’ ihn von neuem. … Matthias, o brannte Unſer Herz nicht in uns, da er auf dem Wege von Gott ſprach? Da er die Offenbarung uns aufſchloß? … Aber wir ſaͤumen? Schon ergriff er den Stab. Auch thats Matthias. Sie gingen. Unterdeß da die Beyden von Emaus eilten, beſprachen Petrus, und Didymus ſich. … Verbirgs denn ihnen, o Thomas! Ach, betruͤbe nicht ſo, die glauben wollen, und loͤſche Dieſen ſchwachen Funken in ihnen nicht aus! Gen Himmel Koͤnnt’ er flammen; du loͤſcheſt ihn aus. … So ſoll ich denn, Simon, Unſern Freunden nicht mehr, was ich denke, ſagen? verſchweigen Meiner Traurigkeit Angſt? Was hilft es ihnen, zu waͤhnen, Und von dem freudigen Wahne mit deſto groͤßerem Trauren Aufzuwachen, je froher der ſuͤßbetaͤubende Wahn war? Nenn’

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/186
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/186>, abgerufen am 22.11.2024.