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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

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Der Messias.
Süße Vergessenheit komm, geuß deiner Ruhen Gefühle,
Deine Seligkeit über mich aus! Komm nicht! Denn Entzückung
Jsts, zu vergleichen, die Leiden des ersten geflohenen Lebens,
Mit dem ewigen Troste, mit dieser Fülle der Ruhe!
Die Glückseligkeit fehlt euch, ihr Ungefallnen, zu messen,
Gegen die Wonne des ewigen Lebens, das Elend der Sünde!
Euer ist nur des Mitleids Antheil; aber ihr weintet
Jene Thränen nicht, die von unsern Wangen jetzt trocknet
Jesus, der Gott der Liebe! Prophetisch Gefühl, das mich oftmals
Jn dem tiefften Kummer ergriff: Jch würde noch danken!
Schnell mich ergriff, und Hoffnung im Himmel der Himmel mir zeigte,
Danken fürs Elend, für alle mein Leiden würd ich noch danken!
Siehe, nun wirst du erfüllt! Aus meinen Tagen ward Abend,
Wieder Abend, und wieder, und dann der Letzte des Letzten,
Dann die Nacht des Todes! Wie eilend ging sie vorüber!
Und ach nun der Morgen des Lebens, zu dem ich erwacht bin!
Traum, der mit Weinen begann, und schloß mit dem Weinen des Todes!
Traum des Lebens, nun bist du geträumt, und ich bin erwachet!
Werde noch Einmal erwachen, wenn Unverweslichkeit anzieht
Mein verwesender Leib, und werther des göttlichen Hauches
Dieser Seele, die ewig ist, strahlt, wie der Leib des Erweckers,
Der auch starb, begraben wird werden, und auferstehen!

Und die Vollendete schwebt' empor, ein Morgenschimmer
Leichter, wie Lüfte, geschwinder, als Winde, schnell wie Gedanken;
Hörte die Schöpfung wandeln von lauterem Jubel begleitet;
Sahe sie viel weiter eröffnet, aber unendlich.
Welche

Der Meſſias.
Suͤße Vergeſſenheit komm, geuß deiner Ruhen Gefuͤhle,
Deine Seligkeit uͤber mich aus! Komm nicht! Denn Entzuͤckung
Jſts, zu vergleichen, die Leiden des erſten geflohenen Lebens,
Mit dem ewigen Troſte, mit dieſer Fuͤlle der Ruhe!
Die Gluͤckſeligkeit fehlt euch, ihr Ungefallnen, zu meſſen,
Gegen die Wonne des ewigen Lebens, das Elend der Suͤnde!
Euer iſt nur des Mitleids Antheil; aber ihr weintet
Jene Thraͤnen nicht, die von unſern Wangen jetzt trocknet
Jeſus, der Gott der Liebe! Prophetiſch Gefuͤhl, das mich oftmals
Jn dem tiefften Kummer ergriff: Jch wuͤrde noch danken!
Schnell mich ergriff, und Hoffnung im Himmel der Himmel mir zeigte,
Danken fuͤrs Elend, fuͤr alle mein Leiden wuͤrd ich noch danken!
Siehe, nun wirſt du erfuͤllt! Aus meinen Tagen ward Abend,
Wieder Abend, und wieder, und dann der Letzte des Letzten,
Dann die Nacht des Todes! Wie eilend ging ſie voruͤber!
Und ach nun der Morgen des Lebens, zu dem ich erwacht bin!
Traum, der mit Weinen begann, und ſchloß mit dem Weinen des Todes!
Traum des Lebens, nun biſt du getraͤumt, und ich bin erwachet!
Werde noch Einmal erwachen, wenn Unverweslichkeit anzieht
Mein verweſender Leib, und werther des goͤttlichen Hauches
Dieſer Seele, die ewig iſt, ſtrahlt, wie der Leib des Erweckers,
Der auch ſtarb, begraben wird werden, und auferſtehen!

Und die Vollendete ſchwebt’ empor, ein Morgenſchimmer
Leichter, wie Luͤfte, geſchwinder, als Winde, ſchnell wie Gedanken;
Hoͤrte die Schoͤpfung wandeln von lauterem Jubel begleitet;
Sahe ſie viel weiter eroͤffnet, aber unendlich.
Welche
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[92/0108] Der Meſſias. Suͤße Vergeſſenheit komm, geuß deiner Ruhen Gefuͤhle, Deine Seligkeit uͤber mich aus! Komm nicht! Denn Entzuͤckung Jſts, zu vergleichen, die Leiden des erſten geflohenen Lebens, Mit dem ewigen Troſte, mit dieſer Fuͤlle der Ruhe! Die Gluͤckſeligkeit fehlt euch, ihr Ungefallnen, zu meſſen, Gegen die Wonne des ewigen Lebens, das Elend der Suͤnde! Euer iſt nur des Mitleids Antheil; aber ihr weintet Jene Thraͤnen nicht, die von unſern Wangen jetzt trocknet Jeſus, der Gott der Liebe! Prophetiſch Gefuͤhl, das mich oftmals Jn dem tiefften Kummer ergriff: Jch wuͤrde noch danken! Schnell mich ergriff, und Hoffnung im Himmel der Himmel mir zeigte, Danken fuͤrs Elend, fuͤr alle mein Leiden wuͤrd ich noch danken! Siehe, nun wirſt du erfuͤllt! Aus meinen Tagen ward Abend, Wieder Abend, und wieder, und dann der Letzte des Letzten, Dann die Nacht des Todes! Wie eilend ging ſie voruͤber! Und ach nun der Morgen des Lebens, zu dem ich erwacht bin! Traum, der mit Weinen begann, und ſchloß mit dem Weinen des Todes! Traum des Lebens, nun biſt du getraͤumt, und ich bin erwachet! Werde noch Einmal erwachen, wenn Unverweslichkeit anzieht Mein verweſender Leib, und werther des goͤttlichen Hauches Dieſer Seele, die ewig iſt, ſtrahlt, wie der Leib des Erweckers, Der auch ſtarb, begraben wird werden, und auferſtehen! Und die Vollendete ſchwebt’ empor, ein Morgenſchimmer Leichter, wie Luͤfte, geſchwinder, als Winde, ſchnell wie Gedanken; Hoͤrte die Schoͤpfung wandeln von lauterem Jubel begleitet; Sahe ſie viel weiter eroͤffnet, aber unendlich. Welche

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/108>, abgerufen am 22.11.2024.