[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756.
Darf ich Sohn dich nennen, noch Sohn dich nennen? O wende, Wende nicht weg dein Auge, das bricht! Du vergabst mir, Versöner, Mein
Darf ich Sohn dich nennen, noch Sohn dich nennen? O wende, Wende nicht weg dein Auge, das bricht! Du vergabſt mir, Verſoͤner, Mein
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Der Meſſias.
Muͤde ſein Haupt auf, und blickt den Todesengeln ins Antliz,
Dann gen Himmel, dann ruft, mit unhoͤrbarer Stimm’ aus der Tiefe
Seine Seele: Laß ab, den Wundenvollen zu ſchrecken!
Jhrer Fluͤgel Schlag, und dieſen Todeston, kenn ich!
Richter der Welten, laß ab! Er rufts, und blutet. … Jzt wandten
Jhren wehenden Flug die Todesengel gen Himmel:
Lieſſen den Schauenden truͤbere Wehmut, bangeren Tiefſinn,
Stummer Erſtaunen zuruͤck, Erſtaunen uͤber die Gottheit!
Und es hing die Huͤlle des Ewigen vor dem Geheimniß
Unbeweglich. … Mit ſtarrendem Blick, auf Graͤber gerichtet,
Auf einander! gen Himmel! doch immer wieder zu dem hin,
Der in ſeinem Blute vom Kreuz herab in die Nacht hing,
Standen die Schauenden. So unzaͤhlbar ſie ſtanden, ſo war doch
Unter allen Augen voll Wehmut, kein Auge, wie deins war,
Kein Unſterblicher ſo in zarte Schmerzen zerfloſſen,
Als du, Mutter des Menſchengeſchlechts, der Todten Mutter!
Siehe, ſie ſenkt ihr entſchimmertes Haupt zur Erde, dem Grabe
Jhrer Kinder, und breitet die hohen Arme gen Himmel.
Nun beruͤhrt der Traurenden Stirne den Staub, nun falten
Vor der umnachteten Stirn die gerungnen Haͤnde ſich bang zu.
Halb erhebt ſie ſich; ſinket wieder; erhebt ſich, izt blickt ſie
Star umher. Es daͤmmert um ſie. Sie iſt bey Gebeinen
Jrgendwo unter Todtengebeinen; zwar jenſeits am Grabe:
Aber am Grabe doch! Jtzo begann die gebrochnere Stimme,
Und der Unſterblichen Harmonien zerfloſſen in Seufzer.
Darf ich Sohn dich nennen, noch Sohn dich nennen? O wende,
Wende nicht weg dein Auge, das bricht! Du vergabſt mir, Verſoͤner,
Mein
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