[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Deß, L 4
Deß, L 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="7"> <l> <pb facs="#f0179" n="167"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Fuͤnfter Geſang.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Vor den Richter, gab allen Namen die namenlos waren,</l><lb/> <l>Unter dem Menſchengeſchlecht, das ſich taͤuſcht, und die Zeuginn verkennet,</l><lb/> <l>Zwiſchen ihnen und Gott, des Todes nahenden Stunde.</l><lb/> <l>Und durch den Himmel erhub ſich ein allgemeines Verklagen.</l><lb/> <l>Auf den zitternden Fluͤgeln der Winde Gottes erklangen</l><lb/> <l>Stille Seufzer der leidenden Tugend, ein einſames Jammern.</l><lb/> <l>Gleich dem kommenden Meer, ertoͤnte der Sterbenden Winſeln,</l><lb/> <l>Von dem Schlachtfeld herauf, und zeugte wieder Monarchen.</l><lb/> <l>Und dem Blute der Maͤrtyrer ward die Stimme des Donners</l><lb/> <l>Und der Gewitter Gottes gegeben, das rief durch die Himmel:</l><lb/> <l>Der du ſtehſt auf dem Thron, und haͤltſt des Weltgerichts Wagſchal</l><lb/> <l>Jn der gefuͤrchteten Hand, ich bin unſchuldig vergoſſen!</l><lb/> <l>Jch bin heiliges Blut, um deinentwillen vergoſſen!</l><lb/> <l>Aber Gott dachte ſich ſelbſt, die Geiſterwelt, die ihm getreu blieb;</l><lb/> <l>Und den Suͤnder, das Menſchengeſchlecht. Da ergrimmt er, und ſtand itzt</l><lb/> <l>Hoch auf Tabor, und hielt den tieferzitternden Erdkreis,</l><lb/> <l>Daß er nicht vor ihm vergieng.</l><lb/> <l>Drauf verwandt er ſein ſchauendes Antlitz auf Seraph Eloa,</l><lb/> <l>Und der Seraph verſtand die Reden im Antlitz Jehova;</l><lb/> <l>Stieg von Tabor gen Himmel. So hub, von der Huͤtte des Bundes,</l><lb/> <l>Sich die Fuͤhrerinn weg, die himmelſtuͤtzende Wolke;</l><lb/> <l>Wenn die ſichtbaren Zeugen von Bethlehems kuͤnftigem Sohne,</l><lb/> <l>Jhre Gezelte von Wuͤſten zu Wuͤſten, auf Moſes Wink, trugen.</l><lb/> <l>Still auf einer Mitternacht ſtand der Seraph, und ſchaute</l><lb/> <l>Gegen den Oelberg herab, und nahm die hohe Poſaune,</l><lb/> <l>Blies den donnernden Ton des Weltgerichts in die Poſaune,</l><lb/> <l>Und rief gegen den Erdkreis, und ſprach: bey dem furchtbaren Namen,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">L 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Deß,</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [167/0179]
Fuͤnfter Geſang.
Vor den Richter, gab allen Namen die namenlos waren,
Unter dem Menſchengeſchlecht, das ſich taͤuſcht, und die Zeuginn verkennet,
Zwiſchen ihnen und Gott, des Todes nahenden Stunde.
Und durch den Himmel erhub ſich ein allgemeines Verklagen.
Auf den zitternden Fluͤgeln der Winde Gottes erklangen
Stille Seufzer der leidenden Tugend, ein einſames Jammern.
Gleich dem kommenden Meer, ertoͤnte der Sterbenden Winſeln,
Von dem Schlachtfeld herauf, und zeugte wieder Monarchen.
Und dem Blute der Maͤrtyrer ward die Stimme des Donners
Und der Gewitter Gottes gegeben, das rief durch die Himmel:
Der du ſtehſt auf dem Thron, und haͤltſt des Weltgerichts Wagſchal
Jn der gefuͤrchteten Hand, ich bin unſchuldig vergoſſen!
Jch bin heiliges Blut, um deinentwillen vergoſſen!
Aber Gott dachte ſich ſelbſt, die Geiſterwelt, die ihm getreu blieb;
Und den Suͤnder, das Menſchengeſchlecht. Da ergrimmt er, und ſtand itzt
Hoch auf Tabor, und hielt den tieferzitternden Erdkreis,
Daß er nicht vor ihm vergieng.
Drauf verwandt er ſein ſchauendes Antlitz auf Seraph Eloa,
Und der Seraph verſtand die Reden im Antlitz Jehova;
Stieg von Tabor gen Himmel. So hub, von der Huͤtte des Bundes,
Sich die Fuͤhrerinn weg, die himmelſtuͤtzende Wolke;
Wenn die ſichtbaren Zeugen von Bethlehems kuͤnftigem Sohne,
Jhre Gezelte von Wuͤſten zu Wuͤſten, auf Moſes Wink, trugen.
Still auf einer Mitternacht ſtand der Seraph, und ſchaute
Gegen den Oelberg herab, und nahm die hohe Poſaune,
Blies den donnernden Ton des Weltgerichts in die Poſaune,
Und rief gegen den Erdkreis, und ſprach: bey dem furchtbaren Namen,
Deß,
L 4
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