steht. Der wird vollends den Leuten Dünste von gehöriger Bläue vormachen. Wenn er seine Hirtenbriefe ergehen läst, so soll er sie so anfangen: Wir Erzbischof der deutschen Hauptkirche der heil. Stomachalis, wie auch Bischof in omnibus Partibus Jnfideli- um .. Aber so wol er, als die andern Bi- schöfe haben keine Einkünfte. Sie müssen und werden sich an der Ehre, durch die Beredt- samkeit zu herschen, genügen lassen. Hätten wir diesen vortreflichen Gedanken, den Bi- schöfen keine Einkünfte zu geben, nicht gehabt, so würd es uns, wie ihr in der Folge hören werdet, gar schlimm mit Voltairen ergangen seyn. Denn er bestand schlechterdings darauf, Bischof zu werden; und das ging denn doch nun einmal auf keine Weise an, weil er es be- kantlich gar zu toll macht, und uns daher seine Predigten, wie rein feine Lehre auch ist, sehr nachtheilig seyn würden. Aber da er von den Nicht-Einkünften hörte, so stand er auf Ein- mal von seiner Foderung ab. Wir kenten den Mann, und wusten, daß er gleichwol unver- sehns wieder umkehren könte; wir boten ihm daher Sachen an, die sich gewaschen hatten, wie ihr auch in der Folge hören werdet. Wir müssen unsrer Kirche, wie schon gesagt ist, das äusserliche Ansehn einer Christenkirche so sehr
geben,
ſteht. Der wird vollends den Leuten Duͤnſte von gehoͤriger Blaͤue vormachen. Wenn er ſeine Hirtenbriefe ergehen laͤſt, ſo ſoll er ſie ſo anfangen: Wir Erzbiſchof der deutſchen Hauptkirche der heil. Stomachalis, wie auch Biſchof in omnibus Partibus Jnfideli- um .. Aber ſo wol er, als die andern Bi- ſchoͤfe haben keine Einkuͤnfte. Sie muͤſſen und werden ſich an der Ehre, durch die Beredt- ſamkeit zu herſchen, genuͤgen laſſen. Haͤtten wir dieſen vortreflichen Gedanken, den Bi- ſchoͤfen keine Einkuͤnfte zu geben, nicht gehabt, ſo wuͤrd es uns, wie ihr in der Folge hoͤren werdet, gar ſchlimm mit Voltairen ergangen ſeyn. Denn er beſtand ſchlechterdings darauf, Biſchof zu werden; und das ging denn doch nun einmal auf keine Weiſe an, weil er es be- kantlich gar zu toll macht, und uns daher ſeine Predigten, wie rein feine Lehre auch iſt, ſehr nachtheilig ſeyn wuͤrden. Aber da er von den Nicht-Einkuͤnften hoͤrte, ſo ſtand er auf Ein- mal von ſeiner Foderung ab. Wir kenten den Mann, und wuſten, daß er gleichwol unver- ſehns wieder umkehren koͤnte; wir boten ihm daher Sachen an, die ſich gewaſchen hatten, wie ihr auch in der Folge hoͤren werdet. Wir muͤſſen unſrer Kirche, wie ſchon geſagt iſt, das aͤuſſerliche Anſehn einer Chriſtenkirche ſo ſehr
geben,
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ſteht. Der wird vollends den Leuten Duͤnſte
von gehoͤriger Blaͤue vormachen. Wenn er
ſeine Hirtenbriefe ergehen laͤſt, ſo ſoll er ſie ſo
anfangen: Wir Erzbiſchof der deutſchen
Hauptkirche der heil. Stomachalis, wie auch
Biſchof in omnibus Partibus Jnfideli-
um .. Aber ſo wol er, als die andern Bi-
ſchoͤfe haben keine Einkuͤnfte. Sie muͤſſen
und werden ſich an der Ehre, durch die Beredt-
ſamkeit zu herſchen, genuͤgen laſſen. Haͤtten
wir dieſen vortreflichen Gedanken, den Bi-
ſchoͤfen keine Einkuͤnfte zu geben, nicht gehabt,
ſo wuͤrd es uns, wie ihr in der Folge hoͤren
werdet, gar ſchlimm mit Voltairen ergangen
ſeyn. Denn er beſtand ſchlechterdings darauf,
Biſchof zu werden; und das ging denn doch
nun einmal auf keine Weiſe an, weil er es be-
kantlich gar zu toll macht, und uns daher ſeine
Predigten, wie rein feine Lehre auch iſt, ſehr
nachtheilig ſeyn wuͤrden. Aber da er von den
Nicht-Einkuͤnften hoͤrte, ſo ſtand er auf Ein-
mal von ſeiner Foderung ab. Wir kenten den
Mann, und wuſten, daß er gleichwol unver-
ſehns wieder umkehren koͤnte; wir boten ihm
daher Sachen an, die ſich gewaſchen hatten,
wie ihr auch in der Folge hoͤren werdet. Wir
muͤſſen unſrer Kirche, wie ſchon geſagt iſt, das
aͤuſſerliche Anſehn einer Chriſtenkirche ſo ſehr
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/448>, abgerufen am 22.11.2024.
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