So sehr liebten sie den genauen Ausdruk des Syl- benmaasses in der Musik.
Vor in vorige wird deswegen lang, weil es nun einen Hauptbegrif bekommen hat; aber aus in aus- ser ist nur lang, weil es die Stamsylbe ist.
Unter neben u. s. w. haben unbekante Stam- sylben. Halt man unbekante, und keine für einer- ley; so muß man noch Eine Regel annehmen, die dadurch, daß sie die Stelle der Länge nicht anzeigt, unbestimt ist, diese nämlich: Jedes zweysylbige Wort hat wenigstens Eine Länge.
Reg. 3. Die voranstehenden trenbaren Ablei- tungssylben sind lang. Aufgehn ausströmen her- kommen.
Um durch und zu sind bisweilen kurz, aber nur, wenn sie ungetrent sind, als: die Wälder umgehn durchgehn zufrieden. Vielleicht ist es nur Frey- heit, vielleicht Spracheigensinn, daß aus auf ab zwischen dem zweyzeitigen un und der Stamsylbe zweyzeitig sind, als unaussprechlich unaufhaltsam unabsehbar.
Diese Ableitungssylben (es sind meistens Rich- tungen) die zweyzeitig sind, wenn sie allein stehn, scheinen in der Zusammensezung deswegen lang zu werden, weil sie alsdann gewissermaassen Hauptbe- griffe ausdrücken. Wenn man Vorzimmer sagt; so zeigt vor mehr an, als wenn man in vor dem Zimmer nur einen gewissen Umstand anmerkt.
Reg. 4. Die nachstehenden Ableitungssylben: halb hand ey und ley sind lang.
Sie kommen beynah nur in comischen Gedichten vor. Sie waren sonst wie ung heit u. s. w. Haupt- wörter; aber nur sie haben sich bey ihrem Rechte erhalten. Selbst thum hat das nicht, ob es gleich
in
Z
So ſehr liebten ſie den genauen Ausdruk des Syl- benmaaſſes in der Muſik.
Vor in vorige wird deswegen lang, weil es nun einen Hauptbegrif bekommen hat; aber aus in auſ- ſer iſt nur lang, weil es die Stamſylbe iſt.
Unter neben u. ſ. w. haben unbekante Stam- ſylben. Halt man unbekante, und keine fuͤr einer- ley; ſo muß man noch Eine Regel annehmen, die dadurch, daß ſie die Stelle der Laͤnge nicht anzeigt, unbeſtimt iſt, dieſe naͤmlich: Jedes zweyſylbige Wort hat wenigſtens Eine Laͤnge.
Um durch und zu ſind bisweilen kurz, aber nur, wenn ſie ungetrent ſind, als: die Waͤlder umgehn durchgehn zufrieden. Vielleicht iſt es nur Frey- heit, vielleicht Spracheigenſinn, daß aus auf ab zwiſchen dem zweyzeitigen un und der Stamſylbe zweyzeitig ſind, als unausſprechlich unaufhaltſam unabſehbar.
Dieſe Ableitungsſylben (es ſind meiſtens Rich- tungen) die zweyzeitig ſind, wenn ſie allein ſtehn, ſcheinen in der Zuſammenſezung deswegen lang zu werden, weil ſie alsdann gewiſſermaaſſen Hauptbe- griffe ausdruͤcken. Wenn man Vorzimmer ſagt; ſo zeigt vor mehr an, als wenn man in vor dem Zimmer nur einen gewiſſen Umſtand anmerkt.
Reg. 4. Die nachſtehenden Ableitungsſylben: halb hand ey und ley ſind lang.
Sie kommen beynah nur in comiſchen Gedichten vor. Sie waren ſonſt wie ung heit u. ſ. w. Haupt- woͤrter; aber nur ſie haben ſich bey ihrem Rechte erhalten. Selbſt thum hat das nicht, ob es gleich
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So ſehr liebten ſie den genauen Ausdruk des Syl-
benmaaſſes in der Muſik.
Vor in vorige wird deswegen lang, weil es nun
einen Hauptbegrif bekommen hat; aber aus in auſ-
ſer iſt nur lang, weil es die Stamſylbe iſt.
Unter neben u. ſ. w. haben unbekante Stam-
ſylben. Halt man unbekante, und keine fuͤr einer-
ley; ſo muß man noch Eine Regel annehmen, die
dadurch, daß ſie die Stelle der Laͤnge nicht anzeigt,
unbeſtimt iſt, dieſe naͤmlich: Jedes zweyſylbige Wort
hat wenigſtens Eine Laͤnge.
Reg. 3. Die voranſtehenden trenbaren Ablei-
tungsſylben ſind lang. Aufgehn ausſtroͤmen her-
kommen.
Um durch und zu ſind bisweilen kurz, aber nur,
wenn ſie ungetrent ſind, als: die Waͤlder umgehn
durchgehn zufrieden. Vielleicht iſt es nur Frey-
heit, vielleicht Spracheigenſinn, daß aus auf ab
zwiſchen dem zweyzeitigen un und der Stamſylbe
zweyzeitig ſind, als unausſprechlich unaufhaltſam
unabſehbar.
Dieſe Ableitungsſylben (es ſind meiſtens Rich-
tungen) die zweyzeitig ſind, wenn ſie allein ſtehn,
ſcheinen in der Zuſammenſezung deswegen lang zu
werden, weil ſie alsdann gewiſſermaaſſen Hauptbe-
griffe ausdruͤcken. Wenn man Vorzimmer ſagt;
ſo zeigt vor mehr an, als wenn man in vor dem
Zimmer nur einen gewiſſen Umſtand anmerkt.
Reg. 4. Die nachſtehenden Ableitungsſylben:
halb hand ey und ley ſind lang.
Sie kommen beynah nur in comiſchen Gedichten
vor. Sie waren ſonſt wie ung heit u. ſ. w. Haupt-
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/429>, abgerufen am 22.11.2024.
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