Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

in thümer umgeendet wird, und also durch den Um-
laut offenbar zeigt, daß es ein Hauptwort ist.

Kurze Wörter. Reg. 5. Die beyden Bestim-
mungswörter ein der und das Fürwort es sind kurz.

Wegen es könte man zwar wol etwas zweifelhaft
seyn, weil die Fürwörter sonst zweyzeitig sind; aber
es ist gleichwol der Länge nicht fähig. Denn so bald
Nachdruk oder Leidenschaft da ist; so sezt man das
für es. Auch die Tonstellung kann ihm die Länge
nicht geben.

Kurze Sylben. Reg. 6. Die voranstehenden un-
trenbaren Ableitungssylben sind kurz.

Mis ur und un machen die Ausname. Die erste
ist lang, und die beyden lezten sind zweyzeitig.

Reg. 7. Die nachstehenden Ableitungssylben ig
er el und end sind kurz. Selig Richter Meissel
Jugend.

Reg. 8. Die Verändrungssylben sind kurz.
Stromes liebten geliebt.

Die Wohlklangssylben ig er gehören zu den Ver-
ändrungssylben, Jn treffend ist end die Verän-
drungssylbe, daher treffendere Bilder, ob dieß
gleich mit friedsamere, welches friedsamere aus-
gesprochen wird, Aehnlichkeit hat. Denn sam,
das an sich selbst zum wenigsten die Kürze von end
hat, ist zweyzeitig, weil es eine Ableitungssylbe ist.
Es muß sich daher nach den Regeln der Tonstellung
richten; end hingegen richtet sich nicht danach, weil
es eine Verändrungssylbe ist. Die Ableitungssylben
drücken Begriffe aus, die sich gewissermaassen den
Hauptbegriffen nähern; aber die Verändrungssyl-
ben drücken völlige Nebenbegriffe aus. Wie sehr
es uns überhaupt auf die Begriffe, die ausgedrükt

wer-

in thuͤmer umgeendet wird, und alſo durch den Um-
laut offenbar zeigt, daß es ein Hauptwort iſt.

Kurze Woͤrter. Reg. 5. Die beyden Beſtim-
mungswoͤrter ein der und das Fuͤrwort es ſind kurz.

Wegen es koͤnte man zwar wol etwas zweifelhaft
ſeyn, weil die Fuͤrwoͤrter ſonſt zweyzeitig ſind; aber
es iſt gleichwol der Laͤnge nicht faͤhig. Denn ſo bald
Nachdruk oder Leidenſchaft da iſt; ſo ſezt man das
fuͤr es. Auch die Tonſtellung kann ihm die Laͤnge
nicht geben.

Kurze Sylben. Reg. 6. Die voranſtehenden un-
trenbaren Ableitungsſylben ſind kurz.

Mis ur und un machen die Ausname. Die erſte
iſt lang, und die beyden lezten ſind zweyzeitig.

Reg. 7. Die nachſtehenden Ableitungsſylben ig
er el und end ſind kurz. Selig Richter Meiſſel
Jugend.

Reg. 8. Die Veraͤndrungsſylben ſind kurz.
Stromes liebten geliebt.

Die Wohlklangsſylben ig er gehoͤren zu den Ver-
aͤndrungsſylben, Jn treffend iſt end die Veraͤn-
drungsſylbe, daher treffendere Bilder, ob dieß
gleich mit friedſamere, welches friedſāmere aus-
geſprochen wird, Aehnlichkeit hat. Denn ſam,
das an ſich ſelbſt zum wenigſten die Kuͤrze von end
hat, iſt zweyzeitig, weil es eine Ableitungsſylbe iſt.
Es muß ſich daher nach den Regeln der Tonſtellung
richten; end hingegen richtet ſich nicht danach, weil
es eine Veraͤndrungsſylbe iſt. Die Ableitungsſylben
druͤcken Begriffe aus, die ſich gewiſſermaaſſen den
Hauptbegriffen naͤhern; aber die Veraͤndrungsſyl-
ben druͤcken voͤllige Nebenbegriffe aus. Wie ſehr
es uns uͤberhaupt auf die Begriffe, die ausgedruͤkt

wer-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0430" n="354"/>
in thu&#x0364;mer umgeendet wird, und al&#x017F;o durch den Um-<lb/>
laut offenbar zeigt, daß es ein Hauptwort i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Kurze Wo&#x0364;rter. Reg. 5. Die beyden Be&#x017F;tim-<lb/>
mungswo&#x0364;rter ein der und das Fu&#x0364;rwort es &#x017F;ind kurz.</p><lb/>
          <p>Wegen es ko&#x0364;nte man zwar wol etwas zweifelhaft<lb/>
&#x017F;eyn, weil die Fu&#x0364;rwo&#x0364;rter &#x017F;on&#x017F;t zweyzeitig &#x017F;ind; aber<lb/>
es i&#x017F;t gleichwol der La&#x0364;nge nicht fa&#x0364;hig. Denn &#x017F;o bald<lb/>
Nachdruk oder Leiden&#x017F;chaft da i&#x017F;t; &#x017F;o &#x017F;ezt man das<lb/>
fu&#x0364;r es. Auch die Ton&#x017F;tellung kann ihm die La&#x0364;nge<lb/>
nicht geben.</p><lb/>
          <p>Kurze Sylben. Reg. 6. Die voran&#x017F;tehenden un-<lb/>
trenbaren Ableitungs&#x017F;ylben &#x017F;ind kurz.</p><lb/>
          <p>Mis ur und un machen die Ausname. Die er&#x017F;te<lb/>
i&#x017F;t lang, und die beyden lezten &#x017F;ind zweyzeitig.</p><lb/>
          <p>Reg. 7. Die nach&#x017F;tehenden Ableitungs&#x017F;ylben ig<lb/>
er el und end &#x017F;ind kurz. Selig Richter Mei&#x017F;&#x017F;el<lb/>
Jugend.</p><lb/>
          <p>Reg. 8. Die Vera&#x0364;ndrungs&#x017F;ylben &#x017F;ind kurz.<lb/>
Stromes liebten geliebt.</p><lb/>
          <p>Die Wohlklangs&#x017F;ylben ig er geho&#x0364;ren zu den Ver-<lb/>
a&#x0364;ndrungs&#x017F;ylben, Jn treffend i&#x017F;t end die Vera&#x0364;n-<lb/>
drungs&#x017F;ylbe, daher treffendere Bilder, ob dieß<lb/>
gleich mit fried&#x017F;amere, welches fried&#x017F;&#x0101;mere aus-<lb/>
ge&#x017F;prochen wird, Aehnlichkeit hat. Denn &#x017F;am,<lb/>
das an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zum wenig&#x017F;ten die Ku&#x0364;rze von end<lb/>
hat, i&#x017F;t zweyzeitig, weil es eine Ableitungs&#x017F;ylbe i&#x017F;t.<lb/>
Es muß &#x017F;ich daher nach den Regeln der Ton&#x017F;tellung<lb/>
richten; end hingegen richtet &#x017F;ich nicht danach, weil<lb/>
es eine Vera&#x0364;ndrungs&#x017F;ylbe i&#x017F;t. Die Ableitungs&#x017F;ylben<lb/>
dru&#x0364;cken Begriffe aus, die &#x017F;ich gewi&#x017F;&#x017F;ermaa&#x017F;&#x017F;en den<lb/>
Hauptbegriffen na&#x0364;hern; aber die Vera&#x0364;ndrungs&#x017F;yl-<lb/>
ben dru&#x0364;cken vo&#x0364;llige Nebenbegriffe aus. Wie &#x017F;ehr<lb/>
es uns u&#x0364;berhaupt auf die Begriffe, die ausgedru&#x0364;kt<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wer-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[354/0430] in thuͤmer umgeendet wird, und alſo durch den Um- laut offenbar zeigt, daß es ein Hauptwort iſt. Kurze Woͤrter. Reg. 5. Die beyden Beſtim- mungswoͤrter ein der und das Fuͤrwort es ſind kurz. Wegen es koͤnte man zwar wol etwas zweifelhaft ſeyn, weil die Fuͤrwoͤrter ſonſt zweyzeitig ſind; aber es iſt gleichwol der Laͤnge nicht faͤhig. Denn ſo bald Nachdruk oder Leidenſchaft da iſt; ſo ſezt man das fuͤr es. Auch die Tonſtellung kann ihm die Laͤnge nicht geben. Kurze Sylben. Reg. 6. Die voranſtehenden un- trenbaren Ableitungsſylben ſind kurz. Mis ur und un machen die Ausname. Die erſte iſt lang, und die beyden lezten ſind zweyzeitig. Reg. 7. Die nachſtehenden Ableitungsſylben ig er el und end ſind kurz. Selig Richter Meiſſel Jugend. Reg. 8. Die Veraͤndrungsſylben ſind kurz. Stromes liebten geliebt. Die Wohlklangsſylben ig er gehoͤren zu den Ver- aͤndrungsſylben, Jn treffend iſt end die Veraͤn- drungsſylbe, daher treffendere Bilder, ob dieß gleich mit friedſamere, welches friedſāmere aus- geſprochen wird, Aehnlichkeit hat. Denn ſam, das an ſich ſelbſt zum wenigſten die Kuͤrze von end hat, iſt zweyzeitig, weil es eine Ableitungsſylbe iſt. Es muß ſich daher nach den Regeln der Tonſtellung richten; end hingegen richtet ſich nicht danach, weil es eine Veraͤndrungsſylbe iſt. Die Ableitungsſylben druͤcken Begriffe aus, die ſich gewiſſermaaſſen den Hauptbegriffen naͤhern; aber die Veraͤndrungsſyl- ben druͤcken voͤllige Nebenbegriffe aus. Wie ſehr es uns uͤberhaupt auf die Begriffe, die ausgedruͤkt wer-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/430
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/430>, abgerufen am 22.11.2024.