Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

zu wenig. Sie verfahren auch auf eine Art,
welche die guten Sitten gerade zu beleidigt.
Wird der entschlossenste, ja selbst der hizigste
Mann, wenn er nur noch einen Schatten deß,
was den Sitten gemäß ist, übrig hat, irgend
Jemanden, wer er auch sey, selbst in der klein-
sten Geselschaft, jemals Dinge sagen, wie
diese Kritiker, selbst guten Scribenten, und
das in der grösten Geselschaft, in der man nur
reden kann, so oft sagen? Und so gar dieses
ist ihnen noch zu wenig. Sie handeln auch
hinter dem Rücken, indem sie ihre Namen
verschweigen. Nur die sehr wenigen dürfen
ihre Namen verschweigen, (eine ganz andre
Frage ist es, ob sie es thun solten, und ob sie
nicht manchmal misvergnügt mit sich gewesen
sind, es gethan zu haben) die sehr wenigen,
sag ich, welche den Verstand, die Kentnis,
die Wissenschaft, und den Willen haben, ge-
recht zu seyn. Diese werd ich auf Erfordern
anzeigen (*), damit sich nicht Leute ausnehmen,
die der Ausname unwürdig sind. Denn wie

viele
(*) Salogast und Wlemar hatten mir ihr Manuscript,
mit der Erlaubnis, daran zu ändern, anvertraut.
Jch habe mich dieser Erlaubnis nur in dem Einen
Puncte bedient, daß ich die Beylagen wegge-
lassen habe, und dieß aus keiner andern Ursach,
als aus Neigung zum Schonen. Solten aber die
Ver-

zu wenig. Sie verfahren auch auf eine Art,
welche die guten Sitten gerade zu beleidigt.
Wird der entſchloſſenſte, ja ſelbſt der hizigſte
Mann, wenn er nur noch einen Schatten deß,
was den Sitten gemaͤß iſt, uͤbrig hat, irgend
Jemanden, wer er auch ſey, ſelbſt in der klein-
ſten Geſelſchaft, jemals Dinge ſagen, wie
dieſe Kritiker, ſelbſt guten Scribenten, und
das in der groͤſten Geſelſchaft, in der man nur
reden kann, ſo oft ſagen? Und ſo gar dieſes
iſt ihnen noch zu wenig. Sie handeln auch
hinter dem Ruͤcken, indem ſie ihre Namen
verſchweigen. Nur die ſehr wenigen duͤrfen
ihre Namen verſchweigen, (eine ganz andre
Frage iſt es, ob ſie es thun ſolten, und ob ſie
nicht manchmal misvergnuͤgt mit ſich geweſen
ſind, es gethan zu haben) die ſehr wenigen,
ſag ich, welche den Verſtand, die Kentnis,
die Wiſſenſchaft, und den Willen haben, ge-
recht zu ſeyn. Dieſe werd ich auf Erfordern
anzeigen (*), damit ſich nicht Leute ausnehmen,
die der Ausname unwuͤrdig ſind. Denn wie

viele
(*) Salogaſt und Wlemar hatten mir ihr Manuſcript,
mit der Erlaubnis, daran zu aͤndern, anvertraut.
Jch habe mich dieſer Erlaubnis nur in dem Einen
Puncte bedient, daß ich die Beylagen wegge-
laſſen habe, und dieß aus keiner andern Urſach,
als aus Neigung zum Schonen. Solten aber die
Ver-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0352" n="276"/>
zu wenig. Sie verfahren auch auf eine Art,<lb/>
welche die guten Sitten gerade zu beleidigt.<lb/>
Wird der ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en&#x017F;te, ja &#x017F;elb&#x017F;t der hizig&#x017F;te<lb/>
Mann, wenn er nur noch einen Schatten deß,<lb/>
was den Sitten gema&#x0364;ß i&#x017F;t, u&#x0364;brig hat, irgend<lb/>
Jemanden, wer er auch &#x017F;ey, &#x017F;elb&#x017F;t in der klein-<lb/>
&#x017F;ten Ge&#x017F;el&#x017F;chaft, jemals Dinge &#x017F;agen, wie<lb/>
die&#x017F;e Kritiker, &#x017F;elb&#x017F;t guten Scribenten, und<lb/>
das in der gro&#x0364;&#x017F;ten Ge&#x017F;el&#x017F;chaft, in der man nur<lb/>
reden kann, &#x017F;o oft &#x017F;agen? Und &#x017F;o gar die&#x017F;es<lb/>
i&#x017F;t ihnen noch zu wenig. Sie handeln auch<lb/>
hinter dem Ru&#x0364;cken, indem &#x017F;ie ihre Namen<lb/>
ver&#x017F;chweigen. Nur die &#x017F;ehr wenigen du&#x0364;rfen<lb/>
ihre Namen ver&#x017F;chweigen, (eine ganz andre<lb/>
Frage i&#x017F;t es, ob &#x017F;ie es thun &#x017F;olten, und ob &#x017F;ie<lb/>
nicht manchmal misvergnu&#x0364;gt mit &#x017F;ich gewe&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ind, es gethan zu haben) die &#x017F;ehr wenigen,<lb/>
&#x017F;ag ich, welche den <hi rendition="#fr">Ver&#x017F;tand</hi>, die <hi rendition="#fr">Kentnis,</hi><lb/>
die <hi rendition="#fr">Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft</hi>, und den <hi rendition="#fr">Willen</hi> haben, ge-<lb/>
recht zu &#x017F;eyn. Die&#x017F;e werd ich auf Erfordern<lb/>
anzeigen <note xml:id="seg2pn_3_1" next="#seg2pn_3_2" place="foot" n="(*)">Saloga&#x017F;t und Wlemar hatten mir ihr Manu&#x017F;cript,<lb/>
mit der Erlaubnis, daran zu a&#x0364;ndern, anvertraut.<lb/>
Jch habe mich die&#x017F;er Erlaubnis nur in dem Einen<lb/>
Puncte bedient, daß ich die <hi rendition="#g">Beylagen</hi> wegge-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en habe, und dieß aus keiner andern Ur&#x017F;ach,<lb/>
als aus Neigung zum Schonen. Solten aber die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ver-</fw></note>, damit &#x017F;ich nicht Leute ausnehmen,<lb/>
die der Ausname unwu&#x0364;rdig &#x017F;ind. Denn wie<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">viele</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[276/0352] zu wenig. Sie verfahren auch auf eine Art, welche die guten Sitten gerade zu beleidigt. Wird der entſchloſſenſte, ja ſelbſt der hizigſte Mann, wenn er nur noch einen Schatten deß, was den Sitten gemaͤß iſt, uͤbrig hat, irgend Jemanden, wer er auch ſey, ſelbſt in der klein- ſten Geſelſchaft, jemals Dinge ſagen, wie dieſe Kritiker, ſelbſt guten Scribenten, und das in der groͤſten Geſelſchaft, in der man nur reden kann, ſo oft ſagen? Und ſo gar dieſes iſt ihnen noch zu wenig. Sie handeln auch hinter dem Ruͤcken, indem ſie ihre Namen verſchweigen. Nur die ſehr wenigen duͤrfen ihre Namen verſchweigen, (eine ganz andre Frage iſt es, ob ſie es thun ſolten, und ob ſie nicht manchmal misvergnuͤgt mit ſich geweſen ſind, es gethan zu haben) die ſehr wenigen, ſag ich, welche den Verſtand, die Kentnis, die Wiſſenſchaft, und den Willen haben, ge- recht zu ſeyn. Dieſe werd ich auf Erfordern anzeigen (*), damit ſich nicht Leute ausnehmen, die der Ausname unwuͤrdig ſind. Denn wie viele (*) Salogaſt und Wlemar hatten mir ihr Manuſcript, mit der Erlaubnis, daran zu aͤndern, anvertraut. Jch habe mich dieſer Erlaubnis nur in dem Einen Puncte bedient, daß ich die Beylagen wegge- laſſen habe, und dieß aus keiner andern Urſach, als aus Neigung zum Schonen. Solten aber die Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/352
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/352>, abgerufen am 09.05.2024.