er sehr liebte, erschienen. Man hatte ihn ge- warnt, und ihm gar nicht undeutlich zu ver- stehn gegeben, daß er doch dießmal die Zunft der Gottesgelehrten vorziehn möchte; allein er hatte es schlechterdings für unmöglich ge- halten, daß sich so etwas, wie doch gleichwol hernach erfolgte, mit der ersten der Zünfte zu- tragen könte. Wie kann es Uns so schief gehn, sagte er, da Wir es eigentlich sind, welche die Republik aufrecht erhalten? Nein, nein solche Einflüsse können die Liebhaber der Frau Mut- tersprache niemals haben! Frau Mutterspra- che war auch dießmal sein Ausdruk gewesen. Wir wissen durch sehr glaubwürdige Zeugen, daß er diesen Scherz, der uns nur gar winzige Körnchen des attischen Salzes zu haben scheint, fast täglich auf dem Lehrstule vorbringe, ver- mutlich, um die jungen Deutschen, seine Zu- hörer, dadurch zu vaterländischen Gesinnun- gen anzufeuren. Seiner Einsichten und Schlüsse ungeachtet war er jezo unter dem Volke. Nun erst auf der Zunft der Gottes- gelehrten zu erscheinen? Dazu hätte er eine Erlaubnis haben müssen, welche Ausname ge- wesen wäre; und die konte vielleicht auch nicht gegeben werden. Es war also mislich mit der Ansuchung. Und überhaupt jezo, bey so sehr einreissender Unwissenheit, jezo um ir- gend etwas anzuhalten?
Die
er ſehr liebte, erſchienen. Man hatte ihn ge- warnt, und ihm gar nicht undeutlich zu ver- ſtehn gegeben, daß er doch dießmal die Zunft der Gottesgelehrten vorziehn moͤchte; allein er hatte es ſchlechterdings fuͤr unmoͤglich ge- halten, daß ſich ſo etwas, wie doch gleichwol hernach erfolgte, mit der erſten der Zuͤnfte zu- tragen koͤnte. Wie kann es Uns ſo ſchief gehn, ſagte er, da Wir es eigentlich ſind, welche die Republik aufrecht erhalten? Nein, nein ſolche Einfluͤſſe koͤnnen die Liebhaber der Frau Mut- terſprache niemals haben! Frau Mutterſpra- che war auch dießmal ſein Ausdruk geweſen. Wir wiſſen durch ſehr glaubwuͤrdige Zeugen, daß er dieſen Scherz, der uns nur gar winzige Koͤrnchen des attiſchen Salzes zu haben ſcheint, faſt taͤglich auf dem Lehrſtule vorbringe, ver- mutlich, um die jungen Deutſchen, ſeine Zu- hoͤrer, dadurch zu vaterlaͤndiſchen Geſinnun- gen anzufeuren. Seiner Einſichten und Schluͤſſe ungeachtet war er jezo unter dem Volke. Nun erſt auf der Zunft der Gottes- gelehrten zu erſcheinen? Dazu haͤtte er eine Erlaubnis haben muͤſſen, welche Ausname ge- weſen waͤre; und die konte vielleicht auch nicht gegeben werden. Es war alſo mislich mit der Anſuchung. Und uͤberhaupt jezo, bey ſo ſehr einreiſſender Unwiſſenheit, jezo um ir- gend etwas anzuhalten?
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er ſehr liebte, erſchienen. Man hatte ihn ge-
warnt, und ihm gar nicht undeutlich zu ver-
ſtehn gegeben, daß er doch dießmal die Zunft
der Gottesgelehrten vorziehn moͤchte; allein
er hatte es ſchlechterdings fuͤr unmoͤglich ge-
halten, daß ſich ſo etwas, wie doch gleichwol
hernach erfolgte, mit der erſten der Zuͤnfte zu-
tragen koͤnte. Wie kann es Uns ſo ſchief gehn,
ſagte er, da Wir es eigentlich ſind, welche die
Republik aufrecht erhalten? Nein, nein ſolche
Einfluͤſſe koͤnnen die Liebhaber der Frau Mut-
terſprache niemals haben! Frau Mutterſpra-
che war auch dießmal ſein Ausdruk geweſen.
Wir wiſſen durch ſehr glaubwuͤrdige Zeugen,
daß er dieſen Scherz, der uns nur gar winzige
Koͤrnchen des attiſchen Salzes zu haben ſcheint,
faſt taͤglich auf dem Lehrſtule vorbringe, ver-
mutlich, um die jungen Deutſchen, ſeine Zu-
hoͤrer, dadurch zu vaterlaͤndiſchen Geſinnun-
gen anzufeuren. Seiner Einſichten und
Schluͤſſe ungeachtet war er jezo unter dem
Volke. Nun erſt auf der Zunft der Gottes-
gelehrten zu erſcheinen? Dazu haͤtte er eine
Erlaubnis haben muͤſſen, welche Ausname ge-
weſen waͤre; und die konte vielleicht auch nicht
gegeben werden. Es war alſo mislich mit
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/299>, abgerufen am 22.11.2024.
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