Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Zunft der Gottesgelehrten kam ihm zu-
vor, und lud ihn ein den Landtag unter ihr zu-
zubringen. Das hat er zwar gethan; aber
er hat, den ganzen Landtag über, zu nichts
seine Stimme gegeben, weil er an der Repu-
blik verzweifelte.



Der Abend.

Aus einer neuen deutschen Grammatik.

Nachdem man sich einige Zeit über die Sprache
unterredet hatte, las einer von der Geselschaft
verschiedenes aus einer neuen deutschen Grammatik
vor, von der er sagte, daß er sie, wenn er auch Zeit
dazu hätte, doch wol nicht ganz ausarbeiten würde.
Weil er keine Neigung hätte, das schon gesagte zu
wiederholen; (wenige Wiederholungen ausgenom-
men, welche die Verbindung notwendig machte,)
so wolte er sich nur auf das einlassen, was die Gram-
matiker bisher in der Sprache noch nicht bemerkt
hätten, und was doch unentbehrlich wäre, wenn
man sich einen vollständigen Begrif von ihr machen
wolte. Da man ihn aber bald überzeugte, daß von
dem schon gesagten vieles unrichtig wäre, und auch
das richtige noch viel bestimter, und theils auch kür-
zer müste vorgetragen werden; so schien es, daß er
seinen Entschluß, nur grammatische Fragmente her-
aus zu geben, vielleicht ändern würde.

Wir

Die Zunft der Gottesgelehrten kam ihm zu-
vor, und lud ihn ein den Landtag unter ihr zu-
zubringen. Das hat er zwar gethan; aber
er hat, den ganzen Landtag uͤber, zu nichts
ſeine Stimme gegeben, weil er an der Repu-
blik verzweifelte.



Der Abend.

Aus einer neuen deutſchen Grammatik.

Nachdem man ſich einige Zeit uͤber die Sprache
unterredet hatte, las einer von der Geſelſchaft
verſchiedenes aus einer neuen deutſchen Grammatik
vor, von der er ſagte, daß er ſie, wenn er auch Zeit
dazu haͤtte, doch wol nicht ganz ausarbeiten wuͤrde.
Weil er keine Neigung haͤtte, das ſchon geſagte zu
wiederholen; (wenige Wiederholungen ausgenom-
men, welche die Verbindung notwendig machte,)
ſo wolte er ſich nur auf das einlaſſen, was die Gram-
matiker bisher in der Sprache noch nicht bemerkt
haͤtten, und was doch unentbehrlich waͤre, wenn
man ſich einen vollſtaͤndigen Begrif von ihr machen
wolte. Da man ihn aber bald uͤberzeugte, daß von
dem ſchon geſagten vieles unrichtig waͤre, und auch
das richtige noch viel beſtimter, und theils auch kuͤr-
zer muͤſte vorgetragen werden; ſo ſchien es, daß er
ſeinen Entſchluß, nur grammatiſche Fragmente her-
aus zu geben, vielleicht aͤndern wuͤrde.

Wir
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0300" n="224"/>
          <p>Die Zunft der Gottesgelehrten kam ihm zu-<lb/>
vor, und lud ihn ein den Landtag unter ihr zu-<lb/>
zubringen. Das hat er zwar gethan; aber<lb/>
er hat, den ganzen Landtag u&#x0364;ber, zu nichts<lb/>
&#x017F;eine Stimme gegeben, weil er an der Repu-<lb/>
blik verzweifelte.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Der Abend.</hi> </head><lb/>
          <argument>
            <p> <hi rendition="#c">Aus einer neuen deut&#x017F;chen Grammatik.</hi> </p>
          </argument><lb/>
          <p><hi rendition="#in">N</hi>achdem man &#x017F;ich einige Zeit u&#x0364;ber die Sprache<lb/>
unterredet hatte, las einer von der Ge&#x017F;el&#x017F;chaft<lb/>
ver&#x017F;chiedenes aus einer neuen deut&#x017F;chen Grammatik<lb/>
vor, von der er &#x017F;agte, daß er &#x017F;ie, wenn er auch Zeit<lb/>
dazu ha&#x0364;tte, doch wol nicht ganz ausarbeiten wu&#x0364;rde.<lb/>
Weil er keine Neigung ha&#x0364;tte, das &#x017F;chon ge&#x017F;agte zu<lb/>
wiederholen; (wenige Wiederholungen ausgenom-<lb/>
men, welche die Verbindung notwendig machte,)<lb/>
&#x017F;o wolte er &#x017F;ich nur auf das einla&#x017F;&#x017F;en, was die Gram-<lb/>
matiker bisher in der Sprache noch nicht bemerkt<lb/>
ha&#x0364;tten, und was doch unentbehrlich wa&#x0364;re, wenn<lb/>
man &#x017F;ich einen voll&#x017F;ta&#x0364;ndigen Begrif von ihr machen<lb/>
wolte. Da man ihn aber bald u&#x0364;berzeugte, daß von<lb/>
dem &#x017F;chon ge&#x017F;agten vieles unrichtig wa&#x0364;re, und auch<lb/>
das richtige noch viel be&#x017F;timter, und theils auch ku&#x0364;r-<lb/>
zer mu&#x0364;&#x017F;te vorgetragen werden; &#x017F;o &#x017F;chien es, daß er<lb/>
&#x017F;einen Ent&#x017F;chluß, nur grammati&#x017F;che Fragmente her-<lb/>
aus zu geben, vielleicht a&#x0364;ndern wu&#x0364;rde.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Wir</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0300] Die Zunft der Gottesgelehrten kam ihm zu- vor, und lud ihn ein den Landtag unter ihr zu- zubringen. Das hat er zwar gethan; aber er hat, den ganzen Landtag uͤber, zu nichts ſeine Stimme gegeben, weil er an der Repu- blik verzweifelte. Der Abend. Aus einer neuen deutſchen Grammatik. Nachdem man ſich einige Zeit uͤber die Sprache unterredet hatte, las einer von der Geſelſchaft verſchiedenes aus einer neuen deutſchen Grammatik vor, von der er ſagte, daß er ſie, wenn er auch Zeit dazu haͤtte, doch wol nicht ganz ausarbeiten wuͤrde. Weil er keine Neigung haͤtte, das ſchon geſagte zu wiederholen; (wenige Wiederholungen ausgenom- men, welche die Verbindung notwendig machte,) ſo wolte er ſich nur auf das einlaſſen, was die Gram- matiker bisher in der Sprache noch nicht bemerkt haͤtten, und was doch unentbehrlich waͤre, wenn man ſich einen vollſtaͤndigen Begrif von ihr machen wolte. Da man ihn aber bald uͤberzeugte, daß von dem ſchon geſagten vieles unrichtig waͤre, und auch das richtige noch viel beſtimter, und theils auch kuͤr- zer muͤſte vorgetragen werden; ſo ſchien es, daß er ſeinen Entſchluß, nur grammatiſche Fragmente her- aus zu geben, vielleicht aͤndern wuͤrde. Wir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/300
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/300>, abgerufen am 22.11.2024.