Nach Endigung dieser Anrede zeigte es sich, daß die Hofnung, welche die Scholiasten auf die Gelindigkeit der Aldermänner gesezt hat- ten, eitel gewesen war. Denn diese stimten dem Ausspruche der Zünfte sogleich bey. Es währte auch gar nicht lange, daß der Rath- frager zu den Aldermännern herauf kam, und den Beytritt des Volks anzeigte. Der Schreyer war mit ungebehrdiger Freude unter dem Pöbel herumgewandert, und hatte die Stimmen gesammelt. Er kam ganz ausser Athem zu dem Herolde gelaufen (denn herauf kommen darf er nicht) und sagte ihm, daß man sich ihrer Seits hiermit gegen die ganze Republik erkläre.
Den Aldermännern wurde von den Zünften und dem Volke aufgetragen, die Mitglieder der aufgehobnen Zunft zu vertheilen. Dieß ge- schah, und die meisten kamen unter den Pö- bel. Die Aldermänner wurden zugleich einig, daß den Plaz, welchen die Zunft der Scholia- sten einzunehmen pflegte, keine andre Zunft betreten, und daß dort ein Stein mit einer Aufschrift errichtet werden solte.
... n gings bey dieser Gelegenheit ein we- nig wunderlich. Er gehörte zwar der Zunft der Gottesgelehrten auch an, aber er war die- sen Landtag auf der Zunft der Scholiasten, die
er
Nach Endigung dieſer Anrede zeigte es ſich, daß die Hofnung, welche die Scholiaſten auf die Gelindigkeit der Aldermaͤnner geſezt hat- ten, eitel geweſen war. Denn dieſe ſtimten dem Ausſpruche der Zuͤnfte ſogleich bey. Es waͤhrte auch gar nicht lange, daß der Rath- frager zu den Aldermaͤnnern herauf kam, und den Beytritt des Volks anzeigte. Der Schreyer war mit ungebehrdiger Freude unter dem Poͤbel herumgewandert, und hatte die Stimmen geſammelt. Er kam ganz auſſer Athem zu dem Herolde gelaufen (denn herauf kommen darf er nicht) und ſagte ihm, daß man ſich ihrer Seits hiermit gegen die ganze Republik erklaͤre.
Den Aldermaͤnnern wurde von den Zuͤnften und dem Volke aufgetragen, die Mitglieder der aufgehobnen Zunft zu vertheilen. Dieß ge- ſchah, und die meiſten kamen unter den Poͤ- bel. Die Aldermaͤnner wurden zugleich einig, daß den Plaz, welchen die Zunft der Scholia- ſten einzunehmen pflegte, keine andre Zunft betreten, und daß dort ein Stein mit einer Aufſchrift errichtet werden ſolte.
… n gings bey dieſer Gelegenheit ein we- nig wunderlich. Er gehoͤrte zwar der Zunft der Gottesgelehrten auch an, aber er war die- ſen Landtag auf der Zunft der Scholiaſten, die
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Nach Endigung dieſer Anrede zeigte es ſich,
daß die Hofnung, welche die Scholiaſten auf
die Gelindigkeit der Aldermaͤnner geſezt hat-
ten, eitel geweſen war. Denn dieſe ſtimten
dem Ausſpruche der Zuͤnfte ſogleich bey. Es
waͤhrte auch gar nicht lange, daß der Rath-
frager zu den Aldermaͤnnern herauf kam, und
den Beytritt des Volks anzeigte. Der
Schreyer war mit ungebehrdiger Freude unter
dem Poͤbel herumgewandert, und hatte die
Stimmen geſammelt. Er kam ganz auſſer
Athem zu dem Herolde gelaufen (denn herauf
kommen darf er nicht) und ſagte ihm, daß
man ſich ihrer Seits hiermit gegen die ganze
Republik erklaͤre.
Den Aldermaͤnnern wurde von den Zuͤnften
und dem Volke aufgetragen, die Mitglieder der
aufgehobnen Zunft zu vertheilen. Dieß ge-
ſchah, und die meiſten kamen unter den Poͤ-
bel. Die Aldermaͤnner wurden zugleich einig,
daß den Plaz, welchen die Zunft der Scholia-
ſten einzunehmen pflegte, keine andre Zunft
betreten, und daß dort ein Stein mit einer
Aufſchrift errichtet werden ſolte.
… n gings bey dieſer Gelegenheit ein we-
nig wunderlich. Er gehoͤrte zwar der Zunft
der Gottesgelehrten auch an, aber er war die-
ſen Landtag auf der Zunft der Scholiaſten, die
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/298>, abgerufen am 22.11.2024.
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