Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

Nach Endigung dieser Anrede zeigte es sich,
daß die Hofnung, welche die Scholiasten auf
die Gelindigkeit der Aldermänner gesezt hat-
ten, eitel gewesen war. Denn diese stimten
dem Ausspruche der Zünfte sogleich bey. Es
währte auch gar nicht lange, daß der Rath-
frager zu den Aldermännern herauf kam, und
den Beytritt des Volks anzeigte. Der
Schreyer war mit ungebehrdiger Freude unter
dem Pöbel herumgewandert, und hatte die
Stimmen gesammelt. Er kam ganz ausser
Athem zu dem Herolde gelaufen (denn herauf
kommen darf er nicht) und sagte ihm, daß
man sich ihrer Seits hiermit gegen die ganze
Republik erkläre.

Den Aldermännern wurde von den Zünften
und dem Volke aufgetragen, die Mitglieder der
aufgehobnen Zunft zu vertheilen. Dieß ge-
schah, und die meisten kamen unter den Pö-
bel. Die Aldermänner wurden zugleich einig,
daß den Plaz, welchen die Zunft der Scholia-
sten einzunehmen pflegte, keine andre Zunft
betreten, und daß dort ein Stein mit einer
Aufschrift errichtet werden solte.

... n gings bey dieser Gelegenheit ein we-
nig wunderlich. Er gehörte zwar der Zunft
der Gottesgelehrten auch an, aber er war die-
sen Landtag auf der Zunft der Scholiasten, die

er

Nach Endigung dieſer Anrede zeigte es ſich,
daß die Hofnung, welche die Scholiaſten auf
die Gelindigkeit der Aldermaͤnner geſezt hat-
ten, eitel geweſen war. Denn dieſe ſtimten
dem Ausſpruche der Zuͤnfte ſogleich bey. Es
waͤhrte auch gar nicht lange, daß der Rath-
frager zu den Aldermaͤnnern herauf kam, und
den Beytritt des Volks anzeigte. Der
Schreyer war mit ungebehrdiger Freude unter
dem Poͤbel herumgewandert, und hatte die
Stimmen geſammelt. Er kam ganz auſſer
Athem zu dem Herolde gelaufen (denn herauf
kommen darf er nicht) und ſagte ihm, daß
man ſich ihrer Seits hiermit gegen die ganze
Republik erklaͤre.

Den Aldermaͤnnern wurde von den Zuͤnften
und dem Volke aufgetragen, die Mitglieder der
aufgehobnen Zunft zu vertheilen. Dieß ge-
ſchah, und die meiſten kamen unter den Poͤ-
bel. Die Aldermaͤnner wurden zugleich einig,
daß den Plaz, welchen die Zunft der Scholia-
ſten einzunehmen pflegte, keine andre Zunft
betreten, und daß dort ein Stein mit einer
Aufſchrift errichtet werden ſolte.

… n gings bey dieſer Gelegenheit ein we-
nig wunderlich. Er gehoͤrte zwar der Zunft
der Gottesgelehrten auch an, aber er war die-
ſen Landtag auf der Zunft der Scholiaſten, die

er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0298" n="222"/>
          <p>Nach Endigung die&#x017F;er Anrede zeigte es &#x017F;ich,<lb/>
daß die Hofnung, welche die Scholia&#x017F;ten auf<lb/>
die Gelindigkeit der Alderma&#x0364;nner ge&#x017F;ezt hat-<lb/>
ten, eitel gewe&#x017F;en war. Denn die&#x017F;e &#x017F;timten<lb/>
dem Aus&#x017F;pruche der Zu&#x0364;nfte &#x017F;ogleich bey. Es<lb/>
wa&#x0364;hrte auch gar nicht lange, daß der Rath-<lb/>
frager zu den Alderma&#x0364;nnern herauf kam, und<lb/>
den Beytritt des Volks anzeigte. Der<lb/>
Schreyer war mit ungebehrdiger Freude unter<lb/>
dem Po&#x0364;bel herumgewandert, und hatte die<lb/>
Stimmen ge&#x017F;ammelt. Er kam ganz au&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Athem zu dem Herolde gelaufen (denn herauf<lb/>
kommen darf er nicht) und &#x017F;agte ihm, daß<lb/>
man &#x017F;ich ihrer Seits hiermit gegen die ganze<lb/>
Republik erkla&#x0364;re.</p><lb/>
          <p>Den Alderma&#x0364;nnern wurde von den Zu&#x0364;nften<lb/>
und dem Volke aufgetragen, die Mitglieder der<lb/>
aufgehobnen Zunft zu vertheilen. Dieß ge-<lb/>
&#x017F;chah, und die mei&#x017F;ten kamen unter den Po&#x0364;-<lb/>
bel. Die Alderma&#x0364;nner wurden zugleich einig,<lb/>
daß den Plaz, welchen die Zunft der Scholia-<lb/>
&#x017F;ten einzunehmen pflegte, keine andre Zunft<lb/>
betreten, und daß dort ein Stein mit einer<lb/>
Auf&#x017F;chrift errichtet werden &#x017F;olte.</p><lb/>
          <p>&#x2026; n gings bey die&#x017F;er Gelegenheit ein we-<lb/>
nig wunderlich. Er geho&#x0364;rte zwar der Zunft<lb/>
der Gottesgelehrten auch an, aber er war die-<lb/>
&#x017F;en Landtag auf der Zunft der Scholia&#x017F;ten, die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">er</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222/0298] Nach Endigung dieſer Anrede zeigte es ſich, daß die Hofnung, welche die Scholiaſten auf die Gelindigkeit der Aldermaͤnner geſezt hat- ten, eitel geweſen war. Denn dieſe ſtimten dem Ausſpruche der Zuͤnfte ſogleich bey. Es waͤhrte auch gar nicht lange, daß der Rath- frager zu den Aldermaͤnnern herauf kam, und den Beytritt des Volks anzeigte. Der Schreyer war mit ungebehrdiger Freude unter dem Poͤbel herumgewandert, und hatte die Stimmen geſammelt. Er kam ganz auſſer Athem zu dem Herolde gelaufen (denn herauf kommen darf er nicht) und ſagte ihm, daß man ſich ihrer Seits hiermit gegen die ganze Republik erklaͤre. Den Aldermaͤnnern wurde von den Zuͤnften und dem Volke aufgetragen, die Mitglieder der aufgehobnen Zunft zu vertheilen. Dieß ge- ſchah, und die meiſten kamen unter den Poͤ- bel. Die Aldermaͤnner wurden zugleich einig, daß den Plaz, welchen die Zunft der Scholia- ſten einzunehmen pflegte, keine andre Zunft betreten, und daß dort ein Stein mit einer Aufſchrift errichtet werden ſolte. … n gings bey dieſer Gelegenheit ein we- nig wunderlich. Er gehoͤrte zwar der Zunft der Gottesgelehrten auch an, aber er war die- ſen Landtag auf der Zunft der Scholiaſten, die er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/298
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/298>, abgerufen am 22.11.2024.