wenn sie uns endlich, vornämlich durch diese Behauptung, nicht gerade zu verführen wol- ten, Hochverräther an unserm Vaterlande, an uns selbst, und an unsern Nachkommen zu werden, und zu glauben, die wahre, inre, tiefeingeprägte Kraft und Schönheit des deut- schen Geistes könne durch unsre Sprache nicht ausgedrükt werden. Nichts geringers liegt in ihrer Behauptung. Denn sie wissen, oder solten wissen, daß wir auf keine Weise ver- langen was Fremdes, was Ausländisches, altes oder neues auszudrücken. Jch rede gar nicht mehr von diesen Männern, gar nicht mehr mit ihnen, wenn ich hinzuseze, daß wir noch sehr vieles ungethan lassen, wenn wir nur diesen Hochverrath nicht begehn. Wir müssen den Mut haben, den Entschluß fassen, ihn mit deutscher Standhaftigkeit ausführen, alle Wissenschaften, welche diesen grossen Namen verdienen, und dieß ungeachtet der Mitansprü- che der gebildeten Völker Europa's, in unsrer Sprache zu erweitern, und zu erhöhn. Denn der ist nur ein Kleinmütiger, ein Halbdeut- scher, einer, der sein Vaterland verkent, der es noch erst lernen muß, daß der ächte Deut- sche, der kernhafte Mann der Nation alsdann gewiß ausführt, wenn er auszuführen be- schlossen hat.
Nach
wenn ſie uns endlich, vornaͤmlich durch dieſe Behauptung, nicht gerade zu verfuͤhren wol- ten, Hochverraͤther an unſerm Vaterlande, an uns ſelbſt, und an unſern Nachkommen zu werden, und zu glauben, die wahre, inre, tiefeingepraͤgte Kraft und Schoͤnheit des deut- ſchen Geiſtes koͤnne durch unſre Sprache nicht ausgedruͤkt werden. Nichts geringers liegt in ihrer Behauptung. Denn ſie wiſſen, oder ſolten wiſſen, daß wir auf keine Weiſe ver- langen was Fremdes, was Auslaͤndiſches, altes oder neues auszudruͤcken. Jch rede gar nicht mehr von dieſen Maͤnnern, gar nicht mehr mit ihnen, wenn ich hinzuſeze, daß wir noch ſehr vieles ungethan laſſen, wenn wir nur dieſen Hochverrath nicht begehn. Wir muͤſſen den Mut haben, den Entſchluß faſſen, ihn mit deutſcher Standhaftigkeit ausfuͤhren, alle Wiſſenſchaften, welche dieſen groſſen Namen verdienen, und dieß ungeachtet der Mitanſpruͤ- che der gebildeten Voͤlker Europa’s, in unſrer Sprache zu erweitern, und zu erhoͤhn. Denn der iſt nur ein Kleinmuͤtiger, ein Halbdeut- ſcher, einer, der ſein Vaterland verkent, der es noch erſt lernen muß, daß der aͤchte Deut- ſche, der kernhafte Mann der Nation alsdann gewiß ausfuͤhrt, wenn er auszufuͤhren be- ſchloſſen hat.
Nach
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wenn ſie uns endlich, vornaͤmlich durch dieſe
Behauptung, nicht gerade zu verfuͤhren wol-
ten, Hochverraͤther an unſerm Vaterlande,
an uns ſelbſt, und an unſern Nachkommen zu
werden, und zu glauben, die wahre, inre,
tiefeingepraͤgte Kraft und Schoͤnheit des deut-
ſchen Geiſtes koͤnne durch unſre Sprache nicht
ausgedruͤkt werden. Nichts geringers liegt
in ihrer Behauptung. Denn ſie wiſſen, oder
ſolten wiſſen, daß wir auf keine Weiſe ver-
langen was Fremdes, was Auslaͤndiſches,
altes oder neues auszudruͤcken. Jch rede gar
nicht mehr von dieſen Maͤnnern, gar nicht
mehr mit ihnen, wenn ich hinzuſeze, daß wir
noch ſehr vieles ungethan laſſen, wenn wir nur
dieſen Hochverrath nicht begehn. Wir muͤſſen
den Mut haben, den Entſchluß faſſen, ihn
mit deutſcher Standhaftigkeit ausfuͤhren, alle
Wiſſenſchaften, welche dieſen groſſen Namen
verdienen, und dieß ungeachtet der Mitanſpruͤ-
che der gebildeten Voͤlker Europa’s, in unſrer
Sprache zu erweitern, und zu erhoͤhn. Denn
der iſt nur ein Kleinmuͤtiger, ein Halbdeut-
ſcher, einer, der ſein Vaterland verkent, der
es noch erſt lernen muß, daß der aͤchte Deut-
ſche, der kernhafte Mann der Nation alsdann
gewiß ausfuͤhrt, wenn er auszufuͤhren be-
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/297>, abgerufen am 22.11.2024.
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