Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Der Asiatischen Banise. WAs ist sie? als der Zeit gemeines Gauckel- spiel/ Nichts als ein kurtzer Wahn/ ein ungewisse Wahre/ Die auf uns selber stirbt/ und uns gebraucht zur Bahre/ Ein Zeug/ der unser Haut nicht Farbe halten will. Kein reines Spiegel-Glaß kriegt eher böse Fle- cken/ Kein Stern läst sich so bald die trüben Wolcken decken: Kein ungelegter Schnee verstäubt und schmiltzt so leicht. Ein Blitz wird nicht so bald vergehen und ver- streichen/ Und so geschwinde wird die Rose nicht erbleichen/ Als Schönheit der Gestalt aus unsern Augen weicht. Und werdet ihr/ ehrwürdiger Vater/ eurer ho- fen
Der Aſiatiſchen Baniſe. WAs iſt ſie? als der Zeit gemeines Gauckel- ſpiel/ Nichts als ein kurtzer Wahn/ ein ungewiſſe Wahre/ Die auf uns ſelber ſtirbt/ und uns gebraucht zur Bahre/ Ein Zeug/ der unſer Haut nicht Farbe halten will. Kein reines Spiegel-Glaß kriegt eher boͤſe Fle- cken/ Kein Stern laͤſt ſich ſo bald die truͤben Wolcken decken: Kein ungelegter Schnee verſtaͤubt und ſchmiltzt ſo leicht. Ein Blitz wird nicht ſo bald vergehen und ver- ſtreichen/ Und ſo geſchwinde wird die Roſe nicht erbleichen/ Als Schoͤnheit der Geſtalt aus unſern Augen weicht. Und werdet ihr/ ehrwuͤrdiger Vater/ eurer ho- fen
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Der Aſiatiſchen Baniſe.
WAs iſt ſie? als der Zeit gemeines Gauckel-
ſpiel/
Nichts als ein kurtzer Wahn/ ein ungewiſſe
Wahre/
Die auf uns ſelber ſtirbt/ und uns gebraucht zur
Bahre/
Ein Zeug/ der unſer Haut nicht Farbe halten
will.
Kein reines Spiegel-Glaß kriegt eher boͤſe Fle-
cken/
Kein Stern laͤſt ſich ſo bald die truͤben Wolcken
decken:
Kein ungelegter Schnee verſtaͤubt und ſchmiltzt
ſo leicht.
Ein Blitz wird nicht ſo bald vergehen und ver-
ſtreichen/
Und ſo geſchwinde wird die Roſe nicht erbleichen/
Als Schoͤnheit der Geſtalt aus unſern Augen
weicht.
Und werdet ihr/ ehrwuͤrdiger Vater/ eurer ho-
hen Vernunfft ſo viel Raum ertheilen/ daß keine
unanſtaͤndige Phantaſie bey euch Platz gewin-
nen koͤnne. Jch werde euch iederzeit mit ſolcher
Liebe zugethan verbleiben/ als es eure Wuͤrde
und meine Tugend erfodert und erlaubet. Der
alte Schimmel-Kopff war uͤber den ſchlechten
Fortgang ſeiner Liebe hoͤchſt mißvergnuͤget/ wel-
ches er mit vielen Kopff-Schuͤtteln zu erkennen
gab. Sie irret/ Princeßin/ war deſſen Gegen-
Rede/ wenn ſie ſich verachten/ und mir die ſcharf-
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