Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Der Asiatischen Banise. massen an/ daß er mehr Ursache zur Liebe/ alsGrausamkeit haben möge. Diß scheinet aber gefährlich/ wendete die besorgte Princeßin ein/ denn solte der Tyrann meine Verstellung vor be- kandt annehmen/ so würde er zu völliger Genies- sung der Liebe eylen/ bey deren Verweigerung a- ber wol gar sich einiger Noth-Zucht unterfangen dürffen/ so würde ich doch alsdenn mit befleckter Seele sterben/ da ich anietzo denen Göttern einen reinen Geist opffern könte. Göttliche Hülffe und eigener Verstand/ erwiederte Ponnedro/ muß hierinnen den besten Rath ertheilen/ wie man auff alle Weise und Wege der Sachen Auffschub zu wege bringen/ und des Käysers Hitze mit erdach- ten Schein-Gründen/ wo nicht leschen/ doch auff- halten möge. Jch nehme solches endlich an/ war der besänfftigten Princeßin Gegen-Rede/ und bitte die Gottheit/ daß sie dem schweren und wichtigen Vorhaben ein erwünschtes Ende geben wolle. Jnmittelst soll die Verweigerung der Liebe ausser der Ehe die erst Ablehnung der Hitze seyn. Welches ihm Ponnedro sehr wol gefallen ließ/ und ihr einen sonderbaren Trost ertheilete. Doch/ redete Ponnedro noch ferner/ habe ich noch eines und zwar etwas nöthiges zu erinnern/ welches eine starcke Mitwirckung zu erwünschter Vollziehung des gantzen Werckes seyn könte; Nemlich/ daß sie bey dem Käyser bemühet lebe/ bey erster Gele- genheit Gnade/ Erlassung und vorigen Ehren- Standt vor den/ um ihr Leben gefangenen Aba- rar/
Der Aſiatiſchen Baniſe. maſſen an/ daß er mehr Urſache zur Liebe/ alsGrauſamkeit haben moͤge. Diß ſcheinet aber gefaͤhrlich/ wendete die beſorgte Princeßin ein/ denn ſolte der Tyrann meine Verſtellung vor be- kandt annehmen/ ſo wuͤrde er zu voͤlliger Genieſ- ſung der Liebe eylen/ bey deren Verweigerung a- ber wol gar ſich einiger Noth-Zucht unterfangen duͤrffen/ ſo wuͤrde ich doch alsdenn mit befleckter Seele ſterben/ da ich anietzo denen Goͤttern einen reinen Geiſt opffern koͤnte. Goͤttliche Huͤlffe und eigener Verſtand/ erwiederte Ponnedro/ muß hierinnen den beſten Rath ertheilen/ wie man auff alle Weiſe und Wege der Sachen Auffſchub zu wege bringen/ und des Kaͤyſers Hitze mit erdach- ten Schein-Gruͤnden/ wo nicht leſchen/ doch auff- haltẽ moͤge. Jch nehme ſolches endlich an/ war der beſaͤnfftigten Princeßin Gegen-Rede/ und bitte die Gottheit/ daß ſie dem ſchweren und wichtigen Vorhaben ein erwuͤnſchtes Ende geben wolle. Jnmittelſt ſoll die Verweigerung der Liebe auſſer der Ehe die erſt Ablehnung der Hitze ſeyn. Welches ihm Ponnedro ſehr wol gefallen ließ/ und ihr einen ſonderbaren Troſt ertheilete. Doch/ redete Ponnedro noch ferner/ habe ich noch eines und zwar etwas noͤthiges zu erinnern/ welches eine ſtarcke Mitwirckung zu erwuͤnſchter Vollziehung des gantzen Werckes ſeyn koͤnte; Nemlich/ daß ſie bey dem Kaͤyſer bemuͤhet lebe/ bey erſter Gele- genheit Gnade/ Erlaſſung und vorigen Ehren- Standt vor den/ um ihr Leben gefangenen Aba- rar/
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0420" n="400"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Aſiatiſchen Baniſe.</hi></fw><lb/> maſſen an/ daß er mehr Urſache zur Liebe/ als<lb/> Grauſamkeit haben moͤge. Diß ſcheinet aber<lb/> gefaͤhrlich/ wendete die beſorgte Princeßin ein/<lb/> denn ſolte der Tyrann meine Verſtellung vor be-<lb/> kandt annehmen/ ſo wuͤrde er zu voͤlliger Genieſ-<lb/> ſung der Liebe eylen/ bey deren Verweigerung a-<lb/> ber wol gar ſich einiger Noth-Zucht unterfangen<lb/> duͤrffen/ ſo wuͤrde ich doch alsdenn mit befleckter<lb/> Seele ſterben/ da ich anietzo denen Goͤttern einen<lb/> reinen Geiſt opffern koͤnte. Goͤttliche Huͤlffe<lb/> und eigener Verſtand/ erwiederte Ponnedro/ muß<lb/> hierinnen den beſten Rath ertheilen/ wie man auff<lb/> alle Weiſe und Wege der Sachen Auffſchub zu<lb/> wege bringen/ und des Kaͤyſers Hitze mit erdach-<lb/> ten Schein-Gruͤnden/ wo nicht leſchen/ doch auff-<lb/> haltẽ moͤge. Jch nehme ſolches endlich an/ war der<lb/> beſaͤnfftigten Princeßin Gegen-Rede/ und bitte<lb/> die Gottheit/ daß ſie dem ſchweren und wichtigen<lb/> Vorhaben ein erwuͤnſchtes Ende geben wolle.<lb/> Jnmittelſt ſoll die Verweigerung der Liebe auſſer<lb/> der Ehe die erſt Ablehnung der Hitze ſeyn.<lb/> Welches ihm Ponnedro ſehr wol gefallen ließ/<lb/> und ihr einen ſonderbaren Troſt ertheilete. Doch/<lb/> redete Ponnedro noch ferner/ habe ich noch eines<lb/> und zwar etwas noͤthiges zu erinnern/ welches eine<lb/> ſtarcke Mitwirckung zu erwuͤnſchter Vollziehung<lb/> des gantzen Werckes ſeyn koͤnte; Nemlich/ daß<lb/> ſie bey dem Kaͤyſer bemuͤhet lebe/ bey erſter Gele-<lb/> genheit Gnade/ Erlaſſung und vorigen Ehren-<lb/> Standt vor den/ um ihr Leben gefangenen Aba-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">rar/</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [400/0420]
Der Aſiatiſchen Baniſe.
maſſen an/ daß er mehr Urſache zur Liebe/ als
Grauſamkeit haben moͤge. Diß ſcheinet aber
gefaͤhrlich/ wendete die beſorgte Princeßin ein/
denn ſolte der Tyrann meine Verſtellung vor be-
kandt annehmen/ ſo wuͤrde er zu voͤlliger Genieſ-
ſung der Liebe eylen/ bey deren Verweigerung a-
ber wol gar ſich einiger Noth-Zucht unterfangen
duͤrffen/ ſo wuͤrde ich doch alsdenn mit befleckter
Seele ſterben/ da ich anietzo denen Goͤttern einen
reinen Geiſt opffern koͤnte. Goͤttliche Huͤlffe
und eigener Verſtand/ erwiederte Ponnedro/ muß
hierinnen den beſten Rath ertheilen/ wie man auff
alle Weiſe und Wege der Sachen Auffſchub zu
wege bringen/ und des Kaͤyſers Hitze mit erdach-
ten Schein-Gruͤnden/ wo nicht leſchen/ doch auff-
haltẽ moͤge. Jch nehme ſolches endlich an/ war der
beſaͤnfftigten Princeßin Gegen-Rede/ und bitte
die Gottheit/ daß ſie dem ſchweren und wichtigen
Vorhaben ein erwuͤnſchtes Ende geben wolle.
Jnmittelſt ſoll die Verweigerung der Liebe auſſer
der Ehe die erſt Ablehnung der Hitze ſeyn.
Welches ihm Ponnedro ſehr wol gefallen ließ/
und ihr einen ſonderbaren Troſt ertheilete. Doch/
redete Ponnedro noch ferner/ habe ich noch eines
und zwar etwas noͤthiges zu erinnern/ welches eine
ſtarcke Mitwirckung zu erwuͤnſchter Vollziehung
des gantzen Werckes ſeyn koͤnte; Nemlich/ daß
ſie bey dem Kaͤyſer bemuͤhet lebe/ bey erſter Gele-
genheit Gnade/ Erlaſſung und vorigen Ehren-
Standt vor den/ um ihr Leben gefangenen Aba-
rar/
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeZum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |