Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Anderes Buch. täubte mir fast die Ohren. Noch unter währen-dem Feld-Geschrey sahe ich leider! den Feind gantz schwartz durch die Thore eindringen/ und sich in die Gassen vertheilen: wiewol dieser Ein- bruch bald verhindert wurde/ weil der Tyranne die Stadt nicht wolte plündern lassen: Dannen- hero geschahe nichts ferner/ als daß ein Oberster mit zwey tausend Mann nach der Burg sich be- gab/ und das Käyserliche Frauenzimmer/ nebenst der Princeßin Banise/ und derer von Savady/ ge- fangen nahm. Solchem Jammer begehrte ich nicht beyzuwohnen/ indem meine Gegenwart doch nicht die geringste Gewalt auffzuhalten vermoch- te: Dannenhero blieb ich auff dem Thurme si- tzen/ biß gegen den Abend/ da ich mich sachte herun- ter begab/ in Meynung/ mich unter dem gemeinen Volcke zu verbergen. Allein ich hatte kaum die unterste Staffel berühret/ so wurde ich von einer Schildwache erkannt/ und so fort von andern ge- fangen angenommen. Ob ich mich nun zwar zu verleugnen suchte/ so war ich doch schon durch an- dere Gefangene verrathen/ dannenhero ich auff Befehl des Obersten nach der Princeßin Zim- mer geführet wurde/ um sie zu trösten/ weil sie aus Verzweifelung ihren Tod suchte. Diese fand ich unter dem andern Frauenzimmer/ wie eine Son- ne unter den Sternen/ welche fast unterzugehen schiene. Das Hertze wolte mir brechen/ als ich ihre Schenckel und Armen mit güldenen Fesseln und Ketten muste beleget sehen/ da hingegen die Prin- U 4
Anderes Buch. taͤubte mir faſt die Ohren. Noch unter waͤhren-dem Feld-Geſchrey ſahe ich leider! den Feind gantz ſchwartz durch die Thore eindringen/ und ſich in die Gaſſen vertheilen: wiewol dieſer Ein- bruch bald verhindert wurde/ weil der Tyranne die Stadt nicht wolte pluͤndern laſſen: Dannen- hero geſchahe nichts ferner/ als daß ein Oberſter mit zwey tauſend Mann nach der Burg ſich be- gab/ und das Kaͤyſerliche Frauenzimmer/ nebenſt der Princeßin Baniſe/ und derer von Savady/ ge- fangen nahm. Solchem Jammer begehrte ich nicht beyzuwohnen/ indem meine Gegenwart doch nicht die geringſte Gewalt auffzuhalten vermoch- te: Dannenhero blieb ich auff dem Thurme ſi- tzen/ biß gegẽ den Abend/ da ich mich ſachte heꝛun- ter begab/ in Meynung/ mich unter dem gemeinen Volcke zu verbergen. Allein ich hatte kaum die unterſte Staffel beruͤhret/ ſo wurde ich von einer Schildwache erkannt/ und ſo fort von andern ge- fangen angenommen. Ob ich mich nun zwar zu verleugnen ſuchte/ ſo war ich doch ſchon durch an- dere Gefangene verrathen/ dannenhero ich auff Befehl des Oberſten nach der Princeßin Zim- mer gefuͤhret wurde/ um ſie zu troͤſten/ weil ſie aus Verzweifelung ihren Tod ſuchte. Dieſe fand ich unter dem andern Frauenzimmer/ wie eine Son- ne unter den Sternen/ welche faſt unterzugehen ſchiene. Das Hertze wolte mir brechen/ als ich ihre Schenckel und Armen mit guͤldenen Feſſeln und Ketten muſte beleget ſehen/ da hingegen die Prin- U 4
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Anderes Buch.
taͤubte mir faſt die Ohren. Noch unter waͤhren-
dem Feld-Geſchrey ſahe ich leider! den Feind
gantz ſchwartz durch die Thore eindringen/ und
ſich in die Gaſſen vertheilen: wiewol dieſer Ein-
bruch bald verhindert wurde/ weil der Tyranne
die Stadt nicht wolte pluͤndern laſſen: Dannen-
hero geſchahe nichts ferner/ als daß ein Oberſter
mit zwey tauſend Mann nach der Burg ſich be-
gab/ und das Kaͤyſerliche Frauenzimmer/ nebenſt
der Princeßin Baniſe/ und derer von Savady/ ge-
fangen nahm. Solchem Jammer begehrte ich
nicht beyzuwohnen/ indem meine Gegenwart doch
nicht die geringſte Gewalt auffzuhalten vermoch-
te: Dannenhero blieb ich auff dem Thurme ſi-
tzen/ biß gegẽ den Abend/ da ich mich ſachte heꝛun-
ter begab/ in Meynung/ mich unter dem gemeinen
Volcke zu verbergen. Allein ich hatte kaum die
unterſte Staffel beruͤhret/ ſo wurde ich von einer
Schildwache erkannt/ und ſo fort von andern ge-
fangen angenommen. Ob ich mich nun zwar zu
verleugnen ſuchte/ ſo war ich doch ſchon durch an-
dere Gefangene verrathen/ dannenhero ich auff
Befehl des Oberſten nach der Princeßin Zim-
mer gefuͤhret wurde/ um ſie zu troͤſten/ weil ſie aus
Verzweifelung ihren Tod ſuchte. Dieſe fand ich
unter dem andern Frauenzimmer/ wie eine Son-
ne unter den Sternen/ welche faſt unterzugehen
ſchiene. Das Hertze wolte mir brechen/ als ich
ihre Schenckel und Armen mit guͤldenen Feſſeln
und Ketten muſte beleget ſehen/ da hingegen die
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Zitationshilfe: | Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/331>, abgerufen am 16.07.2024. |