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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Anderes Buch.
schwatzte/ rieth ihm der Printz ferner. Da kä-
me ich recht an/ widerredete es Scandor/ daß ich
mir eine klügere/ als ich selbst wäre/ beygesellete.
Die könte mich zu einer Gemse machen/ welche
ihre eigene Hörner nicht sehen kan. Allzu mun-
ter ist fast wilde/ und ein zu hurtiges Pferd wirfft
seinen Reuter leicht ab/ womit mir nicht sonder-
lich gedienet wäre. Die Beredsamkeit stehet
zwar einem Frauenzimmer gar fein an/ so lange
sie nicht mit dem Mißbrauch Schwesterschafft
machet/ indem sie öffters nicht fähig sind/ durch
beredte Umschweiffe ihre heimliche Liebe zu entde-
cken/ ja wol gar dunckele Worte/ Zeit und Ort
verbotener Zusammenkünffte zu benennen/ daß
der arme Mann dabey sitzet/ und mit hörenden
Ohren taub seyn muß. Mercket er auch gleich
durch angeborne Klugheit etwas davon/ so weiß
doch ihre arglistige Zunge solche Worte vorzu-
bringen/ wodurch dessen Verstand verdunckelt/
und er in den Wahn gesetzet wird/ erhabe seinen
keuschen Schatz auch durch den geringsten Arg-
wohn beleidiget. Jn solcher irrsamen Meynung
wird er keine Zusammenkunfft ohne seine Haus-
Ehre besuchen/ welche sich denn solcher Gelegen-
heit sehr wohl zu bedienen weiß/ bevoraus/ wo sie
auff diesem Wein-Meer ein anständiges Schiff
bemercket/ welches seinen Ancker in fremden
Grund zu werffen suchet: Da wird sie den trun-
ckenen Mann durch tansend verschmitzte Liebko-
sungen dahin zu bereden wissen/ wie er seiner Ge-

sund-
T 4

Anderes Buch.
ſchwatzte/ rieth ihm der Printz ferner. Da kaͤ-
me ich recht an/ widerredete es Scandor/ daß ich
mir eine kluͤgere/ als ich ſelbſt waͤre/ beygeſellete.
Die koͤnte mich zu einer Gemſe machen/ welche
ihre eigene Hoͤrner nicht ſehen kan. Allzu mun-
ter iſt faſt wilde/ und ein zu hurtiges Pferd wirfft
ſeinen Reuter leicht ab/ womit mir nicht ſonder-
lich gedienet waͤre. Die Beredſamkeit ſtehet
zwar einem Frauenzimmer gar fein an/ ſo lange
ſie nicht mit dem Mißbrauch Schweſterſchafft
machet/ indem ſie oͤffters nicht faͤhig ſind/ durch
beredte Umſchweiffe ihre heimliche Liebe zu entde-
cken/ ja wol gar dunckele Worte/ Zeit und Ort
verbotener Zuſammenkuͤnffte zu benennen/ daß
der arme Mann dabey ſitzet/ und mit hoͤrenden
Ohren taub ſeyn muß. Mercket er auch gleich
durch angeborne Klugheit etwas davon/ ſo weiß
doch ihre argliſtige Zunge ſolche Worte vorzu-
bringen/ wodurch deſſen Verſtand verdunckelt/
und er in den Wahn geſetzet wird/ erhabe ſeinen
keuſchen Schatz auch durch den geringſten Arg-
wohn beleidiget. Jn ſolcher irrſamen Meynung
wird er keine Zuſammenkunfft ohne ſeine Haus-
Ehre beſuchen/ welche ſich denn ſolcher Gelegen-
heit ſehr wohl zu bedienen weiß/ bevoraus/ wo ſie
auff dieſem Wein-Meer ein anſtaͤndiges Schiff
bemercket/ welches ſeinen Ancker in fremden
Grund zu werffen ſuchet: Da wird ſie den trun-
ckenen Mann durch tanſend verſchmitzte Liebko-
ſungen dahin zu bereden wiſſen/ wie er ſeiner Ge-

ſund-
T 4
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[295/0315] Anderes Buch. ſchwatzte/ rieth ihm der Printz ferner. Da kaͤ- me ich recht an/ widerredete es Scandor/ daß ich mir eine kluͤgere/ als ich ſelbſt waͤre/ beygeſellete. Die koͤnte mich zu einer Gemſe machen/ welche ihre eigene Hoͤrner nicht ſehen kan. Allzu mun- ter iſt faſt wilde/ und ein zu hurtiges Pferd wirfft ſeinen Reuter leicht ab/ womit mir nicht ſonder- lich gedienet waͤre. Die Beredſamkeit ſtehet zwar einem Frauenzimmer gar fein an/ ſo lange ſie nicht mit dem Mißbrauch Schweſterſchafft machet/ indem ſie oͤffters nicht faͤhig ſind/ durch beredte Umſchweiffe ihre heimliche Liebe zu entde- cken/ ja wol gar dunckele Worte/ Zeit und Ort verbotener Zuſammenkuͤnffte zu benennen/ daß der arme Mann dabey ſitzet/ und mit hoͤrenden Ohren taub ſeyn muß. Mercket er auch gleich durch angeborne Klugheit etwas davon/ ſo weiß doch ihre argliſtige Zunge ſolche Worte vorzu- bringen/ wodurch deſſen Verſtand verdunckelt/ und er in den Wahn geſetzet wird/ erhabe ſeinen keuſchen Schatz auch durch den geringſten Arg- wohn beleidiget. Jn ſolcher irrſamen Meynung wird er keine Zuſammenkunfft ohne ſeine Haus- Ehre beſuchen/ welche ſich denn ſolcher Gelegen- heit ſehr wohl zu bedienen weiß/ bevoraus/ wo ſie auff dieſem Wein-Meer ein anſtaͤndiges Schiff bemercket/ welches ſeinen Ancker in fremden Grund zu werffen ſuchet: Da wird ſie den trun- ckenen Mann durch tanſend verſchmitzte Liebko- ſungen dahin zu bereden wiſſen/ wie er ſeiner Ge- ſund- T 4

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/315>, abgerufen am 25.11.2024.