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Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

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Erstes Buch.
O Schmertz/ welchem kein Schmertz zu verglei-
chen! Vermaledeyter Wüterich! Verdamm-
ter Chaumigrem! Jst dieses iemahls erhöret
worden/ daß man gegen zarte Weibs-Personen
so abscheulich verfahren hat? Verdammter
Hund! kunte dich nicht die Schönheit welche auch
Tyger bezwinget/ überwinden? kunte dich das
jämmerliche Schreyen und Weinen der zarten
Angesichter nicht bewegen? ja/ kunte dich nicht
die Unschuld der kleinen Kinder/ und ihr Königli-
cher Stamm einiges Mitleiden in dir erwe-
cken? Gewiß/ die Götter sind bißweilen allzu un-
gerecht gegen uns Menschen/ indem sie einer sol-
chen Greuel-That/ wovon die Sonne erröthet/
ohne Empfindlichgkeit zusehen können. Ach mein
Kind/ mein Trost! mein Ancker/ welcher mir zu
einer Schiffbruchs-Klippe wird! Ach daß ich
doch mit dir in die Erden solte verscharret seyn/
weil mir nunmehro das Leben doch nur ein steter
Tod seyn wird. Großmächtigster Käyser/ rede-
te ihm hier mein Printz ein/ dieser hohe Trauer-
Fall/ welcher dero Hertz verwundet/ betrübet mei-
ne Seele/ und ihr Jammer ist meine Qvaal;
Derowegen wird mir erlaubet seyn/ zu sagen/
nicht allein/ wie man dem Verhängniß sich ge-
dultig unterwerffen/ sondern auch/ wie man das
unschuldige Blut auffs grausamste an dem ver-
dammten Mörder rächen möge. Hierzu aber
dienet ein übriges Klagen und Trauren am we-
nigsten/ welches dem Feinde vielmehr zur Ergö-

tzung
Q

Erſtes Buch.
O Schmertz/ welchem kein Schmertz zu verglei-
chen! Vermaledeyter Wuͤterich! Verdamm-
ter Chaumigrem! Jſt dieſes iemahls erhoͤret
worden/ daß man gegen zarte Weibs-Perſonen
ſo abſcheulich verfahren hat? Verdammter
Hund! kunte dich nicht die Schoͤnheit welche auch
Tyger bezwinget/ uͤberwinden? kunte dich das
jaͤmmerliche Schreyen und Weinen der zarten
Angeſichter nicht bewegen? ja/ kunte dich nicht
die Unſchuld der kleinen Kinder/ und ihr Koͤnigli-
cher Stamm einiges Mitleiden in dir erwe-
cken? Gewiß/ die Goͤtter ſind bißweilen allzu un-
gerecht gegen uns Menſchen/ indem ſie einer ſol-
chen Greuel-That/ wovon die Sonne erroͤthet/
ohne Empfindlichgkeit zuſehen koͤnnen. Ach mein
Kind/ mein Troſt! mein Ancker/ welcher mir zu
einer Schiffbruchs-Klippe wird! Ach daß ich
doch mit dir in die Erden ſolte verſcharret ſeyn/
weil mir nunmehro das Leben doch nur ein ſteter
Tod ſeyn wird. Großmaͤchtigſter Kaͤyſer/ rede-
te ihm hier mein Printz ein/ dieſer hohe Trauer-
Fall/ welcher dero Hertz verwundet/ betruͤbet mei-
ne Seele/ und ihr Jammer iſt meine Qvaal;
Derowegen wird mir erlaubet ſeyn/ zu ſagen/
nicht allein/ wie man dem Verhaͤngniß ſich ge-
dultig unterwerffen/ ſondern auch/ wie man das
unſchuldige Blut auffs grauſamſte an dem ver-
dammten Moͤrder raͤchen moͤge. Hierzu aber
dienet ein uͤbriges Klagen und Trauren am we-
nigſten/ welches dem Feinde vielmehr zur Ergoͤ-

tzung
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[241/0261] Erſtes Buch. O Schmertz/ welchem kein Schmertz zu verglei- chen! Vermaledeyter Wuͤterich! Verdamm- ter Chaumigrem! Jſt dieſes iemahls erhoͤret worden/ daß man gegen zarte Weibs-Perſonen ſo abſcheulich verfahren hat? Verdammter Hund! kunte dich nicht die Schoͤnheit welche auch Tyger bezwinget/ uͤberwinden? kunte dich das jaͤmmerliche Schreyen und Weinen der zarten Angeſichter nicht bewegen? ja/ kunte dich nicht die Unſchuld der kleinen Kinder/ und ihr Koͤnigli- cher Stamm einiges Mitleiden in dir erwe- cken? Gewiß/ die Goͤtter ſind bißweilen allzu un- gerecht gegen uns Menſchen/ indem ſie einer ſol- chen Greuel-That/ wovon die Sonne erroͤthet/ ohne Empfindlichgkeit zuſehen koͤnnen. Ach mein Kind/ mein Troſt! mein Ancker/ welcher mir zu einer Schiffbruchs-Klippe wird! Ach daß ich doch mit dir in die Erden ſolte verſcharret ſeyn/ weil mir nunmehro das Leben doch nur ein ſteter Tod ſeyn wird. Großmaͤchtigſter Kaͤyſer/ rede- te ihm hier mein Printz ein/ dieſer hohe Trauer- Fall/ welcher dero Hertz verwundet/ betruͤbet mei- ne Seele/ und ihr Jammer iſt meine Qvaal; Derowegen wird mir erlaubet ſeyn/ zu ſagen/ nicht allein/ wie man dem Verhaͤngniß ſich ge- dultig unterwerffen/ ſondern auch/ wie man das unſchuldige Blut auffs grauſamſte an dem ver- dammten Moͤrder raͤchen moͤge. Hierzu aber dienet ein uͤbriges Klagen und Trauren am we- nigſten/ welches dem Feinde vielmehr zur Ergoͤ- tzung Q

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Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/261>, abgerufen am 22.11.2024.