Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Asiatischen Banise.
zig vornehme Herren/ welche alle der erwürgeten
Frauen Väter/ Männer und Brüder waren/ be-
trübte Gesellschafft leisteten. Dieses ist nun der
blutige/ und Thränen-würdige Untergang un-
sers Hochpreißlichen Königl. Hauses/ wowider
wir armen Leute nichts ferner vermögen/ als
den gerechten Himmel und E. Maj. mächtigste
Waffen um brennende Rache und Hülffe anzu-
ruffen.

Hiermit endigte der Mensch seine trautige Er-
zehlung/ woraus der höchst-betrübte Käyser die
Hände in einander schlug/ und mit Seuffzen sag-
te: Wie unerforschlich ist doch der Schluß des
Himmels? Diesem schenckt er einen Lorbeer-
Krantz/ und jenem einen Hencker-Strick. Hier
hebet er einen empor/ und dort stürtzet er den an-
dern zur Hölle. O Himmel! wie hat es deine
Gerechtigkeit zulassen können/ daß der Gerechte
untergangen/ und der Gottlose erhaben ist? Daß
sich der Scepter in einen blutigen Mörder-Stal/
der Thron in einen schwartzen Sarg/ und die
Krone in ein Rad des wandelbaren Glücks ver-
wandelt hat? Ach Nhai Canato/ meine werthe
Tochter! haben mich die Götter deßwegen mit
dir beschencket/ daß sie mich auf diese harte Pro-
be stellen wollen/ wenn ich mein liebstes Kind soll
am Galgen sterben sehen. Möchte nicht das
tapfferste Gemüthe weichmüthig gemacht wer-
den/ wenn es sein Fleisch und Blut unter des Hen-
ckers Hand wissen soll. O unerträgliches Leid!

O

Der Aſiatiſchen Baniſe.
zig vornehme Herren/ welche alle der erwuͤrgeten
Frauen Vaͤter/ Maͤnner und Bruͤder waren/ be-
truͤbte Geſellſchafft leiſteten. Dieſes iſt nun der
blutige/ und Thraͤnen-wuͤrdige Untergang un-
ſers Hochpreißlichen Koͤnigl. Hauſes/ wowider
wir armen Leute nichts ferner vermoͤgen/ als
den gerechten Himmel und E. Maj. maͤchtigſte
Waffen um brennende Rache und Huͤlffe anzu-
ruffen.

Hiermit endigte der Menſch ſeine trautige Er-
zehlung/ woraus der hoͤchſt-betruͤbte Kaͤyſer die
Haͤnde in einander ſchlug/ und mit Seuffzen ſag-
te: Wie unerforſchlich iſt doch der Schluß des
Himmels? Dieſem ſchenckt er einen Lorbeer-
Krantz/ und jenem einen Hencker-Strick. Hier
hebet er einen empor/ und dort ſtuͤrtzet er den an-
dern zur Hoͤlle. O Himmel! wie hat es deine
Gerechtigkeit zulaſſen koͤnnen/ daß der Gerechte
untergangen/ und der Gottloſe erhaben iſt? Daß
ſich der Scepter in einen blutigen Moͤrder-Stal/
der Thron in einen ſchwartzen Sarg/ und die
Krone in ein Rad des wandelbaren Gluͤcks ver-
wandelt hat? Ach Nhai Canato/ meine werthe
Tochter! haben mich die Goͤtter deßwegen mit
dir beſchencket/ daß ſie mich auf dieſe harte Pro-
be ſtellen wollen/ wenn ich mein liebſtes Kind ſoll
am Galgen ſterben ſehen. Moͤchte nicht das
tapfferſte Gemuͤthe weichmuͤthig gemacht wer-
den/ wenn es ſein Fleiſch und Blut unter des Hen-
ckers Hand wiſſen ſoll. O unertraͤgliches Leid!

O
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0260" n="240"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der A&#x017F;iati&#x017F;chen Bani&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
zig vornehme Herren/ welche alle der erwu&#x0364;rgeten<lb/>
Frauen Va&#x0364;ter/ Ma&#x0364;nner und Bru&#x0364;der waren/ be-<lb/>
tru&#x0364;bte Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft lei&#x017F;teten. Die&#x017F;es i&#x017F;t nun der<lb/>
blutige/ und Thra&#x0364;nen-wu&#x0364;rdige Untergang un-<lb/>
&#x017F;ers Hochpreißlichen Ko&#x0364;nigl. Hau&#x017F;es/ wowider<lb/>
wir armen Leute nichts ferner vermo&#x0364;gen/ als<lb/>
den gerechten Himmel und E. Maj. ma&#x0364;chtig&#x017F;te<lb/>
Waffen um brennende Rache und Hu&#x0364;lffe anzu-<lb/>
ruffen.</p><lb/>
          <p>Hiermit endigte der Men&#x017F;ch &#x017F;eine trautige Er-<lb/>
zehlung/ woraus der ho&#x0364;ch&#x017F;t-betru&#x0364;bte Ka&#x0364;y&#x017F;er die<lb/>
Ha&#x0364;nde in einander &#x017F;chlug/ und mit Seuffzen &#x017F;ag-<lb/>
te: Wie unerfor&#x017F;chlich i&#x017F;t doch der Schluß des<lb/>
Himmels? Die&#x017F;em &#x017F;chenckt er einen Lorbeer-<lb/>
Krantz/ und jenem einen Hencker-Strick. Hier<lb/>
hebet er einen empor/ und dort &#x017F;tu&#x0364;rtzet er den an-<lb/>
dern zur Ho&#x0364;lle. O Himmel! wie hat es deine<lb/>
Gerechtigkeit zula&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen/ daß der Gerechte<lb/>
untergangen/ und der Gottlo&#x017F;e erhaben i&#x017F;t? Daß<lb/>
&#x017F;ich der Scepter in einen blutigen Mo&#x0364;rder-Stal/<lb/>
der Thron in einen &#x017F;chwartzen Sarg/ und die<lb/>
Krone in ein Rad des wandelbaren Glu&#x0364;cks ver-<lb/>
wandelt hat? Ach Nhai Canato/ meine werthe<lb/>
Tochter! haben mich die Go&#x0364;tter deßwegen mit<lb/>
dir be&#x017F;chencket/ daß &#x017F;ie mich auf die&#x017F;e harte Pro-<lb/>
be &#x017F;tellen wollen/ wenn ich mein lieb&#x017F;tes Kind &#x017F;oll<lb/>
am Galgen &#x017F;terben &#x017F;ehen. Mo&#x0364;chte nicht das<lb/>
tapffer&#x017F;te Gemu&#x0364;the weichmu&#x0364;thig gemacht wer-<lb/>
den/ wenn es &#x017F;ein Flei&#x017F;ch und Blut unter des Hen-<lb/>
ckers Hand wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;oll. O unertra&#x0364;gliches Leid!<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">O</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0260] Der Aſiatiſchen Baniſe. zig vornehme Herren/ welche alle der erwuͤrgeten Frauen Vaͤter/ Maͤnner und Bruͤder waren/ be- truͤbte Geſellſchafft leiſteten. Dieſes iſt nun der blutige/ und Thraͤnen-wuͤrdige Untergang un- ſers Hochpreißlichen Koͤnigl. Hauſes/ wowider wir armen Leute nichts ferner vermoͤgen/ als den gerechten Himmel und E. Maj. maͤchtigſte Waffen um brennende Rache und Huͤlffe anzu- ruffen. Hiermit endigte der Menſch ſeine trautige Er- zehlung/ woraus der hoͤchſt-betruͤbte Kaͤyſer die Haͤnde in einander ſchlug/ und mit Seuffzen ſag- te: Wie unerforſchlich iſt doch der Schluß des Himmels? Dieſem ſchenckt er einen Lorbeer- Krantz/ und jenem einen Hencker-Strick. Hier hebet er einen empor/ und dort ſtuͤrtzet er den an- dern zur Hoͤlle. O Himmel! wie hat es deine Gerechtigkeit zulaſſen koͤnnen/ daß der Gerechte untergangen/ und der Gottloſe erhaben iſt? Daß ſich der Scepter in einen blutigen Moͤrder-Stal/ der Thron in einen ſchwartzen Sarg/ und die Krone in ein Rad des wandelbaren Gluͤcks ver- wandelt hat? Ach Nhai Canato/ meine werthe Tochter! haben mich die Goͤtter deßwegen mit dir beſchencket/ daß ſie mich auf dieſe harte Pro- be ſtellen wollen/ wenn ich mein liebſtes Kind ſoll am Galgen ſterben ſehen. Moͤchte nicht das tapfferſte Gemuͤthe weichmuͤthig gemacht wer- den/ wenn es ſein Fleiſch und Blut unter des Hen- ckers Hand wiſſen ſoll. O unertraͤgliches Leid! O

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/260
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/260>, abgerufen am 22.11.2024.