Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.Der Asiatischen Banise. gende Art/ wiewohl mit schwacher und kläglicherStimme/ anredete: Durchlauchtigste Frau! Nachdem wir anietzt in dem Stande demüthi- ger Sclavinnen zu der betrübten Wohnung des Todes hintreten/ so tröstet ihr/ als die schöne rosen-Krone unserer Häupter/ uns mit eurem anmuthigen Gesichte/ auf daß wir mit desto leichterm Kummer diesen geäng- steten Leib verlassen/ und vor der mächtigen Hand des gerechten Richters erscheinen/ zu dem wir/ um unendliche Rache dieser uns ange- thanen unbilligen Schmach mit bethränten Au- gen schreyen wollen. Die hoch beängstigte Kö- nigin antwortete hierauf erstlich mit einem kläg- lichen Blick/ und einem solchen Angesichte/ dar- ein der Tod allbereit den ersten Entwurff seiner Gestalt gemacht hatte/ hernach mit folgender leisen Stimme: Nehmet nicht so bald Abschied/ liebste Schwestern/ sondern helffet mir vor diese kleine Kinder tragen. Aber das liessen die eylen- den Scharffrichter/ die mit ihrem Könige die Barmhertzigkeit gemein hatten/ nicht zu/ welche unter wehmüthigstem Ach und Eeh/ Winseln und Rach-Geschrey alle diese schöne Leute erwisch- ten/ und ohn einiges Verschonen sie an zwanzig Galgen erbärmlichst aufhencketen/ und zwar an iedweden sieben/ was aber noch das ärgste war/ so wurden sie bey den Füssen aufgehenckt/ weßwe- gen sie denn unter schmertzlichem Seuffzen erst in einer Stunde in ihrem Blut erstickt waren. Hier- nechst
Der Aſiatiſchen Baniſe. gende Art/ wiewohl mit ſchwacher und klaͤglicherStimme/ anredete: Durchlauchtigſte Frau! Nachdem wir anietzt in dem Stande demuͤthi- ger Sclavinnen zu der betruͤbten Wohnung des Todes hintreten/ ſo troͤſtet ihr/ als die ſchoͤne roſen-Krone unſerer Haͤupter/ uns mit eurem anmuthigen Geſichte/ auf daß wir mit deſto leichterm Kummer dieſen geaͤng- ſteten Leib verlaſſen/ und vor der maͤchtigen Hand des gerechten Richters erſcheinen/ zu dem wir/ um unendliche Rache dieſer uns ange- thanen unbilligen Schmach mit bethraͤnten Au- gen ſchreyen wollen. Die hoch beaͤngſtigte Koͤ- nigin antwortete hierauf erſtlich mit einem klaͤg- lichen Blick/ und einem ſolchen Angeſichte/ dar- ein der Tod allbereit den erſten Entwurff ſeiner Geſtalt gemacht hatte/ hernach mit folgender leiſen Stimme: Nehmet nicht ſo bald Abſchied/ liebſte Schweſtern/ ſondern helffet mir vor dieſe kleine Kinder tragen. Aber das lieſſen die eylen- den Scharffrichter/ die mit ihrem Koͤnige die Barmhertzigkeit gemein hatten/ nicht zu/ welche unter wehmuͤthigſtem Ach und Eeh/ Winſeln und Rach-Geſchꝛey alle dieſe ſchoͤne Leute erwiſch- ten/ und ohn einiges Verſchonen ſie an zwanzig Galgen erbaͤrmlichſt aufhencketen/ und zwar an iedweden ſieben/ was aber noch das aͤrgſte war/ ſo wurden ſie bey den Fuͤſſen aufgehenckt/ weßwe- gen ſie denn unter ſchmertzlichem Seuffzen erſt in einer Stunde in ihrem Blut erſtickt waren. Hier- nechſt
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Der Aſiatiſchen Baniſe.
gende Art/ wiewohl mit ſchwacher und klaͤglicher
Stimme/ anredete: Durchlauchtigſte Frau!
Nachdem wir anietzt in dem Stande demuͤthi-
ger Sclavinnen zu der betruͤbten Wohnung
des Todes hintreten/ ſo troͤſtet ihr/ als die
ſchoͤne roſen-Krone unſerer Haͤupter/ uns
mit eurem anmuthigen Geſichte/ auf daß wir
mit deſto leichterm Kummer dieſen geaͤng-
ſteten Leib verlaſſen/ und vor der maͤchtigen
Hand des gerechten Richters erſcheinen/ zu
dem wir/ um unendliche Rache dieſer uns ange-
thanen unbilligen Schmach mit bethraͤnten Au-
gen ſchreyen wollen. Die hoch beaͤngſtigte Koͤ-
nigin antwortete hierauf erſtlich mit einem klaͤg-
lichen Blick/ und einem ſolchen Angeſichte/ dar-
ein der Tod allbereit den erſten Entwurff ſeiner
Geſtalt gemacht hatte/ hernach mit folgender
leiſen Stimme: Nehmet nicht ſo bald Abſchied/
liebſte Schweſtern/ ſondern helffet mir vor dieſe
kleine Kinder tragen. Aber das lieſſen die eylen-
den Scharffrichter/ die mit ihrem Koͤnige die
Barmhertzigkeit gemein hatten/ nicht zu/ welche
unter wehmuͤthigſtem Ach und Eeh/ Winſeln
und Rach-Geſchꝛey alle dieſe ſchoͤne Leute erwiſch-
ten/ und ohn einiges Verſchonen ſie an zwanzig
Galgen erbaͤrmlichſt aufhencketen/ und zwar an
iedweden ſieben/ was aber noch das aͤrgſte war/
ſo wurden ſie bey den Fuͤſſen aufgehenckt/ weßwe-
gen ſie denn unter ſchmertzlichem Seuffzen erſt in
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Zitationshilfe: | Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/256>, abgerufen am 16.07.2024. |