er sich den Unsterblichen nähert, und der Unsterblichkeit würdig macht.
Teufel. Ich will dir zeigen, was daran ist.
Faust. Ich denke wohl, daß du es kannst. Kann es doch jeder von uns, der seine Schlechtigkeit zum allgemeinen Maßstab der Menschen macht, und Tugenden verdächtig macht, die er nie in seiner Brust gefühlt hat. Wir haben Philosophen gehabt, die hier- innen längst dem Teufel vorgegriffen haben.
Teufel. Besser wäre es für dich gewesen, du hättest nie einen gelesen, dein Kopf wür- de gerader, und dein Herz gesünder seyn.
Faust. Verdammt, daß der Teufel im- mer Recht hat!
Teufel. Ich will dir anschaulich machen, wovon deine Philosophen schwatzen, und die Wolken vor deinen Augen wegblasen, die Stolz, Eitelkeit und Selbstliebe zusammen- getrieben, und so schön gefärbt haben.
Faust. Wie das?
Teufel. Ich will dich auf die Bühne der Welt führen, und dir die Menschen nackend
zeigen.
er ſich den Unſterblichen naͤhert, und der Unſterblichkeit wuͤrdig macht.
Teufel. Ich will dir zeigen, was daran iſt.
Fauſt. Ich denke wohl, daß du es kannſt. Kann es doch jeder von uns, der ſeine Schlechtigkeit zum allgemeinen Maßſtab der Menſchen macht, und Tugenden verdaͤchtig macht, die er nie in ſeiner Bruſt gefuͤhlt hat. Wir haben Philoſophen gehabt, die hier- innen laͤngſt dem Teufel vorgegriffen haben.
Teufel. Beſſer waͤre es fuͤr dich geweſen, du haͤtteſt nie einen geleſen, dein Kopf wuͤr- de gerader, und dein Herz geſuͤnder ſeyn.
Fauſt. Verdammt, daß der Teufel im- mer Recht hat!
Teufel. Ich will dir anſchaulich machen, wovon deine Philoſophen ſchwatzen, und die Wolken vor deinen Augen wegblaſen, die Stolz, Eitelkeit und Selbſtliebe zuſammen- getrieben, und ſo ſchoͤn gefaͤrbt haben.
Fauſt. Wie das?
Teufel. Ich will dich auf die Buͤhne der Welt fuͤhren, und dir die Menſchen nackend
zeigen.
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er ſich den Unſterblichen naͤhert, und der
Unſterblichkeit wuͤrdig macht.
Teufel. Ich will dir zeigen, was daran iſt.
Fauſt. Ich denke wohl, daß du es kannſt.
Kann es doch jeder von uns, der ſeine
Schlechtigkeit zum allgemeinen Maßſtab der
Menſchen macht, und Tugenden verdaͤchtig
macht, die er nie in ſeiner Bruſt gefuͤhlt hat.
Wir haben Philoſophen gehabt, die hier-
innen laͤngſt dem Teufel vorgegriffen haben.
Teufel. Beſſer waͤre es fuͤr dich geweſen,
du haͤtteſt nie einen geleſen, dein Kopf wuͤr-
de gerader, und dein Herz geſuͤnder ſeyn.
Fauſt. Verdammt, daß der Teufel im-
mer Recht hat!
Teufel. Ich will dir anſchaulich machen,
wovon deine Philoſophen ſchwatzen, und die
Wolken vor deinen Augen wegblaſen, die
Stolz, Eitelkeit und Selbſtliebe zuſammen-
getrieben, und ſo ſchoͤn gefaͤrbt haben.
Fauſt. Wie das?
Teufel. Ich will dich auf die Buͤhne der
Welt fuͤhren, und dir die Menſchen nackend
zeigen.
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/83>, abgerufen am 22.11.2024.
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