Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Faust. Glaubst du mich durch eine listi-
ge Wendung in dem zu täuschen, wornach
mein Gaumen so lüstern ist?

Teufel. Thor, um mich an dir zu rächen,
wünscht ich dir mit den glänzenden Far-
ben des Himmels das zu schildern, was du
verlohren hast, und dich dann der Verzweif-
lung überlassen. Wüßt ich auch mehr, als
ich weiß, kann die Zunge aus Fleisch gebil-
det, dem Ohr' aus Fleisch gebildet, faßlich
machen, was außer den Gränzen der Sin-
ne liegt, und der körperlose Geist nur be-
greift?

Faust. So sey Geist und rede! Schüttle
diese Gestalt ab!

Teufel. Wirst du mich dann vernehmen?

Faust. Schüttle diese Gestalt ab, ich will
dich als Geist sehen.

Teufel. Du sprichst Unsinn -- nun' so
sieh mich -- ich werde seyn, und dir nicht
seyn; ich werde reden, und du wirst mich
nicht verstehen.

Nach

Fauſt. Glaubſt du mich durch eine liſti-
ge Wendung in dem zu taͤuſchen, wornach
mein Gaumen ſo luͤſtern iſt?

Teufel. Thor, um mich an dir zu raͤchen,
wuͤnſcht ich dir mit den glaͤnzenden Far-
ben des Himmels das zu ſchildern, was du
verlohren haſt, und dich dann der Verzweif-
lung uͤberlaſſen. Wuͤßt ich auch mehr, als
ich weiß, kann die Zunge aus Fleiſch gebil-
det, dem Ohr’ aus Fleiſch gebildet, faßlich
machen, was außer den Graͤnzen der Sin-
ne liegt, und der koͤrperloſe Geiſt nur be-
greift?

Fauſt. So ſey Geiſt und rede! Schuͤttle
dieſe Geſtalt ab!

Teufel. Wirſt du mich dann vernehmen?

Fauſt. Schuͤttle dieſe Geſtalt ab, ich will
dich als Geiſt ſehen.

Teufel. Du ſprichſt Unſinn — nun’ ſo
ſieh mich — ich werde ſeyn, und dir nicht
ſeyn; ich werde reden, und du wirſt mich
nicht verſtehen.

Nach
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0079" n="68"/>
          <p><hi rendition="#fr">Fau&#x017F;t</hi>. Glaub&#x017F;t du mich durch eine li&#x017F;ti-<lb/>
ge Wendung in dem zu ta&#x0364;u&#x017F;chen, wornach<lb/>
mein Gaumen &#x017F;o lu&#x0364;&#x017F;tern i&#x017F;t?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Teufel</hi>. Thor, um mich an dir zu ra&#x0364;chen,<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;cht ich dir mit den gla&#x0364;nzenden Far-<lb/>
ben des Himmels das zu &#x017F;childern, was du<lb/>
verlohren ha&#x017F;t, und dich dann der Verzweif-<lb/>
lung u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en. Wu&#x0364;ßt ich auch mehr, als<lb/>
ich weiß, kann die Zunge aus Flei&#x017F;ch gebil-<lb/>
det, dem Ohr&#x2019; aus Flei&#x017F;ch gebildet, faßlich<lb/>
machen, was außer den Gra&#x0364;nzen der Sin-<lb/>
ne liegt, und der ko&#x0364;rperlo&#x017F;e Gei&#x017F;t nur be-<lb/>
greift?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Fau&#x017F;t</hi>. So &#x017F;ey Gei&#x017F;t und rede! Schu&#x0364;ttle<lb/>
die&#x017F;e Ge&#x017F;talt ab!</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Teufel</hi>. Wir&#x017F;t du mich dann vernehmen?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Fau&#x017F;t</hi>. Schu&#x0364;ttle die&#x017F;e Ge&#x017F;talt ab, ich will<lb/>
dich als Gei&#x017F;t &#x017F;ehen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Teufel</hi>. Du &#x017F;prich&#x017F;t Un&#x017F;inn &#x2014; nun&#x2019; &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ieh mich &#x2014; ich werde &#x017F;eyn, und dir nicht<lb/>
&#x017F;eyn; ich werde reden, und du wir&#x017F;t mich<lb/>
nicht ver&#x017F;tehen.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#g">Nach</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0079] Fauſt. Glaubſt du mich durch eine liſti- ge Wendung in dem zu taͤuſchen, wornach mein Gaumen ſo luͤſtern iſt? Teufel. Thor, um mich an dir zu raͤchen, wuͤnſcht ich dir mit den glaͤnzenden Far- ben des Himmels das zu ſchildern, was du verlohren haſt, und dich dann der Verzweif- lung uͤberlaſſen. Wuͤßt ich auch mehr, als ich weiß, kann die Zunge aus Fleiſch gebil- det, dem Ohr’ aus Fleiſch gebildet, faßlich machen, was außer den Graͤnzen der Sin- ne liegt, und der koͤrperloſe Geiſt nur be- greift? Fauſt. So ſey Geiſt und rede! Schuͤttle dieſe Geſtalt ab! Teufel. Wirſt du mich dann vernehmen? Fauſt. Schuͤttle dieſe Geſtalt ab, ich will dich als Geiſt ſehen. Teufel. Du ſprichſt Unſinn — nun’ ſo ſieh mich — ich werde ſeyn, und dir nicht ſeyn; ich werde reden, und du wirſt mich nicht verſtehen. Nach

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/79
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/79>, abgerufen am 04.05.2024.