Italien, und der König kehrte beschämt und ohne Vortheil heim. So hast du, wohin du dich wandtest, den Saamen des Unglücks ausgestreut, und er fruchtet zum Unheil die Ewigkeit durch.
Ich hoffe, nun begreifst du den Fingerzeig, den ich dir damals gab, als ich das Haus über die Naturkündiger zusammenstürzte. Ich sagte dir, so wie diese in das Fleisch der Lebenden schneiden, um unergründliche Ge- heimnisse zu erforschen, so wüthest du in der moralischen Welt, durch meine zerstöhrende Hand. Du hast dieses Winks nicht ge- achtet. Fühle ihn nun tiefer. Sie verdien- ten unter den Ruinen ihrer Schlachtbank be- graben zu werden; aber was hatten die Un- schuldigen im Unterstock verbrochen, die nicht wußten, welche Greuel über ihrem Haupte vorgiengen? Warum mußten auch sie mit begraben werden? Warum mußte, deine schnelle Rache zu befriedigen, eine schuldlose, glückliche Familie mit aufgeopfert werden? Richter und Rächer, dieses hast
du
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Italien, und der Koͤnig kehrte beſchaͤmt und ohne Vortheil heim. So haſt du, wohin du dich wandteſt, den Saamen des Ungluͤcks ausgeſtreut, und er fruchtet zum Unheil die Ewigkeit durch.
Ich hoffe, nun begreifſt du den Fingerzeig, den ich dir damals gab, als ich das Haus uͤber die Naturkuͤndiger zuſammenſtuͤrzte. Ich ſagte dir, ſo wie dieſe in das Fleiſch der Lebenden ſchneiden, um unergruͤndliche Ge- heimniſſe zu erforſchen, ſo wuͤtheſt du in der moraliſchen Welt, durch meine zerſtoͤhrende Hand. Du haſt dieſes Winks nicht ge- achtet. Fuͤhle ihn nun tiefer. Sie verdien- ten unter den Ruinen ihrer Schlachtbank be- graben zu werden; aber was hatten die Un- ſchuldigen im Unterſtock verbrochen, die nicht wußten, welche Greuel uͤber ihrem Haupte vorgiengen? Warum mußten auch ſie mit begraben werden? Warum mußte, deine ſchnelle Rache zu befriedigen, eine ſchuldloſe, gluͤckliche Familie mit aufgeopfert werden? Richter und Raͤcher, dieſes haſt
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Italien, und der Koͤnig kehrte beſchaͤmt und
ohne Vortheil heim. So haſt du, wohin
du dich wandteſt, den Saamen des Ungluͤcks
ausgeſtreut, und er fruchtet zum Unheil die
Ewigkeit durch.
Ich hoffe, nun begreifſt du den Fingerzeig,
den ich dir damals gab, als ich das Haus
uͤber die Naturkuͤndiger zuſammenſtuͤrzte.
Ich ſagte dir, ſo wie dieſe in das Fleiſch der
Lebenden ſchneiden, um unergruͤndliche Ge-
heimniſſe zu erforſchen, ſo wuͤtheſt du in der
moraliſchen Welt, durch meine zerſtoͤhrende
Hand. Du haſt dieſes Winks nicht ge-
achtet. Fuͤhle ihn nun tiefer. Sie verdien-
ten unter den Ruinen ihrer Schlachtbank be-
graben zu werden; aber was hatten die Un-
ſchuldigen im Unterſtock verbrochen, die
nicht wußten, welche Greuel uͤber ihrem
Haupte vorgiengen? Warum mußten auch
ſie mit begraben werden? Warum mußte,
deine ſchnelle Rache zu befriedigen, eine
ſchuldloſe, gluͤckliche Familie mit aufgeopfert
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/400>, abgerufen am 25.11.2024.
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