deiner Zeit selbst zerschlagen, du hast es in diesem Augenblick gethan, und die Stunde der Rache ist da, nach der ich so lange ge- seufzt habe. Hier entreiße ich dir deine mächtige Zauberruthe, und feßle dich in den engen Bezirk, den ich nun um dich ziehe. Hier sollst du mich anhören, heulen und zit- tern: ich ziehe die Schrecken aus dem Dun- kel hervor, enthülle die Folgen deiner Tha- ten, und ermorde dich mit langsamer Ver- zweiflung. So jauchze ich, so siege ich über dich!
Thor, du sagst, du hättest den Menschen kennen gelernt? Wo? Wie und wenn? Hast du auch einmal seine Natur erwogen? durchforscht, und abgesondert, was er zu seinem Wesen Fremdes hinzugesezt, daran verpfuscht und verstimmt hat? Hast du ge- nau unterschieden, was aus seinem Herzen, und was aus seiner durch Kunst verdorbe- nen Einbildungskraft fließt? Hast du die Bedürfnisse und Laster, die aus seiner Na- tur entspringen, mit denen verglichen, die
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deiner Zeit ſelbſt zerſchlagen, du haſt es in dieſem Augenblick gethan, und die Stunde der Rache iſt da, nach der ich ſo lange ge- ſeufzt habe. Hier entreiße ich dir deine maͤchtige Zauberruthe, und feßle dich in den engen Bezirk, den ich nun um dich ziehe. Hier ſollſt du mich anhoͤren, heulen und zit- tern: ich ziehe die Schrecken aus dem Dun- kel hervor, enthuͤlle die Folgen deiner Tha- ten, und ermorde dich mit langſamer Ver- zweiflung. So jauchze ich, ſo ſiege ich uͤber dich!
Thor, du ſagſt, du haͤtteſt den Menſchen kennen gelernt? Wo? Wie und wenn? Haſt du auch einmal ſeine Natur erwogen? durchforſcht, und abgeſondert, was er zu ſeinem Weſen Fremdes hinzugeſezt, daran verpfuſcht und verſtimmt hat? Haſt du ge- nau unterſchieden, was aus ſeinem Herzen, und was aus ſeiner durch Kunſt verdorbe- nen Einbildungskraft fließt? Haſt du die Beduͤrfniſſe und Laſter, die aus ſeiner Na- tur entſpringen, mit denen verglichen, die
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deiner Zeit ſelbſt zerſchlagen, du haſt es in
dieſem Augenblick gethan, und die Stunde
der Rache iſt da, nach der ich ſo lange ge-
ſeufzt habe. Hier entreiße ich dir deine
maͤchtige Zauberruthe, und feßle dich in den
engen Bezirk, den ich nun um dich ziehe.
Hier ſollſt du mich anhoͤren, heulen und zit-
tern: ich ziehe die Schrecken aus dem Dun-
kel hervor, enthuͤlle die Folgen deiner Tha-
ten, und ermorde dich mit langſamer Ver-
zweiflung. So jauchze ich, ſo ſiege ich
uͤber dich!
Thor, du ſagſt, du haͤtteſt den Menſchen
kennen gelernt? Wo? Wie und wenn? Haſt
du auch einmal ſeine Natur erwogen?
durchforſcht, und abgeſondert, was er zu
ſeinem Weſen Fremdes hinzugeſezt, daran
verpfuſcht und verſtimmt hat? Haſt du ge-
nau unterſchieden, was aus ſeinem Herzen,
und was aus ſeiner durch Kunſt verdorbe-
nen Einbildungskraft fließt? Haſt du die
Beduͤrfniſſe und Laſter, die aus ſeiner Na-
tur entſpringen, mit denen verglichen, die
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/388>, abgerufen am 25.11.2024.
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