Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

für den Staat nicht ganz, und fragte in
der Gluth des Weins die Anwesenden:
wie er es anfangen müßte, die Einkünfte
des päpstlichen Stuhls zu erhöhen, um das
große Heer einige Feldzüge durch zu unter-
halten. Nach vielen Projekten schlug Fe-
rara von Modena, Bischof von Patria, der
würdige Minister Alexanders, durch wel-
chen er die Aemter der Kirche an den Meist-
bietenden verkaufen ließ, vor, Indulgenzen,
unter dem Vorwand eines bevorstehenden
Türkenkriegs, durch Europa zu predigen,
und sezte als wahrer päpstlicher Finanzier
hinzu: "der thörigte Wahn der Menschen,
"ihre Sünden durch Gold abzukaufen, sey
"die sicherste Quelle des Reichthums eines
"Papstes."

Lucretia, die in dem Schoos ihres Vaters
lag, und mit Fausts blonden Locken spielte,
sagte lächelnd:

"Die Rolle der Indulgenzen enthält sol-
"che abgeschmackte, veraltete und alberne
"Sünden, daß damit nicht viel zu gewin-

"nen
X 4

fuͤr den Staat nicht ganz, und fragte in
der Gluth des Weins die Anweſenden:
wie er es anfangen muͤßte, die Einkuͤnfte
des paͤpſtlichen Stuhls zu erhoͤhen, um das
große Heer einige Feldzuͤge durch zu unter-
halten. Nach vielen Projekten ſchlug Fe-
rara von Modena, Biſchof von Patria, der
wuͤrdige Miniſter Alexanders, durch wel-
chen er die Aemter der Kirche an den Meiſt-
bietenden verkaufen ließ, vor, Indulgenzen,
unter dem Vorwand eines bevorſtehenden
Tuͤrkenkriegs, durch Europa zu predigen,
und ſezte als wahrer paͤpſtlicher Finanzier
hinzu: „der thoͤrigte Wahn der Menſchen,
„ihre Suͤnden durch Gold abzukaufen, ſey
„die ſicherſte Quelle des Reichthums eines
„Papſtes.“

Lucretia, die in dem Schoos ihres Vaters
lag, und mit Fauſts blonden Locken ſpielte,
ſagte laͤchelnd:

„Die Rolle der Indulgenzen enthaͤlt ſol-
„che abgeſchmackte, veraltete und alberne
„Suͤnden, daß damit nicht viel zu gewin-

„nen
X 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0338" n="327"/>
fu&#x0364;r den Staat nicht ganz, und fragte in<lb/>
der Gluth des Weins die Anwe&#x017F;enden:<lb/>
wie er es anfangen mu&#x0364;ßte, die Einku&#x0364;nfte<lb/>
des pa&#x0364;p&#x017F;tlichen Stuhls zu erho&#x0364;hen, um das<lb/>
große Heer einige Feldzu&#x0364;ge durch zu unter-<lb/>
halten. Nach vielen Projekten &#x017F;chlug Fe-<lb/>
rara von Modena, Bi&#x017F;chof von Patria, der<lb/>
wu&#x0364;rdige Mini&#x017F;ter Alexanders, durch wel-<lb/>
chen er die Aemter der Kirche an den Mei&#x017F;t-<lb/>
bietenden verkaufen ließ, vor, Indulgenzen,<lb/>
unter dem Vorwand eines bevor&#x017F;tehenden<lb/>
Tu&#x0364;rkenkriegs, durch Europa zu predigen,<lb/>
und &#x017F;ezte als wahrer pa&#x0364;p&#x017F;tlicher Finanzier<lb/>
hinzu: &#x201E;der tho&#x0364;rigte Wahn der Men&#x017F;chen,<lb/>
&#x201E;ihre Su&#x0364;nden durch Gold abzukaufen, &#x017F;ey<lb/>
&#x201E;die &#x017F;icher&#x017F;te Quelle des Reichthums eines<lb/>
&#x201E;Pap&#x017F;tes.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Lucretia, die in dem Schoos ihres Vaters<lb/>
lag, und mit Fau&#x017F;ts blonden Locken &#x017F;pielte,<lb/>
&#x017F;agte la&#x0364;chelnd:</p><lb/>
          <p>&#x201E;Die Rolle der Indulgenzen entha&#x0364;lt &#x017F;ol-<lb/>
&#x201E;che abge&#x017F;chmackte, veraltete und alberne<lb/>
&#x201E;Su&#x0364;nden, daß damit nicht viel zu gewin-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X 4</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x201E;nen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[327/0338] fuͤr den Staat nicht ganz, und fragte in der Gluth des Weins die Anweſenden: wie er es anfangen muͤßte, die Einkuͤnfte des paͤpſtlichen Stuhls zu erhoͤhen, um das große Heer einige Feldzuͤge durch zu unter- halten. Nach vielen Projekten ſchlug Fe- rara von Modena, Biſchof von Patria, der wuͤrdige Miniſter Alexanders, durch wel- chen er die Aemter der Kirche an den Meiſt- bietenden verkaufen ließ, vor, Indulgenzen, unter dem Vorwand eines bevorſtehenden Tuͤrkenkriegs, durch Europa zu predigen, und ſezte als wahrer paͤpſtlicher Finanzier hinzu: „der thoͤrigte Wahn der Menſchen, „ihre Suͤnden durch Gold abzukaufen, ſey „die ſicherſte Quelle des Reichthums eines „Papſtes.“ Lucretia, die in dem Schoos ihres Vaters lag, und mit Fauſts blonden Locken ſpielte, ſagte laͤchelnd: „Die Rolle der Indulgenzen enthaͤlt ſol- „che abgeſchmackte, veraltete und alberne „Suͤnden, daß damit nicht viel zu gewin- „nen X 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/338
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/338>, abgerufen am 22.11.2024.