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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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denen, die wir noch sehen werden, würde
deiner Rache entgehen?

Faust. Und wäre es nicht ein verdienstli-
ches Werk, wenn ich gleich einem zweyten
Herkules herumzöge, und Europas stolze
Throne von diesen Ungeheuern reinigte?

Teufel. Kurzsichtiger, beweist nicht eure
verdorbene Natur daß ihr sie braucht, und
würden nicht neue Ungeheuer aus ihrer
Asche aufleben? des Mordens würde kein
Ende werden, die Völker sich trennen, und
sich durch bürgerliche Kriege aufreiben. Du
siehst Millionen hier, die diesen Wütherich,
wie sie ihn nennen, in Geduld ertragen,
sich schinden lassen, ohne von Rache ent-
flammt zu werden. Sahen sie nicht diesen
edlen Herzog hinrichten, wie ein Schaf,
und genossen mit ängstlichem und peinvollen
Vergnügen des tragischen Schauspiels? Be-
weist dieses nicht, daß sie ihr Schicksal ver-
dienen, und keines bessern werth sind; daß
sie als Sclaven des Himmels und ihrer Na-
tur, das Joch ertragen müssen, wie man es

ihnen
Fausts Leben. R

denen, die wir noch ſehen werden, wuͤrde
deiner Rache entgehen?

Fauſt. Und waͤre es nicht ein verdienſtli-
ches Werk, wenn ich gleich einem zweyten
Herkules herumzoͤge, und Europas ſtolze
Throne von dieſen Ungeheuern reinigte?

Teufel. Kurzſichtiger, beweiſt nicht eure
verdorbene Natur daß ihr ſie braucht, und
wuͤrden nicht neue Ungeheuer aus ihrer
Aſche aufleben? des Mordens wuͤrde kein
Ende werden, die Voͤlker ſich trennen, und
ſich durch buͤrgerliche Kriege aufreiben. Du
ſiehſt Millionen hier, die dieſen Wuͤtherich,
wie ſie ihn nennen, in Geduld ertragen,
ſich ſchinden laſſen, ohne von Rache ent-
flammt zu werden. Sahen ſie nicht dieſen
edlen Herzog hinrichten, wie ein Schaf,
und genoſſen mit aͤngſtlichem und peinvollen
Vergnuͤgen des tragiſchen Schauſpiels? Be-
weiſt dieſes nicht, daß ſie ihr Schickſal ver-
dienen, und keines beſſern werth ſind; daß
ſie als Sclaven des Himmels und ihrer Na-
tur, das Joch ertragen muͤſſen, wie man es

ihnen
Fauſts Leben. R
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[257/0268] denen, die wir noch ſehen werden, wuͤrde deiner Rache entgehen? Fauſt. Und waͤre es nicht ein verdienſtli- ches Werk, wenn ich gleich einem zweyten Herkules herumzoͤge, und Europas ſtolze Throne von dieſen Ungeheuern reinigte? Teufel. Kurzſichtiger, beweiſt nicht eure verdorbene Natur daß ihr ſie braucht, und wuͤrden nicht neue Ungeheuer aus ihrer Aſche aufleben? des Mordens wuͤrde kein Ende werden, die Voͤlker ſich trennen, und ſich durch buͤrgerliche Kriege aufreiben. Du ſiehſt Millionen hier, die dieſen Wuͤtherich, wie ſie ihn nennen, in Geduld ertragen, ſich ſchinden laſſen, ohne von Rache ent- flammt zu werden. Sahen ſie nicht dieſen edlen Herzog hinrichten, wie ein Schaf, und genoſſen mit aͤngſtlichem und peinvollen Vergnuͤgen des tragiſchen Schauſpiels? Be- weiſt dieſes nicht, daß ſie ihr Schickſal ver- dienen, und keines beſſern werth ſind; daß ſie als Sclaven des Himmels und ihrer Na- tur, das Joch ertragen muͤſſen, wie man es ihnen Fauſts Leben. R

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/268>, abgerufen am 22.11.2024.