Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

ihnen auflegt? Wenn dein Sinn durch die
Wollust noch nicht ganz verraucht ist, so
reime dieses mit den Schulbegriffen deiner
Moral zusammen, ich bin kein Lehrer des
Lichts, in der Finsterniß, die euch umgiebt.
Ich kann meine Hand nicht an den Gesalb-
ten legen, der so wacker für die Hölle ar-
beitet, kann den Faden nicht zerreißen, an
welchem ein Mächtigerer wie ich, durch ihn
dieses Volk leitet.

Faust. Wie gewissenhaft auf einmal mein
Teufel geworden ist! Wie schnell warst du
fertig, da ich dir auftrug, den teutschen
Fürsten zu erwürgen, ist dir der Franzose
mehr werth?

Teufel. Er war zu Verbrechen nicht ge-
salbt wie dieser hier, und wenn ich deinen
Wink erfüllte, so sah ich aus der That Nu-
tzen für die Hölle; einst wird es dir klar wer-
den! Warum willst du, daß ich gegen meine
eigne Eingeweide wüthen soll? Ist er es
nicht, der den Grundstein zu dem Despotis-
mus legt, der durch Jahrhunderte wachsen,

bis

ihnen auflegt? Wenn dein Sinn durch die
Wolluſt noch nicht ganz verraucht iſt, ſo
reime dieſes mit den Schulbegriffen deiner
Moral zuſammen, ich bin kein Lehrer des
Lichts, in der Finſterniß, die euch umgiebt.
Ich kann meine Hand nicht an den Geſalb-
ten legen, der ſo wacker fuͤr die Hoͤlle ar-
beitet, kann den Faden nicht zerreißen, an
welchem ein Maͤchtigerer wie ich, durch ihn
dieſes Volk leitet.

Fauſt. Wie gewiſſenhaft auf einmal mein
Teufel geworden iſt! Wie ſchnell warſt du
fertig, da ich dir auftrug, den teutſchen
Fuͤrſten zu erwuͤrgen, iſt dir der Franzoſe
mehr werth?

Teufel. Er war zu Verbrechen nicht ge-
ſalbt wie dieſer hier, und wenn ich deinen
Wink erfuͤllte, ſo ſah ich aus der That Nu-
tzen fuͤr die Hoͤlle; einſt wird es dir klar wer-
den! Warum willſt du, daß ich gegen meine
eigne Eingeweide wuͤthen ſoll? Iſt er es
nicht, der den Grundſtein zu dem Deſpotis-
mus legt, der durch Jahrhunderte wachſen,

bis
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0269" n="258"/>
ihnen auflegt? Wenn dein Sinn durch die<lb/>
Wollu&#x017F;t noch nicht ganz verraucht i&#x017F;t, &#x017F;o<lb/>
reime die&#x017F;es mit den Schulbegriffen deiner<lb/>
Moral zu&#x017F;ammen, ich bin kein Lehrer des<lb/>
Lichts, in der Fin&#x017F;terniß, die euch umgiebt.<lb/>
Ich kann meine Hand nicht an den Ge&#x017F;alb-<lb/>
ten legen, der &#x017F;o wacker fu&#x0364;r die Ho&#x0364;lle ar-<lb/>
beitet, kann den Faden nicht zerreißen, an<lb/>
welchem ein Ma&#x0364;chtigerer wie ich, durch ihn<lb/>
die&#x017F;es Volk leitet.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Fau&#x017F;t.</hi> Wie gewi&#x017F;&#x017F;enhaft auf einmal mein<lb/>
Teufel geworden i&#x017F;t! Wie &#x017F;chnell war&#x017F;t du<lb/>
fertig, da ich dir auftrug, den teut&#x017F;chen<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten zu erwu&#x0364;rgen, i&#x017F;t dir der Franzo&#x017F;e<lb/>
mehr werth?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Teufel.</hi> Er war zu Verbrechen nicht ge-<lb/>
&#x017F;albt wie die&#x017F;er hier, und wenn ich deinen<lb/>
Wink erfu&#x0364;llte, &#x017F;o &#x017F;ah ich aus der That Nu-<lb/>
tzen fu&#x0364;r die Ho&#x0364;lle; ein&#x017F;t wird es dir klar wer-<lb/>
den! Warum will&#x017F;t du, daß ich gegen meine<lb/>
eigne Eingeweide wu&#x0364;then &#x017F;oll? I&#x017F;t er es<lb/>
nicht, der den Grund&#x017F;tein zu dem De&#x017F;potis-<lb/>
mus legt, der durch Jahrhunderte wach&#x017F;en,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bis</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[258/0269] ihnen auflegt? Wenn dein Sinn durch die Wolluſt noch nicht ganz verraucht iſt, ſo reime dieſes mit den Schulbegriffen deiner Moral zuſammen, ich bin kein Lehrer des Lichts, in der Finſterniß, die euch umgiebt. Ich kann meine Hand nicht an den Geſalb- ten legen, der ſo wacker fuͤr die Hoͤlle ar- beitet, kann den Faden nicht zerreißen, an welchem ein Maͤchtigerer wie ich, durch ihn dieſes Volk leitet. Fauſt. Wie gewiſſenhaft auf einmal mein Teufel geworden iſt! Wie ſchnell warſt du fertig, da ich dir auftrug, den teutſchen Fuͤrſten zu erwuͤrgen, iſt dir der Franzoſe mehr werth? Teufel. Er war zu Verbrechen nicht ge- ſalbt wie dieſer hier, und wenn ich deinen Wink erfuͤllte, ſo ſah ich aus der That Nu- tzen fuͤr die Hoͤlle; einſt wird es dir klar wer- den! Warum willſt du, daß ich gegen meine eigne Eingeweide wuͤthen ſoll? Iſt er es nicht, der den Grundſtein zu dem Deſpotis- mus legt, der durch Jahrhunderte wachſen, bis

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/269
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/269>, abgerufen am 22.11.2024.