Nach dem Befehl des Königs, der diese Hinrichtung mit der kalten Bedachtsamkeit eingerichtet hatte, wie man ein Schauspiel zum Vergnügen anordnet, wurden die Söh- ne von ihm gerissen, unter das Gerüst ge- führt, daß das Blut ihres hingerichteten Vaters auf ihre weisse Gewänder träufle. Der Schrey, den der Vater in diesem Au- genblick ausstieß, schauderte durch die Her- zen aller Anwesenden, nur Tristan der Hen- ker und Busenfreund des Königs, der schon so viele Tausende seiner Wuth geopfert, be- fühlte dabey lächelnd die Schärfe des Schwerdts. Faust glaubte, dieser Ton müsse die Feste des Himmels durchdringen, und ihn zum Rächer der verlezten Mensch- heit machen. Er sah grimmig aufwärts, und sein vermeßner Blick machte den Höch- sten zum Mitschuldigen der schaudervollen That. Er war einen Augenblick in Versu- chung, ihn mit seinen Kindern durch den
Teufel
ihn durch die Thuͤre auf das Blut- geruͤſte.
Nach dem Befehl des Koͤnigs, der dieſe Hinrichtung mit der kalten Bedachtſamkeit eingerichtet hatte, wie man ein Schauſpiel zum Vergnuͤgen anordnet, wurden die Soͤh- ne von ihm geriſſen, unter das Geruͤſt ge- fuͤhrt, daß das Blut ihres hingerichteten Vaters auf ihre weiſſe Gewaͤnder traͤufle. Der Schrey, den der Vater in dieſem Au- genblick ausſtieß, ſchauderte durch die Her- zen aller Anweſenden, nur Triſtan der Hen- ker und Buſenfreund des Koͤnigs, der ſchon ſo viele Tauſende ſeiner Wuth geopfert, be- fuͤhlte dabey laͤchelnd die Schaͤrfe des Schwerdts. Fauſt glaubte, dieſer Ton muͤſſe die Feſte des Himmels durchdringen, und ihn zum Raͤcher der verlezten Menſch- heit machen. Er ſah grimmig aufwaͤrts, und ſein vermeßner Blick machte den Hoͤch- ſten zum Mitſchuldigen der ſchaudervollen That. Er war einen Augenblick in Verſu- chung, ihn mit ſeinen Kindern durch den
Teufel
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ihn durch die Thuͤre auf das Blut-
geruͤſte.
Nach dem Befehl des Koͤnigs, der dieſe
Hinrichtung mit der kalten Bedachtſamkeit
eingerichtet hatte, wie man ein Schauſpiel
zum Vergnuͤgen anordnet, wurden die Soͤh-
ne von ihm geriſſen, unter das Geruͤſt ge-
fuͤhrt, daß das Blut ihres hingerichteten
Vaters auf ihre weiſſe Gewaͤnder traͤufle.
Der Schrey, den der Vater in dieſem Au-
genblick ausſtieß, ſchauderte durch die Her-
zen aller Anweſenden, nur Triſtan der Hen-
ker und Buſenfreund des Koͤnigs, der ſchon
ſo viele Tauſende ſeiner Wuth geopfert, be-
fuͤhlte dabey laͤchelnd die Schaͤrfe des
Schwerdts. Fauſt glaubte, dieſer Ton
muͤſſe die Feſte des Himmels durchdringen,
und ihn zum Raͤcher der verlezten Menſch-
heit machen. Er ſah grimmig aufwaͤrts,
und ſein vermeßner Blick machte den Hoͤch-
ſten zum Mitſchuldigen der ſchaudervollen
That. Er war einen Augenblick in Verſu-
chung, ihn mit ſeinen Kindern durch den
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/265>, abgerufen am 22.11.2024.
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