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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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Faust. Hämischer Teufel, und der Mann
den du da mahlst, könnte der Busenfreund
des Fürsten von *** seyn?

Teufel. Es wird sich schon zeigen, was
er ihm ist; ich sage dir, es ist etwas auf
dem Wege. Hast du diesen Abend den Mi-
nister bemerkt?

Faust. Er scheint beklommen und düster.

Teufel. Dies ist nun einer von den Men-
schen, die ihr wackre Männer nennt. Groß-
müthig, arbeitsam und gerecht; aber so wie
es euch immer geht, ein einziger Gran falschen
Zusatzes schnellt schon die Wage hinauf.
Dieser ist bey ihm der Sinn der Zärtlichkeit
für das andre Geschlecht, und da er aus
Grundsätzen die Einseegnung des Priesters
zu seinem Vergnügen braucht, so vernarrte
er sich nach dem Tod seiner ersten Gemahlin
in das Weib, das du gesehen hast. Durch
sie gab er seinen erwachsnen Kindern eine
Stiefmutter, seinen Sinnen einen kurzen
Genuß, und zertrümmerte das Gebäude
seines Glücks. Sie nuzte seine Verblen-

dung,

Fauſt. Haͤmiſcher Teufel, und der Mann
den du da mahlſt, koͤnnte der Buſenfreund
des Fuͤrſten von *** ſeyn?

Teufel. Es wird ſich ſchon zeigen, was
er ihm iſt; ich ſage dir, es iſt etwas auf
dem Wege. Haſt du dieſen Abend den Mi-
niſter bemerkt?

Fauſt. Er ſcheint beklommen und duͤſter.

Teufel. Dies iſt nun einer von den Men-
ſchen, die ihr wackre Maͤnner nennt. Groß-
muͤthig, arbeitſam und gerecht; aber ſo wie
es euch immer geht, ein einziger Gran falſchen
Zuſatzes ſchnellt ſchon die Wage hinauf.
Dieſer iſt bey ihm der Sinn der Zaͤrtlichkeit
fuͤr das andre Geſchlecht, und da er aus
Grundſaͤtzen die Einſeegnung des Prieſters
zu ſeinem Vergnuͤgen braucht, ſo vernarrte
er ſich nach dem Tod ſeiner erſten Gemahlin
in das Weib, das du geſehen haſt. Durch
ſie gab er ſeinen erwachſnen Kindern eine
Stiefmutter, ſeinen Sinnen einen kurzen
Genuß, und zertruͤmmerte das Gebaͤude
ſeines Gluͤcks. Sie nuzte ſeine Verblen-

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[182/0193] Fauſt. Haͤmiſcher Teufel, und der Mann den du da mahlſt, koͤnnte der Buſenfreund des Fuͤrſten von *** ſeyn? Teufel. Es wird ſich ſchon zeigen, was er ihm iſt; ich ſage dir, es iſt etwas auf dem Wege. Haſt du dieſen Abend den Mi- niſter bemerkt? Fauſt. Er ſcheint beklommen und duͤſter. Teufel. Dies iſt nun einer von den Men- ſchen, die ihr wackre Maͤnner nennt. Groß- muͤthig, arbeitſam und gerecht; aber ſo wie es euch immer geht, ein einziger Gran falſchen Zuſatzes ſchnellt ſchon die Wage hinauf. Dieſer iſt bey ihm der Sinn der Zaͤrtlichkeit fuͤr das andre Geſchlecht, und da er aus Grundſaͤtzen die Einſeegnung des Prieſters zu ſeinem Vergnuͤgen braucht, ſo vernarrte er ſich nach dem Tod ſeiner erſten Gemahlin in das Weib, das du geſehen haſt. Durch ſie gab er ſeinen erwachſnen Kindern eine Stiefmutter, ſeinen Sinnen einen kurzen Genuß, und zertruͤmmerte das Gebaͤude ſeines Gluͤcks. Sie nuzte ſeine Verblen- dung,

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/193>, abgerufen am 24.11.2024.