Teufel. Verzweifelt nicht, liebe Schwe- ster, für ein Uebel das noch nicht gesche- hen ist, kann man immer Mittel finden.
Aebtissin. Und was rathet ihr mir Un- glücklichen? Ach, der Himmel erbarme sich, was soll aus mir, was soll aus den Non- nen werden?
Teufel. Ich sagte euch schon, daß es oft besser sey, eine kleine Sünde zu begehen, um einer größern vorzukommen, und ihr selbst bewießt es aus den Kirchenvätern, und setztet hinzu, daß man dadurch den Absichten des Teufels, und derer er sich bedient, ent- gegen arbeitet; aber liebe Schwester, dazu gehört Muth und Verstand, es so einzufä- deln, daß ein Dritter die Hauptsünde davon trage, und man ohne Gefahr für sich und seine Seele seinen Zweck erhalte.
Aebtissin. Ach, liebe Schwester, und wie ist das anzufangen?
Teufel. Ich bin einmal in unserm Klo- ster in gleichem Fall gewesen, die fromme Schwester Agathe hier, ist mein Zeuge, sie
hat
Teufel. Verzweifelt nicht, liebe Schwe- ſter, fuͤr ein Uebel das noch nicht geſche- hen iſt, kann man immer Mittel finden.
Aebtiſſin. Und was rathet ihr mir Un- gluͤcklichen? Ach, der Himmel erbarme ſich, was ſoll aus mir, was ſoll aus den Non- nen werden?
Teufel. Ich ſagte euch ſchon, daß es oft beſſer ſey, eine kleine Suͤnde zu begehen, um einer groͤßern vorzukommen, und ihr ſelbſt bewießt es aus den Kirchenvaͤtern, und ſetztet hinzu, daß man dadurch den Abſichten des Teufels, und derer er ſich bedient, ent- gegen arbeitet; aber liebe Schweſter, dazu gehoͤrt Muth und Verſtand, es ſo einzufaͤ- deln, daß ein Dritter die Hauptſuͤnde davon trage, und man ohne Gefahr fuͤr ſich und ſeine Seele ſeinen Zweck erhalte.
Aebtiſſin. Ach, liebe Schweſter, und wie iſt das anzufangen?
Teufel. Ich bin einmal in unſerm Klo- ſter in gleichem Fall geweſen, die fromme Schweſter Agathe hier, iſt mein Zeuge, ſie
hat
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0154"n="143"/><p><hirendition="#fr">Teufel</hi>. Verzweifelt nicht, liebe Schwe-<lb/>ſter, fuͤr ein Uebel das noch nicht geſche-<lb/>
hen iſt, kann man immer Mittel finden.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Aebtiſſin</hi>. Und was rathet ihr mir Un-<lb/>
gluͤcklichen? Ach, der Himmel erbarme ſich,<lb/>
was ſoll aus mir, was ſoll aus den Non-<lb/>
nen werden?</p><lb/><p><hirendition="#fr">Teufel</hi>. Ich ſagte euch ſchon, daß es<lb/>
oft beſſer ſey, eine kleine Suͤnde zu begehen,<lb/>
um einer groͤßern vorzukommen, und ihr<lb/>ſelbſt bewießt es aus den Kirchenvaͤtern, und<lb/>ſetztet hinzu, daß man dadurch den Abſichten<lb/>
des Teufels, und derer er ſich bedient, ent-<lb/>
gegen arbeitet; aber liebe Schweſter, dazu<lb/>
gehoͤrt Muth und Verſtand, es ſo einzufaͤ-<lb/>
deln, daß ein Dritter die Hauptſuͤnde davon<lb/>
trage, und man ohne Gefahr fuͤr ſich und<lb/>ſeine Seele ſeinen Zweck erhalte.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Aebtiſſin</hi>. Ach, liebe Schweſter, und wie<lb/>
iſt das anzufangen?</p><lb/><p><hirendition="#fr">Teufel</hi>. Ich bin einmal in unſerm Klo-<lb/>ſter in gleichem Fall geweſen, die fromme<lb/>
Schweſter Agathe hier, iſt mein Zeuge, ſie<lb/><fwplace="bottom"type="catch">hat</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[143/0154]
Teufel. Verzweifelt nicht, liebe Schwe-
ſter, fuͤr ein Uebel das noch nicht geſche-
hen iſt, kann man immer Mittel finden.
Aebtiſſin. Und was rathet ihr mir Un-
gluͤcklichen? Ach, der Himmel erbarme ſich,
was ſoll aus mir, was ſoll aus den Non-
nen werden?
Teufel. Ich ſagte euch ſchon, daß es
oft beſſer ſey, eine kleine Suͤnde zu begehen,
um einer groͤßern vorzukommen, und ihr
ſelbſt bewießt es aus den Kirchenvaͤtern, und
ſetztet hinzu, daß man dadurch den Abſichten
des Teufels, und derer er ſich bedient, ent-
gegen arbeitet; aber liebe Schweſter, dazu
gehoͤrt Muth und Verſtand, es ſo einzufaͤ-
deln, daß ein Dritter die Hauptſuͤnde davon
trage, und man ohne Gefahr fuͤr ſich und
ſeine Seele ſeinen Zweck erhalte.
Aebtiſſin. Ach, liebe Schweſter, und wie
iſt das anzufangen?
Teufel. Ich bin einmal in unſerm Klo-
ſter in gleichem Fall geweſen, die fromme
Schweſter Agathe hier, iſt mein Zeuge, ſie
hat
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/154>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.