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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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Aebtissin. Ihr erschreckt mich, daß ich
am ganzen Leibe zittre. Laßt mich doch
nachsinnen -- ja, ja, nun erinnre ich
mich -- ich schlafe sehr unruhig -- träu-
me von Kirchhof und Leichen -- und vor
einigen Tagen -- o gewiß ist dies ein Zei-
chen und Warnung. Vor einigen Tagen,
liebe Schwester, gieng ich mit dem Hünd-
chen, das dort schläft, und das ein gar
sittsames Thier ist, spazieren. Ich war ganz
allein, und die Nonnen erzählten sich unter
den Linden Mährchen. Auf einmal sprang
der große Hund des Gärtners nach meiner
Pietas, so heißt das Hündchen, und wollte
das Werk des Teufels mit ihr treiben. Ich
bebte an allen Gliedern, schlug ein Kreuz
nach dem andern vor die Brust, es wollte
alles nichts helfen. Endlich schlug ich mit
meinem Stabe auf den großen Hund, schlug
aus Leibeskräften auf das häßliche Thier,
das das Kloster entweihte, und schlug,
schlug bis der Stab, den mir der hochsee-
lige Erzbischof bey meiner Einweihung als

Aebtis-

Aebtiſſin. Ihr erſchreckt mich, daß ich
am ganzen Leibe zittre. Laßt mich doch
nachſinnen — ja, ja, nun erinnre ich
mich — ich ſchlafe ſehr unruhig — traͤu-
me von Kirchhof und Leichen — und vor
einigen Tagen — o gewiß iſt dies ein Zei-
chen und Warnung. Vor einigen Tagen,
liebe Schweſter, gieng ich mit dem Huͤnd-
chen, das dort ſchlaͤft, und das ein gar
ſittſames Thier iſt, ſpazieren. Ich war ganz
allein, und die Nonnen erzaͤhlten ſich unter
den Linden Maͤhrchen. Auf einmal ſprang
der große Hund des Gaͤrtners nach meiner
Pietas, ſo heißt das Huͤndchen, und wollte
das Werk des Teufels mit ihr treiben. Ich
bebte an allen Gliedern, ſchlug ein Kreuz
nach dem andern vor die Bruſt, es wollte
alles nichts helfen. Endlich ſchlug ich mit
meinem Stabe auf den großen Hund, ſchlug
aus Leibeskraͤften auf das haͤßliche Thier,
das das Kloſter entweihte, und ſchlug,
ſchlug bis der Stab, den mir der hochſee-
lige Erzbiſchof bey meiner Einweihung als

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[140/0151] Aebtiſſin. Ihr erſchreckt mich, daß ich am ganzen Leibe zittre. Laßt mich doch nachſinnen — ja, ja, nun erinnre ich mich — ich ſchlafe ſehr unruhig — traͤu- me von Kirchhof und Leichen — und vor einigen Tagen — o gewiß iſt dies ein Zei- chen und Warnung. Vor einigen Tagen, liebe Schweſter, gieng ich mit dem Huͤnd- chen, das dort ſchlaͤft, und das ein gar ſittſames Thier iſt, ſpazieren. Ich war ganz allein, und die Nonnen erzaͤhlten ſich unter den Linden Maͤhrchen. Auf einmal ſprang der große Hund des Gaͤrtners nach meiner Pietas, ſo heißt das Huͤndchen, und wollte das Werk des Teufels mit ihr treiben. Ich bebte an allen Gliedern, ſchlug ein Kreuz nach dem andern vor die Bruſt, es wollte alles nichts helfen. Endlich ſchlug ich mit meinem Stabe auf den großen Hund, ſchlug aus Leibeskraͤften auf das haͤßliche Thier, das das Kloſter entweihte, und ſchlug, ſchlug bis der Stab, den mir der hochſee- lige Erzbiſchof bey meiner Einweihung als Aebtiſ-

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/151>, abgerufen am 23.11.2024.