chen, die euch anvertraut sind; was wird aus ihnen werden, wenn sie euch ver- liehren?
Aebtissin. Liebe Schwester, seyd darum un- besorgt; ob ich gleich alt bin, so bin ich doch, dem Himmel sey Dank, gesund und frisch, und die kleinen Ungemächlichkeiten, ach! eine Folge der Enthaltsamkeit, des strengen Lebens und der Buße, sichern eher mein hin- fälliges Leben, als daß sie es bedrohen. Wenigstens sagt mir dies immer der Arzt des Klosters, wenn ich mich beklage.
Der Teufel sah sie bedeu- tend an:
Habt ihr denn gar keine Ahndung von dem, was euch bevorsteht? Kein warnen- des Traumgesicht? Hat sich seit einiger Zeit gar nichts im Kloster zugetragen, das euch aufmerksam auf die Zukunft macht? Es pflegt doch gewöhnlich zu geschehen, daß fromme Seelen durch gewisse Zeichen von dem unterrichtet werden, was ihnen bevor- steht.
Aebtis-
chen, die euch anvertraut ſind; was wird aus ihnen werden, wenn ſie euch ver- liehren?
Aebtiſſin. Liebe Schweſter, ſeyd darum un- beſorgt; ob ich gleich alt bin, ſo bin ich doch, dem Himmel ſey Dank, geſund und friſch, und die kleinen Ungemaͤchlichkeiten, ach! eine Folge der Enthaltſamkeit, des ſtrengen Lebens und der Buße, ſichern eher mein hin- faͤlliges Leben, als daß ſie es bedrohen. Wenigſtens ſagt mir dies immer der Arzt des Kloſters, wenn ich mich beklage.
Der Teufel ſah ſie bedeu- tend an:
Habt ihr denn gar keine Ahndung von dem, was euch bevorſteht? Kein warnen- des Traumgeſicht? Hat ſich ſeit einiger Zeit gar nichts im Kloſter zugetragen, das euch aufmerkſam auf die Zukunft macht? Es pflegt doch gewoͤhnlich zu geſchehen, daß fromme Seelen durch gewiſſe Zeichen von dem unterrichtet werden, was ihnen bevor- ſteht.
Aebtiſ-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0150"n="139"/>
chen, die euch anvertraut ſind; was wird<lb/>
aus ihnen werden, wenn ſie euch ver-<lb/>
liehren?</p><lb/><p><hirendition="#fr">Aebtiſſin</hi>. Liebe Schweſter, ſeyd darum un-<lb/>
beſorgt; ob ich gleich alt bin, ſo bin ich doch,<lb/>
dem Himmel ſey Dank, geſund und friſch,<lb/>
und die kleinen Ungemaͤchlichkeiten, ach!<lb/>
eine Folge der Enthaltſamkeit, des ſtrengen<lb/>
Lebens und der Buße, ſichern eher mein hin-<lb/>
faͤlliges Leben, als daß ſie es bedrohen.<lb/>
Wenigſtens ſagt mir dies immer der Arzt<lb/>
des Kloſters, wenn ich mich beklage.</p><lb/><p><hirendition="#g">Der Teufel ſah ſie bedeu-<lb/>
tend an</hi>:</p><lb/><p>Habt ihr denn gar keine Ahndung von<lb/>
dem, was euch bevorſteht? Kein warnen-<lb/>
des Traumgeſicht? Hat ſich ſeit einiger<lb/>
Zeit gar nichts im Kloſter zugetragen, das<lb/>
euch aufmerkſam auf die Zukunft macht?<lb/>
Es pflegt doch gewoͤhnlich zu geſchehen, daß<lb/>
fromme Seelen durch gewiſſe Zeichen von<lb/>
dem unterrichtet werden, was ihnen bevor-<lb/>ſteht.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Aebtiſ-</hi></fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[139/0150]
chen, die euch anvertraut ſind; was wird
aus ihnen werden, wenn ſie euch ver-
liehren?
Aebtiſſin. Liebe Schweſter, ſeyd darum un-
beſorgt; ob ich gleich alt bin, ſo bin ich doch,
dem Himmel ſey Dank, geſund und friſch,
und die kleinen Ungemaͤchlichkeiten, ach!
eine Folge der Enthaltſamkeit, des ſtrengen
Lebens und der Buße, ſichern eher mein hin-
faͤlliges Leben, als daß ſie es bedrohen.
Wenigſtens ſagt mir dies immer der Arzt
des Kloſters, wenn ich mich beklage.
Der Teufel ſah ſie bedeu-
tend an:
Habt ihr denn gar keine Ahndung von
dem, was euch bevorſteht? Kein warnen-
des Traumgeſicht? Hat ſich ſeit einiger
Zeit gar nichts im Kloſter zugetragen, das
euch aufmerkſam auf die Zukunft macht?
Es pflegt doch gewoͤhnlich zu geſchehen, daß
fromme Seelen durch gewiſſe Zeichen von
dem unterrichtet werden, was ihnen bevor-
ſteht.
Aebtiſ-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/150>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.