Sie. Stille, stille, mein Schatz, ich den- ke, daß uns, wenn der Kaiserliche Gesand- te einem andern aus dem Rath die Bedin- gung vertraute, die Gelegenheit entwischen wird.
Er. Verzweifelt, Mäuschen, laß uns eilen, daß uns keiner zuvorkomme.
Die Gesellschaft hatte sich indessen in dem Garten zerstreut, der Bürgermeister schlich hinter dem Faust her, und sagte ihm leise in's Ohr: "es würde seiner Frau eine "Ehre seyn, den Adelsbrief aus seinen Hän- "den zu empfangen, nur möchte er sich ohne "Aufsehen auf der Hintertreppe, die er ihm "zeigen wollte, zu ihr begeben, er denke übri- "gens, es sey nur eine Grille von ihm, und "er fürchte nichts von einem Manne, der "so viel Ehrgefühl und Gewissen zeigte." Er führte ihn hierauf zur Hintertreppe, Faust schlich hinauf, trat in das Schlaf- zimmer, und fand die Bürgermeisterin in der wollüstigsten Verwirrung. Er raste an ihrem schwellenden Busen seine Gluth aus,
und
Sie. Stille, ſtille, mein Schatz, ich den- ke, daß uns, wenn der Kaiſerliche Geſand- te einem andern aus dem Rath die Bedin- gung vertraute, die Gelegenheit entwiſchen wird.
Er. Verzweifelt, Maͤuschen, laß uns eilen, daß uns keiner zuvorkomme.
Die Geſellſchaft hatte ſich indeſſen in dem Garten zerſtreut, der Buͤrgermeiſter ſchlich hinter dem Fauſt her, und ſagte ihm leiſe in’s Ohr: „es wuͤrde ſeiner Frau eine „Ehre ſeyn, den Adelsbrief aus ſeinen Haͤn- „den zu empfangen, nur moͤchte er ſich ohne „Aufſehen auf der Hintertreppe, die er ihm „zeigen wollte, zu ihr begeben, er denke uͤbri- „gens, es ſey nur eine Grille von ihm, und „er fuͤrchte nichts von einem Manne, der „ſo viel Ehrgefuͤhl und Gewiſſen zeigte.“ Er fuͤhrte ihn hierauf zur Hintertreppe, Fauſt ſchlich hinauf, trat in das Schlaf- zimmer, und fand die Buͤrgermeiſterin in der wolluͤſtigſten Verwirrung. Er raſte an ihrem ſchwellenden Buſen ſeine Gluth aus,
und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0113"n="102"/><p><hirendition="#fr">Sie</hi>. Stille, ſtille, mein Schatz, ich den-<lb/>
ke, daß uns, wenn der Kaiſerliche Geſand-<lb/>
te einem andern aus dem Rath die Bedin-<lb/>
gung vertraute, die Gelegenheit entwiſchen<lb/>
wird.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Er</hi>. Verzweifelt, Maͤuschen, laß uns<lb/>
eilen, daß uns keiner zuvorkomme.</p><lb/><p>Die Geſellſchaft hatte ſich indeſſen in dem<lb/>
Garten zerſtreut, der Buͤrgermeiſter ſchlich<lb/>
hinter dem Fauſt her, und ſagte ihm<lb/>
leiſe in’s Ohr: „es wuͤrde ſeiner Frau eine<lb/>„Ehre ſeyn, den Adelsbrief aus ſeinen Haͤn-<lb/>„den zu empfangen, nur moͤchte er ſich ohne<lb/>„Aufſehen auf der Hintertreppe, die er ihm<lb/>„zeigen wollte, zu ihr begeben, er denke uͤbri-<lb/>„gens, es ſey nur eine Grille von ihm, und<lb/>„er fuͤrchte nichts von einem Manne, der<lb/>„ſo viel Ehrgefuͤhl und Gewiſſen zeigte.“<lb/>
Er fuͤhrte ihn hierauf zur Hintertreppe,<lb/>
Fauſt ſchlich hinauf, trat in das Schlaf-<lb/>
zimmer, und fand die Buͤrgermeiſterin in<lb/>
der wolluͤſtigſten Verwirrung. Er raſte an<lb/>
ihrem ſchwellenden Buſen ſeine Gluth aus,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[102/0113]
Sie. Stille, ſtille, mein Schatz, ich den-
ke, daß uns, wenn der Kaiſerliche Geſand-
te einem andern aus dem Rath die Bedin-
gung vertraute, die Gelegenheit entwiſchen
wird.
Er. Verzweifelt, Maͤuschen, laß uns
eilen, daß uns keiner zuvorkomme.
Die Geſellſchaft hatte ſich indeſſen in dem
Garten zerſtreut, der Buͤrgermeiſter ſchlich
hinter dem Fauſt her, und ſagte ihm
leiſe in’s Ohr: „es wuͤrde ſeiner Frau eine
„Ehre ſeyn, den Adelsbrief aus ſeinen Haͤn-
„den zu empfangen, nur moͤchte er ſich ohne
„Aufſehen auf der Hintertreppe, die er ihm
„zeigen wollte, zu ihr begeben, er denke uͤbri-
„gens, es ſey nur eine Grille von ihm, und
„er fuͤrchte nichts von einem Manne, der
„ſo viel Ehrgefuͤhl und Gewiſſen zeigte.“
Er fuͤhrte ihn hierauf zur Hintertreppe,
Fauſt ſchlich hinauf, trat in das Schlaf-
zimmer, und fand die Buͤrgermeiſterin in
der wolluͤſtigſten Verwirrung. Er raſte an
ihrem ſchwellenden Buſen ſeine Gluth aus,
und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/113>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.