Mühe gebe, nicht umgehen kann -- zu mei- ner Liebeserklärung!
Zorniger, wilder, menschenfeindlicher hat es in mir seit meiner Geburt nicht ausgese- hen, als in diesem Augenblicke, wo ich es dir aufgebracht hinschreibe, daß ich dich liebe, dich anbete, und daß ich nach dem Wunsche dich zu hassen und zu verabscheuen, keinen sehnlichern hege, als das Geständniß deiner Gegenliebe zu vernehmen. Bis dahin dein liebender Hamlet.
Ophelia an Hamlet.
Liebe und Haß steht in meiner Rolle, und zulezt auch Wahnsinn -- aber sage mir was ist das alles eigentlich an sich, daß ich wäh- len kann. Giebt es etwas an sich, oder ist alles nur Wort und Hauch und viel Phantasie. -- Sieh da kann ich mich nimmer herausfin-
Muͤhe gebe, nicht umgehen kann — zu mei- ner Liebeserklaͤrung!
Zorniger, wilder, menſchenfeindlicher hat es in mir ſeit meiner Geburt nicht ausgeſe- hen, als in dieſem Augenblicke, wo ich es dir aufgebracht hinſchreibe, daß ich dich liebe, dich anbete, und daß ich nach dem Wunſche dich zu haſſen und zu verabſcheuen, keinen ſehnlichern hege, als das Geſtaͤndniß deiner Gegenliebe zu vernehmen. Bis dahin dein liebender Hamlet.
Ophelia an Hamlet.
Liebe und Haß ſteht in meiner Rolle, und zulezt auch Wahnſinn — aber ſage mir was iſt das alles eigentlich an ſich, daß ich waͤh- len kann. Giebt es etwas an ſich, oder iſt alles nur Wort und Hauch und viel Phantaſie. — Sieh da kann ich mich nimmer herausfin-
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Muͤhe gebe, nicht umgehen kann — zu mei-
ner Liebeserklaͤrung!
Zorniger, wilder, menſchenfeindlicher hat
es in mir ſeit meiner Geburt nicht ausgeſe-
hen, als in dieſem Augenblicke, wo ich es dir
aufgebracht hinſchreibe, daß ich dich liebe, dich
anbete, und daß ich nach dem Wunſche dich zu
haſſen und zu verabſcheuen, keinen ſehnlichern
hege, als das Geſtaͤndniß deiner Gegenliebe
zu vernehmen. Bis dahin dein
liebender Hamlet.
Ophelia an Hamlet.
Liebe und Haß ſteht in meiner Rolle, und
zulezt auch Wahnſinn — aber ſage mir was
iſt das alles eigentlich an ſich, daß ich waͤh-
len kann. Giebt es etwas an ſich, oder iſt
alles nur Wort und Hauch und viel Phantaſie.
— Sieh da kann ich mich nimmer herausfin-
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Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/245>, abgerufen am 23.11.2024.
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