eigenen Pfoten saugt. Er ist nur der Schatz- meister dieses in ihm hängenden Säkels, und schneiden Sie ihm diesen ab, so ist's um ihn gethan. Giebt es eine Seelenwanderung, woran ich nicht zweifle, und fahren die abge- schiedenen Geister, wie denn das nicht un- wahrscheinlich ist, eben so gut in Blumen und Früchte u. s. w. als in Thiere -- wo liegt denn noch anders dieser Verbindungskanal der Geister, als in dem sie verschlingenden Ma- gen, durch ihn steigen sie, nachdem das ani- malische wieder abgegangen ist, verflüchtigt in den Kopf empor, und es liegt so am Tage, daß wir die größten Weisen, einen Plato, Hemsterhuis, Kant u. s. w. blos durch behagli- ches Hineinessen in uns aufnehmen können.
Denken Sie hier an Beispiele: Göthe, der den Hans Sachs, die Romantiker und Grie- chen in sich vereinigt, ist ein so guter Esser, als Dichter, und hat wahrscheinlich diese Gei- ster vorweggespeiset; Bonaparte mag den Ju-
eigenen Pfoten ſaugt. Er iſt nur der Schatz- meiſter dieſes in ihm haͤngenden Saͤkels, und ſchneiden Sie ihm dieſen ab, ſo iſt’s um ihn gethan. Giebt es eine Seelenwanderung, woran ich nicht zweifle, und fahren die abge- ſchiedenen Geiſter, wie denn das nicht un- wahrſcheinlich iſt, eben ſo gut in Blumen und Fruͤchte u. ſ. w. als in Thiere — wo liegt denn noch anders dieſer Verbindungskanal der Geiſter, als in dem ſie verſchlingenden Ma- gen, durch ihn ſteigen ſie, nachdem das ani- maliſche wieder abgegangen iſt, verfluͤchtigt in den Kopf empor, und es liegt ſo am Tage, daß wir die groͤßten Weiſen, einen Plato, Hemſterhuis, Kant u. ſ. w. blos durch behagli- ches Hineineſſen in uns aufnehmen koͤnnen.
Denken Sie hier an Beiſpiele: Goͤthe, der den Hans Sachs, die Romantiker und Grie- chen in ſich vereinigt, iſt ein ſo guter Eſſer, als Dichter, und hat wahrſcheinlich dieſe Gei- ſter vorweggeſpeiſet; Bonaparte mag den Ju-
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eigenen Pfoten ſaugt. Er iſt nur der Schatz-
meiſter dieſes in ihm haͤngenden Saͤkels, und
ſchneiden Sie ihm dieſen ab, ſo iſt’s um ihn
gethan. Giebt es eine Seelenwanderung,
woran ich nicht zweifle, und fahren die abge-
ſchiedenen Geiſter, wie denn das nicht un-
wahrſcheinlich iſt, eben ſo gut in Blumen und
Fruͤchte u. ſ. w. als in Thiere — wo liegt
denn noch anders dieſer Verbindungskanal der
Geiſter, als in dem ſie verſchlingenden Ma-
gen, durch ihn ſteigen ſie, nachdem das ani-
maliſche wieder abgegangen iſt, verfluͤchtigt
in den Kopf empor, und es liegt ſo am Tage,
daß wir die groͤßten Weiſen, einen Plato,
Hemſterhuis, Kant u. ſ. w. blos durch behagli-
ches Hineineſſen in uns aufnehmen koͤnnen.
Denken Sie hier an Beiſpiele: Goͤthe, der
den Hans Sachs, die Romantiker und Grie-
chen in ſich vereinigt, iſt ein ſo guter Eſſer,
als Dichter, und hat wahrſcheinlich dieſe Gei-
ſter vorweggeſpeiſet; Bonaparte mag den Ju-
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Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/215>, abgerufen am 24.11.2024.
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