Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

den Lüften die Gewitterwolke wie ein nächt-
liches Schreckbild herüber, und bald hatte sie
ihr Grabtuch am ganzen Himmel ausgebreitet.
Die Kerzen um den Sarg verlöschten, der
Donner brüllte zürnend, wie eine aufrühreri-
sche Macht herunter und rief die festen Schlä-
fer auf, und die Wolke spie Flamme auf
Flamme aus, wodurch das starre blasse Ant-
liz des Todten allein grell und periodisch be-
leuchtet wurde.

Ich sah jezt, daß der Säbel des Soldaten
durch die Nacht blizte, und dieser sich muthig
zum Kampfe rüstete.

Es währte auch nicht lange -- die Luft
warf Blasen auf, und die drei Makbeths Gei-
ster waren plötzlich wieder sichtbar, wie wenn
der Sturmwind sie beim Scheitel herangewir-
belt hätte. Der Blitz beleuchtete verzogene
Teufelslarven und Schlangenhaar, und den
ganzen höllischen Apparat.


den Luͤften die Gewitterwolke wie ein naͤcht-
liches Schreckbild heruͤber, und bald hatte ſie
ihr Grabtuch am ganzen Himmel ausgebreitet.
Die Kerzen um den Sarg verloͤſchten, der
Donner bruͤllte zuͤrnend, wie eine aufruͤhreri-
ſche Macht herunter und rief die feſten Schlaͤ-
fer auf, und die Wolke ſpie Flamme auf
Flamme aus, wodurch das ſtarre blaſſe Ant-
liz des Todten allein grell und periodiſch be-
leuchtet wurde.

Ich ſah jezt, daß der Saͤbel des Soldaten
durch die Nacht blizte, und dieſer ſich muthig
zum Kampfe ruͤſtete.

Es waͤhrte auch nicht lange — die Luft
warf Blaſen auf, und die drei Makbeths Gei-
ſter waren ploͤtzlich wieder ſichtbar, wie wenn
der Sturmwind ſie beim Scheitel herangewir-
belt haͤtte. Der Blitz beleuchtete verzogene
Teufelslarven und Schlangenhaar, und den
ganzen hoͤlliſchen Apparat.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0021" n="19"/>
den Lu&#x0364;ften die Gewitterwolke wie ein na&#x0364;cht-<lb/>
liches Schreckbild heru&#x0364;ber, und bald hatte &#x017F;ie<lb/>
ihr Grabtuch am ganzen Himmel ausgebreitet.<lb/>
Die Kerzen um den Sarg verlo&#x0364;&#x017F;chten, der<lb/>
Donner bru&#x0364;llte zu&#x0364;rnend, wie eine aufru&#x0364;hreri-<lb/>
&#x017F;che Macht herunter und rief die fe&#x017F;ten Schla&#x0364;-<lb/>
fer auf, und die Wolke &#x017F;pie Flamme auf<lb/>
Flamme aus, wodurch das &#x017F;tarre bla&#x017F;&#x017F;e Ant-<lb/>
liz des Todten allein grell und periodi&#x017F;ch be-<lb/>
leuchtet wurde.</p><lb/>
        <p>Ich &#x017F;ah jezt, daß der Sa&#x0364;bel des Soldaten<lb/>
durch die Nacht blizte, und die&#x017F;er &#x017F;ich muthig<lb/>
zum Kampfe ru&#x0364;&#x017F;tete.</p><lb/>
        <p>Es wa&#x0364;hrte auch nicht lange &#x2014; die Luft<lb/>
warf Bla&#x017F;en auf, und die drei Makbeths Gei-<lb/>
&#x017F;ter waren plo&#x0364;tzlich wieder &#x017F;ichtbar, wie wenn<lb/>
der Sturmwind &#x017F;ie beim Scheitel herangewir-<lb/>
belt ha&#x0364;tte. Der Blitz beleuchtete verzogene<lb/>
Teufelslarven und Schlangenhaar, und den<lb/>
ganzen ho&#x0364;lli&#x017F;chen Apparat.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[19/0021] den Luͤften die Gewitterwolke wie ein naͤcht- liches Schreckbild heruͤber, und bald hatte ſie ihr Grabtuch am ganzen Himmel ausgebreitet. Die Kerzen um den Sarg verloͤſchten, der Donner bruͤllte zuͤrnend, wie eine aufruͤhreri- ſche Macht herunter und rief die feſten Schlaͤ- fer auf, und die Wolke ſpie Flamme auf Flamme aus, wodurch das ſtarre blaſſe Ant- liz des Todten allein grell und periodiſch be- leuchtet wurde. Ich ſah jezt, daß der Saͤbel des Soldaten durch die Nacht blizte, und dieſer ſich muthig zum Kampfe ruͤſtete. Es waͤhrte auch nicht lange — die Luft warf Blaſen auf, und die drei Makbeths Gei- ſter waren ploͤtzlich wieder ſichtbar, wie wenn der Sturmwind ſie beim Scheitel herangewir- belt haͤtte. Der Blitz beleuchtete verzogene Teufelslarven und Schlangenhaar, und den ganzen hoͤlliſchen Apparat.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/21
Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/21>, abgerufen am 16.10.2024.