Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811.
Die schwer im Kindbett liegt, hört' ich die Jungfer Gedämpft, im Garten hinten jemand schelten: Wuth scheint und Furcht die Stimme ihr zu rauben. Pfui, schäm' er sich, er Niederträchtiger, Was macht er? Fort. Ich werd' die Mutter rufen; Als ob die Spanier im Lande wären. Drauf: Eve! durch den Zaun hin: Eve! ruf' ich. Was hast du? Was auch giebt's? -- Und still wird es: Nun? Wirst du antworten? -- Was wollt ihr, Muhme? Was hast du vor, frag' ich? -- Was werd' ich haben. Ist es der Ruprecht? -- "Ei so ja, der Ruprecht. Geht euren Weg doch nur." -- So koch dir Thee. Das liebt sich, denk' ich, wie sich andre zanken. Frau Marthe. Mithin --? Ruprecht. Mithin --? Walter. Schweigt! Laßt die Frau vollenden. Frau Brigitte. Da ich vom Vorwerk nun zurückekehre Zur Zeit der Mitternacht etwa, und just, Im Lindengang, bei Marthens Gartens bin, Huscht euch ein Kerl bei mir vorbei, kahlköpfig, Mit einem Pferdefuß, und hinter ihm Erstinkt's wie Dampf von Pech und Haar und Schwefel.
Die ſchwer im Kindbett liegt, hoͤrt’ ich die Jungfer Gedaͤmpft, im Garten hinten jemand ſchelten: Wuth ſcheint und Furcht die Stimme ihr zu rauben. Pfui, ſchaͤm’ er ſich, er Niedertraͤchtiger, Was macht er? Fort. Ich werd’ die Mutter rufen; Als ob die Spanier im Lande waͤren. Drauf: Eve! durch den Zaun hin: Eve! ruf’ ich. Was haſt du? Was auch giebt’s? — Und ſtill wird es: Nun? Wirſt du antworten? — Was wollt ihr, Muhme? Was haſt du vor, frag’ ich? — Was werd’ ich haben. Iſt es der Ruprecht? — „Ei ſo ja, der Ruprecht. Geht euren Weg doch nur.“ — So koch dir Thee. Das liebt ſich, denk’ ich, wie ſich andre zanken. Frau Marthe. Mithin —? Ruprecht. Mithin —? Walter. Schweigt! Laßt die Frau vollenden. Frau Brigitte. Da ich vom Vorwerk nun zuruͤckekehre Zur Zeit der Mitternacht etwa, und juſt, Im Lindengang, bei Marthens Gartens bin, Huſcht euch ein Kerl bei mir vorbei, kahlkoͤpfig, Mit einem Pferdefuß, und hinter ihm Erſtinkt’s wie Dampf von Pech und Haar und Schwefel. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#BRI"> <p><pb facs="#f0128" n="122"/> Die ſchwer im Kindbett liegt, hoͤrt’ ich die Jungfer<lb/> Gedaͤmpft, im Garten hinten jemand ſchelten:<lb/> Wuth ſcheint und Furcht die Stimme ihr zu rauben.<lb/> Pfui, ſchaͤm’ er ſich, er Niedertraͤchtiger,<lb/> Was macht er? Fort. Ich werd’ die Mutter rufen;<lb/> Als ob die Spanier im Lande waͤren.<lb/> Drauf: Eve! durch den Zaun hin: Eve! ruf’ ich.<lb/> Was haſt du? Was auch giebt’s? — Und ſtill wird es:<lb/> Nun? Wirſt du antworten? — Was wollt ihr, Muhme?<lb/> Was haſt du vor, frag’ ich? — Was werd’ ich haben.<lb/> Iſt es der Ruprecht? — „Ei ſo ja, der Ruprecht.<lb/> Geht euren Weg doch nur.“ — So koch dir Thee.<lb/> Das liebt ſich, denk’ ich, wie ſich andre zanken.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker><hi rendition="#g">Frau Marthe</hi>.</speaker><lb/> <p>Mithin —?</p> </sp><lb/> <sp who="#RUP"> <speaker><hi rendition="#g">Ruprecht</hi>.</speaker><lb/> <p> <hi rendition="#et">Mithin —?</hi> </p> </sp><lb/> <sp who="#WAL"> <speaker><hi rendition="#g">Walter</hi>.</speaker><lb/> <p> <hi rendition="#et">Schweigt! Laßt die Frau vollenden.</hi> </p> </sp><lb/> <sp who="#BRI"> <speaker><hi rendition="#g">Frau Brigitte</hi>.</speaker><lb/> <p>Da ich vom Vorwerk nun zuruͤckekehre<lb/> Zur Zeit der Mitternacht etwa, und juſt,<lb/> Im Lindengang, bei Marthens Gartens bin,<lb/> Huſcht euch ein Kerl bei mir vorbei, kahlkoͤpfig,<lb/> Mit einem Pferdefuß, und hinter ihm<lb/> Erſtinkt’s wie Dampf von Pech und Haar und Schwefel.<lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [122/0128]
Die ſchwer im Kindbett liegt, hoͤrt’ ich die Jungfer
Gedaͤmpft, im Garten hinten jemand ſchelten:
Wuth ſcheint und Furcht die Stimme ihr zu rauben.
Pfui, ſchaͤm’ er ſich, er Niedertraͤchtiger,
Was macht er? Fort. Ich werd’ die Mutter rufen;
Als ob die Spanier im Lande waͤren.
Drauf: Eve! durch den Zaun hin: Eve! ruf’ ich.
Was haſt du? Was auch giebt’s? — Und ſtill wird es:
Nun? Wirſt du antworten? — Was wollt ihr, Muhme?
Was haſt du vor, frag’ ich? — Was werd’ ich haben.
Iſt es der Ruprecht? — „Ei ſo ja, der Ruprecht.
Geht euren Weg doch nur.“ — So koch dir Thee.
Das liebt ſich, denk’ ich, wie ſich andre zanken.
Frau Marthe.
Mithin —?
Ruprecht.
Mithin —?
Walter.
Schweigt! Laßt die Frau vollenden.
Frau Brigitte.
Da ich vom Vorwerk nun zuruͤckekehre
Zur Zeit der Mitternacht etwa, und juſt,
Im Lindengang, bei Marthens Gartens bin,
Huſcht euch ein Kerl bei mir vorbei, kahlkoͤpfig,
Mit einem Pferdefuß, und hinter ihm
Erſtinkt’s wie Dampf von Pech und Haar und Schwefel.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/128 |
Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/128>, abgerufen am 17.07.2024. |