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Kirchner, Timotheus: Leichpredigt aus dem 90. Psalm : Bey der Fürstlichen Begrebnis, des ... Herrn Friderichs des jüngern, Hertzogen zu Sachsen. Jena, 1587.

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Derwegen sol vns die kurtze zeit vnsers nichtigen elenden Lebens / so vns Moyses in diesen worten so deutlich für augen stellet / erinnern / das wir der sicherheit abstehen / vnnd nicht wehnen / wir haben noch etlich hundert jhar für vns zu leben: sondern viel mehr bedencken / das wir alle stunde sterben / dieweil augenblicklich etwas von der zeit vnd ziel vnsers Lebens ableufft.

Vnser Leben (spricht Moyses ferner) ist wie eine nachtwache2. Es ist wie / eine nachtwache. für dir. Die alten haben die nacht in vier wachen abgeteilet / vnd zu einer jeden wache drey stunden verordenet.

Da wil nu Moyses sagen / jhr stehet in den sichern gedancken / jhr seid eures Lebens mechtig / vnd dermassen vorgewisset / das euch niemand vberal dasselbige nemen oder rauben könne / aber jhr jrret weit. Denn gleich wie ein Kriegsman auff der nachtwache augenblicklich des feindes gewertig sein muß / welcher jhn erwürge / sonderlich wenn er sicher ist vnd schlefft. Also verhelt es sich auch mit euch sterblichen menschen / augenblicklich müsset jhr eures abgesagten vnd vnuersonlichen feindes des Todes gewertig sein / vnnd weil jhr bey solchem gefehrlichen zustande noch sicher seit vnnd schlaffet / so stehet es vmb euch desto gefehrlicher. Wie solchs die tegliche erfarung bezeuget. Denn es stirbt diese stunde oder fürabents / der in seinem Sinn noch 40. oder 50. jhar zu leben vormeinte. Wer hette dencken sollen / das vnser liebes Herrlein so plötzlich von seiner nachtwache solte abgefordert worden sein? Hiobs kinder hetten wol gemeint / es solte der Himel ehe fallen / als das sie solten von jhrem hause so plötzlich zu tode geschlagen werden. Achabs 70. Sohne desgleichen / hettens für eine Fabel gehalten / wenn einer den tag zuuor jhnen gesagt / das sie alle solten auff einmahl getödtet / jhre kopffe in Körben gegen Jesrael getragen / vnd an zwene hauffen ins Thor daselbst geleget werden. So bald vnd vnuorsehens kombt der Tod.

Derwegen sol vns die kurtze zeit vnsers nichtigen elenden Lebens / so vns Moyses in diesen worten so deutlich für augen stellet / erinnern / das wir der sicherheit abstehen / vnnd nicht wehnen / wir haben noch etlich hundert jhar für vns zu leben: sondern viel mehr bedencken / das wir alle stunde sterben / dieweil augenblicklich etwas von der zeit vnd ziel vnsers Lebens ableufft.

Vnser Leben (spricht Moyses ferner) ist wie eine nachtwache2. Es ist wie / eine nachtwache. für dir. Die alten haben die nacht in vier wachen abgeteilet / vnd zu einer jeden wache drey stunden verordenet.

Da wil nu Moyses sagen / jhr stehet in den sichern gedancken / jhr seid eures Lebens mechtig / vnd dermassen vorgewisset / das euch niemand vberal dasselbige nemen oder rauben könne / aber jhr jrret weit. Denn gleich wie ein Kriegsman auff der nachtwache augenblicklich des feindes gewertig sein muß / welcher jhn erwürge / sonderlich wenn er sicher ist vnd schlefft. Also verhelt es sich auch mit euch sterblichen menschen / augenblicklich müsset jhr eures abgesagten vnd vnuersonlichen feindes des Todes gewertig sein / vnnd weil jhr bey solchem gefehrlichen zustande noch sicher seit vnnd schlaffet / so stehet es vmb euch desto gefehrlicher. Wie solchs die tegliche erfarung bezeuget. Denn es stirbt diese stunde oder fürabents / der in seinem Sinn noch 40. oder 50. jhar zu leben vormeinte. Wer hette dencken sollen / das vnser liebes Herrlein so plötzlich von seiner nachtwache solte abgefordert worden sein? Hiobs kinder hetten wol gemeint / es solte der Himel ehe fallen / als das sie solten von jhrem hause so plötzlich zu tode geschlagen werden. Achabs 70. Sohne desgleichen / hettens für eine Fabel gehalten / wenn einer den tag zuuor jhnen gesagt / das sie alle solten auff einmahl getödtet / jhre kopffe in Körben gegen Jesrael getragen / vnd an zwene hauffen ins Thor daselbst geleget werden. So bald vnd vnuorsehens kombt der Tod.

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[0025] Derwegen sol vns die kurtze zeit vnsers nichtigen elenden Lebens / so vns Moyses in diesen worten so deutlich für augen stellet / erinnern / das wir der sicherheit abstehen / vnnd nicht wehnen / wir haben noch etlich hundert jhar für vns zu leben: sondern viel mehr bedencken / das wir alle stunde sterben / dieweil augenblicklich etwas von der zeit vnd ziel vnsers Lebens ableufft. Vnser Leben (spricht Moyses ferner) ist wie eine nachtwache für dir. Die alten haben die nacht in vier wachen abgeteilet / vnd zu einer jeden wache drey stunden verordenet. 2. Es ist wie / eine nachtwache. Da wil nu Moyses sagen / jhr stehet in den sichern gedancken / jhr seid eures Lebens mechtig / vnd dermassen vorgewisset / das euch niemand vberal dasselbige nemen oder rauben könne / aber jhr jrret weit. Denn gleich wie ein Kriegsman auff der nachtwache augenblicklich des feindes gewertig sein muß / welcher jhn erwürge / sonderlich wenn er sicher ist vnd schlefft. Also verhelt es sich auch mit euch sterblichen menschen / augenblicklich müsset jhr eures abgesagten vnd vnuersonlichen feindes des Todes gewertig sein / vnnd weil jhr bey solchem gefehrlichen zustande noch sicher seit vnnd schlaffet / so stehet es vmb euch desto gefehrlicher. Wie solchs die tegliche erfarung bezeuget. Denn es stirbt diese stunde oder fürabents / der in seinem Sinn noch 40. oder 50. jhar zu leben vormeinte. Wer hette dencken sollen / das vnser liebes Herrlein so plötzlich von seiner nachtwache solte abgefordert worden sein? Hiobs kinder hetten wol gemeint / es solte der Himel ehe fallen / als das sie solten von jhrem hause so plötzlich zu tode geschlagen werden. Achabs 70. Sohne desgleichen / hettens für eine Fabel gehalten / wenn einer den tag zuuor jhnen gesagt / das sie alle solten auff einmahl getödtet / jhre kopffe in Körben gegen Jesrael getragen / vnd an zwene hauffen ins Thor daselbst geleget werden. So bald vnd vnuorsehens kombt der Tod.

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Zitationshilfe: Kirchner, Timotheus: Leichpredigt aus dem 90. Psalm : Bey der Fürstlichen Begrebnis, des ... Herrn Friderichs des jüngern, Hertzogen zu Sachsen. Jena, 1587, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kirchner_leichpredigt_1587/25>, abgerufen am 28.04.2024.