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Kirchhoff, Auguste: Warum muß der Deutsche Verband für Frauenstimmrecht sich zum allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrecht bekennen? Bremen, 1912.

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Wahlrecht kämpfen, Schwierigkeiten und Mißverständnisse bei der
Agitation hervorgerufen hatte, so wurde durch eine neue Resolution
festgestellt, daß der Weltbund in keiner Weise sich mit der Amster-
damer Resolution etwa gegen das allgemeine Wahlrecht aussprechen
wollte, sondern jedem Lande frei steht, für diejenige Form des
Wahlrechts zu arbeiten, die ihm wünschenswert erscheint. Die
neue Resolution, die in mehreren Kommissionsberatungen und nach
Rücksprache mit den Präsidentinnen der angeschlossenen Länder
festgestellt wurde und einstimmige Annahme fand, hat folgenden
Wortlaut:

Es ist zur Kenntnis der Konferenz gelangt, daß der Wort-
laut der Resolution, welche das Wahlrecht für die Frauen in
derselben Form fordert, wie die Männer es haben oder erhalten
werden, Mißverständnisse hervorgerufen hat. Es ist einerseits
so aufgefaßt worden, als bedeute es eine Gegnerschaft gegen
das allgemeine Wahlrecht, andererseits, als unterstütze es das
allgemeine Wahlrecht.

Jn Anbetracht dieser falschen Auslegung erklärt diese Konferenz,
daß der Weltbund für Frauenstimmrecht bei keiner Gelegenheit
Stellung für oder gegen das allgemeine Wahlrecht genommen
hat und es auch jetzt nicht tun wird, da seine Verfassung es
klar ausspricht, daß den angeschlossenen Organisationen in den
Ländern die Entscheidung überlassen bleiben muß, welche Form
des Wahlrechts sie zu jeder gegebenen Zeit fordern wollen.
Der Weltbund für Frauenstimmrecht äußert keine Meinung,
welche Art von Wahlrecht die Frauen fordern sollen. Sein
einziger Zweck ist, den Grundsatz zu verfechten, daß das Geschlecht
kein Grund sein darf, den Frauen das Wahlrecht vorzuenthalten."

Aus diesen Worten geht klar und deutlich zweierlei hervor: erstens,
daß der Weltbund als Repräsentant der ganzen Stimmrechtsbewegung,

Wahlrecht kämpfen, Schwierigkeiten und Mißverständnisse bei der
Agitation hervorgerufen hatte, so wurde durch eine neue Resolution
festgestellt, daß der Weltbund in keiner Weise sich mit der Amster-
damer Resolution etwa gegen das allgemeine Wahlrecht aussprechen
wollte, sondern jedem Lande frei steht, für diejenige Form des
Wahlrechts zu arbeiten, die ihm wünschenswert erscheint. Die
neue Resolution, die in mehreren Kommissionsberatungen und nach
Rücksprache mit den Präsidentinnen der angeschlossenen Länder
festgestellt wurde und einstimmige Annahme fand, hat folgenden
Wortlaut:

Es ist zur Kenntnis der Konferenz gelangt, daß der Wort-
laut der Resolution, welche das Wahlrecht für die Frauen in
derselben Form fordert, wie die Männer es haben oder erhalten
werden, Mißverständnisse hervorgerufen hat. Es ist einerseits
so aufgefaßt worden, als bedeute es eine Gegnerschaft gegen
das allgemeine Wahlrecht, andererseits, als unterstütze es das
allgemeine Wahlrecht.

Jn Anbetracht dieser falschen Auslegung erklärt diese Konferenz,
daß der Weltbund für Frauenstimmrecht bei keiner Gelegenheit
Stellung für oder gegen das allgemeine Wahlrecht genommen
hat und es auch jetzt nicht tun wird, da seine Verfassung es
klar ausspricht, daß den angeschlossenen Organisationen in den
Ländern die Entscheidung überlassen bleiben muß, welche Form
des Wahlrechts sie zu jeder gegebenen Zeit fordern wollen.
Der Weltbund für Frauenstimmrecht äußert keine Meinung,
welche Art von Wahlrecht die Frauen fordern sollen. Sein
einziger Zweck ist, den Grundsatz zu verfechten, daß das Geschlecht
kein Grund sein darf, den Frauen das Wahlrecht vorzuenthalten.“

Aus diesen Worten geht klar und deutlich zweierlei hervor: erstens,
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[29/0029] Wahlrecht kämpfen, Schwierigkeiten und Mißverständnisse bei der Agitation hervorgerufen hatte, so wurde durch eine neue Resolution festgestellt, daß der Weltbund in keiner Weise sich mit der Amster- damer Resolution etwa gegen das allgemeine Wahlrecht aussprechen wollte, sondern jedem Lande frei steht, für diejenige Form des Wahlrechts zu arbeiten, die ihm wünschenswert erscheint. Die neue Resolution, die in mehreren Kommissionsberatungen und nach Rücksprache mit den Präsidentinnen der angeschlossenen Länder festgestellt wurde und einstimmige Annahme fand, hat folgenden Wortlaut: Es ist zur Kenntnis der Konferenz gelangt, daß der Wort- laut der Resolution, welche das Wahlrecht für die Frauen in derselben Form fordert, wie die Männer es haben oder erhalten werden, Mißverständnisse hervorgerufen hat. Es ist einerseits so aufgefaßt worden, als bedeute es eine Gegnerschaft gegen das allgemeine Wahlrecht, andererseits, als unterstütze es das allgemeine Wahlrecht. Jn Anbetracht dieser falschen Auslegung erklärt diese Konferenz, daß der Weltbund für Frauenstimmrecht bei keiner Gelegenheit Stellung für oder gegen das allgemeine Wahlrecht genommen hat und es auch jetzt nicht tun wird, da seine Verfassung es klar ausspricht, daß den angeschlossenen Organisationen in den Ländern die Entscheidung überlassen bleiben muß, welche Form des Wahlrechts sie zu jeder gegebenen Zeit fordern wollen. Der Weltbund für Frauenstimmrecht äußert keine Meinung, welche Art von Wahlrecht die Frauen fordern sollen. Sein einziger Zweck ist, den Grundsatz zu verfechten, daß das Geschlecht kein Grund sein darf, den Frauen das Wahlrecht vorzuenthalten.“ Aus diesen Worten geht klar und deutlich zweierlei hervor: erstens, daß der Weltbund als Repräsentant der ganzen Stimmrechtsbewegung,

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Zitationshilfe: Kirchhoff, Auguste: Warum muß der Deutsche Verband für Frauenstimmrecht sich zum allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrecht bekennen? Bremen, 1912, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kirchhoff_frauenstimmrecht_1912/29>, abgerufen am 26.04.2024.