Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

Bild:
<< vorherige Seite
Ehmals.

Wohl hab' ich manches Lied erdacht
In Waldes Dämmerungen,
Die Vögel haben's mitgemacht,
Der Bach hat drein geklungen,
Den laugen Weg, die fels'ge Bahn,
Gieng ich ein seel'ger Wandersmann.
Nun aber es mir nicht mehr glückt,
Noch Bach und Vögel singen,
Ich gehe traurend und gebückt,
Träum' von verlornen Dingen,
Den langen Weg, die fels'ge Bahn
Sieht man mir im Gesichte an.
O armer Sohn der Arzeney!
Bist selbst erkrankt im Herzen.
Kennst der Heilkräuter mancherley,
Such' eins für eigne Schmerzen!
Welt, daß ich's finde, laß mich los!
Mich heilt nur meines Grabes Moos.

Ehmals.

Wohl hab' ich manches Lied erdacht
In Waldes Daͤmmerungen,
Die Voͤgel haben's mitgemacht,
Der Bach hat drein geklungen,
Den laugen Weg, die felſ'ge Bahn,
Gieng ich ein ſeel'ger Wandersmann.
Nun aber es mir nicht mehr gluͤckt,
Noch Bach und Voͤgel ſingen,
Ich gehe traurend und gebuͤckt,
Traͤum' von verlornen Dingen,
Den langen Weg, die felſ'ge Bahn
Sieht man mir im Geſichte an.
O armer Sohn der Arzeney!
Biſt ſelbſt erkrankt im Herzen.
Kennſt der Heilkraͤuter mancherley,
Such' eins fuͤr eigne Schmerzen!
Welt, daß ich's finde, laß mich los!
Mich heilt nur meines Grabes Moos.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0127" n="115"/>
      <lg type="poem">
        <head><hi rendition="#g">Ehmals</hi>.</head><lb/>
        <l>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </l>
        <lg n="1">
          <l>Wohl hab' ich manches Lied erdacht</l><lb/>
          <l>In Waldes Da&#x0364;mmerungen,</l><lb/>
          <l>Die Vo&#x0364;gel haben's mitgemacht,</l><lb/>
          <l>Der Bach hat drein geklungen,</l><lb/>
          <l>Den laugen Weg, die fel&#x017F;'ge Bahn,</l><lb/>
          <l>Gieng ich ein &#x017F;eel'ger Wandersmann.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="2">
          <l>Nun aber es mir nicht mehr glu&#x0364;ckt,</l><lb/>
          <l>Noch Bach und Vo&#x0364;gel &#x017F;ingen,</l><lb/>
          <l>Ich gehe traurend und gebu&#x0364;ckt,</l><lb/>
          <l>Tra&#x0364;um' von verlornen Dingen,</l><lb/>
          <l>Den langen Weg, die fel&#x017F;'ge Bahn</l><lb/>
          <l>Sieht man mir im Ge&#x017F;ichte an.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="3">
          <l>O armer Sohn der Arzeney!</l><lb/>
          <l>Bi&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t erkrankt im Herzen.</l><lb/>
          <l>Kenn&#x017F;t der Heilkra&#x0364;uter mancherley,</l><lb/>
          <l>Such' eins fu&#x0364;r eigne Schmerzen!</l><lb/>
          <l>Welt, daß ich's finde, laß mich los!</l><lb/>
          <l>Mich heilt nur meines Grabes Moos.</l>
        </lg>
      </lg><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0127] Ehmals. Wohl hab' ich manches Lied erdacht In Waldes Daͤmmerungen, Die Voͤgel haben's mitgemacht, Der Bach hat drein geklungen, Den laugen Weg, die felſ'ge Bahn, Gieng ich ein ſeel'ger Wandersmann. Nun aber es mir nicht mehr gluͤckt, Noch Bach und Voͤgel ſingen, Ich gehe traurend und gebuͤckt, Traͤum' von verlornen Dingen, Den langen Weg, die felſ'ge Bahn Sieht man mir im Geſichte an. O armer Sohn der Arzeney! Biſt ſelbſt erkrankt im Herzen. Kennſt der Heilkraͤuter mancherley, Such' eins fuͤr eigne Schmerzen! Welt, daß ich's finde, laß mich los! Mich heilt nur meines Grabes Moos.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/127
Zitationshilfe: Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/127>, abgerufen am 22.11.2024.