Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.lich in der Art, wie ein Geist sich daselbst in seinem eigen- Der Denkgläubige meint, es solle so ein Verstorbener, Der Denkgläubige kann an kein Zwischenreich halbseli- Der Freund entgegnet: "Man möchte wohl wissen, was lich in der Art, wie ein Geiſt ſich daſelbſt in ſeinem eigen- Der Denkgläubige meint, es ſolle ſo ein Verſtorbener, Der Denkgläubige kann an kein Zwiſchenreich halbſeli- Der Freund entgegnet: „Man möchte wohl wiſſen, was <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0067" n="53"/> lich in der Art, wie ein Geiſt ſich daſelbſt in ſeinem eigen-<lb/> thümlichen Hades-Raum aufhalten, bewegen und daraus<lb/> hervortreten kann; ſondern daß nach 1. Petri 3, 19—20<lb/> die Seelen der Unglaubigen vor der Sündfluth von da bis<lb/> zur Höllenfahrt und Auferſtehung des Herrn in den Ge-<lb/> fängniſſen des Hades zubringen mußten, welches einen un-<lb/> gefähren Zeitraum von 2400 Jahren macht. Bey ihnen<lb/> hätte alſo das „raſtloſe Fortſchreiten“ gute Weile gehabt.<lb/> Und doch ſchritten ſie fort; denn ſonſt könnte ſie Chriſtus<lb/> nicht aus ihrem Zuſtande befreyen. Die Frage, wie ſich<lb/> dergleichen mit der Weisheit Gottes vereinigen laſſe, hat<lb/> ſeiner Zeit auch <hi rendition="#g">Hiob</hi> gethan und guten Beſcheid darauf<lb/> erhalten.“</p><lb/> <p>Der Denkgläubige meint, es ſolle ſo ein Verſtorbener,<lb/> wenn er wieder käme, uns doch auch die Räthſel des Le-<lb/> bens löſen und uns Kunde bringen von dem Jenſeits, in<lb/> das unſer Auge mit ſo vieler Neugierde blicke. „Das thut<lb/> er wirklich,“ antwortet der Freund, „aber nicht nach<lb/> unſerer vorgefaßten Meinung.“ Auch dieſer Denkgläubige<lb/> iſt der Meinung der Geiſtreichen: es ſollten Geiſter geiſt-<lb/> reich ſeyn und nicht ſo albern. „Das iſt eben unſer gro-<lb/> ßer Irrthum,“ antwortet der Freund, worüber anderwärts<lb/> viel geſagt iſt.</p><lb/> <p>Der Denkgläubige kann an kein Zwiſchenreich halbſeli-<lb/> ger und halb unſeliger Geiſter glauben, welches ihm weit<lb/> ärger wäre, als das Fegfeuer, das doch ſchneller wirke<lb/> und einen vernünftigen Zweck habe. In dieſem Zwiſchen-<lb/> reiche fände keine weitere Vervollkommnung ſtatt, die Gei-<lb/> ſter müßten da noch mehr verdummen, ſtatt, wie er es ſich<lb/> vorſtelle, ſich vorher zu einem andern Geſchlecht entwik-<lb/> keln u. ſ. w.</p><lb/> <p>Der Freund entgegnet: „Man möchte wohl wiſſen, was<lb/> der Zweifler ſich unter dem Fegfeuer nnd bey deſſen Unter-<lb/> ſchied von dem Zwiſchenreich und welchen vernünftigen Zweck<lb/> er ſich bey ſeinem Fegfeuer denkt. Ferner wie geſchwind<lb/> nach ſeiner Vorſtellung die thörichte Mehrzahl der Men-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [53/0067]
lich in der Art, wie ein Geiſt ſich daſelbſt in ſeinem eigen-
thümlichen Hades-Raum aufhalten, bewegen und daraus
hervortreten kann; ſondern daß nach 1. Petri 3, 19—20
die Seelen der Unglaubigen vor der Sündfluth von da bis
zur Höllenfahrt und Auferſtehung des Herrn in den Ge-
fängniſſen des Hades zubringen mußten, welches einen un-
gefähren Zeitraum von 2400 Jahren macht. Bey ihnen
hätte alſo das „raſtloſe Fortſchreiten“ gute Weile gehabt.
Und doch ſchritten ſie fort; denn ſonſt könnte ſie Chriſtus
nicht aus ihrem Zuſtande befreyen. Die Frage, wie ſich
dergleichen mit der Weisheit Gottes vereinigen laſſe, hat
ſeiner Zeit auch Hiob gethan und guten Beſcheid darauf
erhalten.“
Der Denkgläubige meint, es ſolle ſo ein Verſtorbener,
wenn er wieder käme, uns doch auch die Räthſel des Le-
bens löſen und uns Kunde bringen von dem Jenſeits, in
das unſer Auge mit ſo vieler Neugierde blicke. „Das thut
er wirklich,“ antwortet der Freund, „aber nicht nach
unſerer vorgefaßten Meinung.“ Auch dieſer Denkgläubige
iſt der Meinung der Geiſtreichen: es ſollten Geiſter geiſt-
reich ſeyn und nicht ſo albern. „Das iſt eben unſer gro-
ßer Irrthum,“ antwortet der Freund, worüber anderwärts
viel geſagt iſt.
Der Denkgläubige kann an kein Zwiſchenreich halbſeli-
ger und halb unſeliger Geiſter glauben, welches ihm weit
ärger wäre, als das Fegfeuer, das doch ſchneller wirke
und einen vernünftigen Zweck habe. In dieſem Zwiſchen-
reiche fände keine weitere Vervollkommnung ſtatt, die Gei-
ſter müßten da noch mehr verdummen, ſtatt, wie er es ſich
vorſtelle, ſich vorher zu einem andern Geſchlecht entwik-
keln u. ſ. w.
Der Freund entgegnet: „Man möchte wohl wiſſen, was
der Zweifler ſich unter dem Fegfeuer nnd bey deſſen Unter-
ſchied von dem Zwiſchenreich und welchen vernünftigen Zweck
er ſich bey ſeinem Fegfeuer denkt. Ferner wie geſchwind
nach ſeiner Vorſtellung die thörichte Mehrzahl der Men-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |