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Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.

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gar keinen Geruch von sich und auch im Momente des
Glimmens bemerkte das Mädchen keinen Geruch.*)

Vom Schrecken fast gelähmt wurde das Mädchen von
den Ihrigen in der Kammer angetroffen und sogleich in
das Haus des Bauern Bernhard Fischer gebracht, weil
Grombach den Abbruch seiner Wohnung jetzt beschleunigen
wollte.

Kaum dort angelangt, erschien der Magdalene der schwarze
Geist. Er hatte jetzt etwas weißes auf dem Kopfe, gleich
einer Quaste, da er sonst ganz schwarz war. Er sprach:
"Nicht wahr ich bin auch da? Du wirst recht weinen,
weil es das letztemal ist! Du siehest nun doch auch etwas
Weißes an mir." Als er dieses gesprochen, ging er auf sie
zu, griff ihr mit kalter Hand in den Nacken, sie verlor
ihr Bewußtseyn und er war nun in ihr. Ihr Aussehen (be-
richtet ein Augenzeuge) war nun blaß, die Augen fest ge-
schlossen. Wenn man den Augendeckel öffnete, fand man
den Augapfel ganz gegen die Nase zu hinaufgetrieben und
sah vom Lichten des Auges nur wenig. Das Auge schien
auch wie eingesunken zu seyn. Der Puls schlug wie ge-
wöhnlich. Der linke Fuß war in beständiger Bewegung.
Die linke Seite war auffallend kälter als die rechte.

Von Sonntag Nachts bis Dienstag Mittags nahm das
Mädchen keine Speise mehr zu sich. Eben so unterblieben
während dieser Zeit alle Sekretionen bey ihr. Sie blieb
nun unausgesetzt vom schwarzen Geiste bis zum andern Tage
Mittags besessen. Zuerst kündigte der Dämon an, daß er
nicht vor halb zwölf Uhr am andern Tage (was auch so
eintraf) gehen könne. Dann sprach er: "Wäre ich dem, was
bey Petrus steht, nachgefolgt, so müßte ich nicht mehr hier

*) Auch hier die bekannte Aeußerung eines elektrischen Feuers,
das mit dem magnetischen Nervenfluidum (dem Nervengeist)
diesem Seelenvehikel, identisch oder eine seiner verschiedenen
Darstellungen ist.
-- y --

gar keinen Geruch von ſich und auch im Momente des
Glimmens bemerkte das Mädchen keinen Geruch.*)

Vom Schrecken faſt gelähmt wurde das Mädchen von
den Ihrigen in der Kammer angetroffen und ſogleich in
das Haus des Bauern Bernhard Fiſcher gebracht, weil
Grombach den Abbruch ſeiner Wohnung jetzt beſchleunigen
wollte.

Kaum dort angelangt, erſchien der Magdalene der ſchwarze
Geiſt. Er hatte jetzt etwas weißes auf dem Kopfe, gleich
einer Quaſte, da er ſonſt ganz ſchwarz war. Er ſprach:
„Nicht wahr ich bin auch da? Du wirſt recht weinen,
weil es das letztemal iſt! Du ſieheſt nun doch auch etwas
Weißes an mir.“ Als er dieſes geſprochen, ging er auf ſie
zu, griff ihr mit kalter Hand in den Nacken, ſie verlor
ihr Bewußtſeyn und er war nun in ihr. Ihr Ausſehen (be-
richtet ein Augenzeuge) war nun blaß, die Augen feſt ge-
ſchloſſen. Wenn man den Augendeckel öffnete, fand man
den Augapfel ganz gegen die Naſe zu hinaufgetrieben und
ſah vom Lichten des Auges nur wenig. Das Auge ſchien
auch wie eingeſunken zu ſeyn. Der Puls ſchlug wie ge-
wöhnlich. Der linke Fuß war in beſtändiger Bewegung.
Die linke Seite war auffallend kälter als die rechte.

Von Sonntag Nachts bis Dienſtag Mittags nahm das
Mädchen keine Speiſe mehr zu ſich. Eben ſo unterblieben
während dieſer Zeit alle Sekretionen bey ihr. Sie blieb
nun unausgeſetzt vom ſchwarzen Geiſte bis zum andern Tage
Mittags beſeſſen. Zuerſt kündigte der Dämon an, daß er
nicht vor halb zwölf Uhr am andern Tage (was auch ſo
eintraf) gehen könne. Dann ſprach er: „Wäre ich dem, was
bey Petrus ſteht, nachgefolgt, ſo müßte ich nicht mehr hier

*) Auch hier die bekannte Aeußerung eines elektriſchen Feuers,
das mit dem magnetiſchen Nervenfluidum (dem Nervengeiſt)
dieſem Seelenvehikel, identiſch oder eine ſeiner verſchiedenen
Darſtellungen iſt.
— y —
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[42/0056] gar keinen Geruch von ſich und auch im Momente des Glimmens bemerkte das Mädchen keinen Geruch. *) Vom Schrecken faſt gelähmt wurde das Mädchen von den Ihrigen in der Kammer angetroffen und ſogleich in das Haus des Bauern Bernhard Fiſcher gebracht, weil Grombach den Abbruch ſeiner Wohnung jetzt beſchleunigen wollte. Kaum dort angelangt, erſchien der Magdalene der ſchwarze Geiſt. Er hatte jetzt etwas weißes auf dem Kopfe, gleich einer Quaſte, da er ſonſt ganz ſchwarz war. Er ſprach: „Nicht wahr ich bin auch da? Du wirſt recht weinen, weil es das letztemal iſt! Du ſieheſt nun doch auch etwas Weißes an mir.“ Als er dieſes geſprochen, ging er auf ſie zu, griff ihr mit kalter Hand in den Nacken, ſie verlor ihr Bewußtſeyn und er war nun in ihr. Ihr Ausſehen (be- richtet ein Augenzeuge) war nun blaß, die Augen feſt ge- ſchloſſen. Wenn man den Augendeckel öffnete, fand man den Augapfel ganz gegen die Naſe zu hinaufgetrieben und ſah vom Lichten des Auges nur wenig. Das Auge ſchien auch wie eingeſunken zu ſeyn. Der Puls ſchlug wie ge- wöhnlich. Der linke Fuß war in beſtändiger Bewegung. Die linke Seite war auffallend kälter als die rechte. Von Sonntag Nachts bis Dienſtag Mittags nahm das Mädchen keine Speiſe mehr zu ſich. Eben ſo unterblieben während dieſer Zeit alle Sekretionen bey ihr. Sie blieb nun unausgeſetzt vom ſchwarzen Geiſte bis zum andern Tage Mittags beſeſſen. Zuerſt kündigte der Dämon an, daß er nicht vor halb zwölf Uhr am andern Tage (was auch ſo eintraf) gehen könne. Dann ſprach er: „Wäre ich dem, was bey Petrus ſteht, nachgefolgt, ſo müßte ich nicht mehr hier *) Auch hier die bekannte Aeußerung eines elektriſchen Feuers, das mit dem magnetiſchen Nervenfluidum (dem Nervengeiſt) dieſem Seelenvehikel, identiſch oder eine ſeiner verſchiedenen Darſtellungen iſt. — y —

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Zitationshilfe: Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/56>, abgerufen am 28.04.2024.