um einen Gulden: denn diese ist besser als eine um acht und vierzig Kreuzer. Du sollst deinem Vater zureden, daß er auch eine um einen Gulden lesen läßt. Es ist auch viel werth, wenn man das Heu gut heimbringt, nicht wahr?" Sie war schon im Begriff Antwort zu geben, als sie wäh- rend der Rede das Betten einstellte und um sich sah und den schwarzen Mönch erkannte. Dieser lachte nun hell auf und sagte: "Hab ich dich nicht gefangen, so werd ich dich doch noch fangen. Sage deinem Alten, ich wolle ihm eine Messe um acht und vierzig Kreuzer lesen, die eben so gut seyn soll als die um einen Gulden." Dann lachte er wieder und verschwand.
Um diese Zeit fand ihre Schwester und sie im Stalle auf einem Balken ein kleines Säckchen, das beym Herun- terfallen klingelte. Sie öffneten es und fanden darin ei- nige große Thaler nebst Münzen, im Ganzen eilf Gulden. Es war unerklärlich, wie dieses Geld an jenen Ort gekom- men: denn den Leuten im Hause fehlte es nicht und kein anderer Mensch wollte sich dazu melden. Da kam der schwarze Mönch und sagte: das gehört dein, Magdalene, und ist für die Ohrfeige, die ich dir einmal im Stalle gegeben. Das Geld habe ich von einem Herrn in H. genommen, der an diesem Tage um sechs Caroline betrogen hat. Magdalene bedanke dich dafür!" Aber auch das konnte das Mädchen nicht zum Reden mit ihm bringen und Abends erschien ihr die weiße Gestalt und sagte: "Es ist gut, daß du ihm auf sein Gerede nicht antwortetest und auch das Geld sollst du nicht behalten, sondern es den Armen geben." (Man gab nun auch davon ein Drittel in das Waisenhaus nach Stutt- gart, ein Drittel in die Armenpflege nach Hall, und ein Drittel in den Schulfond des Orts.)
Weiter sagte die weiße Gestalt: "Wenn du nächstens nach Hall kommst, so wandle in der Stadt fort, bis dich Jemand ruft, der wird dir ein Geschenk an Geld geben und dafür kaufe dir ein Gesangbuch." Sie kam nun auch wirklich bald nach Hall, und als sie da durch eine Straße
um einen Gulden: denn dieſe iſt beſſer als eine um acht und vierzig Kreuzer. Du ſollſt deinem Vater zureden, daß er auch eine um einen Gulden leſen läßt. Es iſt auch viel werth, wenn man das Heu gut heimbringt, nicht wahr?“ Sie war ſchon im Begriff Antwort zu geben, als ſie wäh- rend der Rede das Betten einſtellte und um ſich ſah und den ſchwarzen Mönch erkannte. Dieſer lachte nun hell auf und ſagte: „Hab ich dich nicht gefangen, ſo werd ich dich doch noch fangen. Sage deinem Alten, ich wolle ihm eine Meſſe um acht und vierzig Kreuzer leſen, die eben ſo gut ſeyn ſoll als die um einen Gulden.“ Dann lachte er wieder und verſchwand.
Um dieſe Zeit fand ihre Schweſter und ſie im Stalle auf einem Balken ein kleines Säckchen, das beym Herun- terfallen klingelte. Sie öffneten es und fanden darin ei- nige große Thaler nebſt Münzen, im Ganzen eilf Gulden. Es war unerklärlich, wie dieſes Geld an jenen Ort gekom- men: denn den Leuten im Hauſe fehlte es nicht und kein anderer Menſch wollte ſich dazu melden. Da kam der ſchwarze Mönch und ſagte: das gehört dein, Magdalene, und iſt für die Ohrfeige, die ich dir einmal im Stalle gegeben. Das Geld habe ich von einem Herrn in H. genommen, der an dieſem Tage um ſechs Caroline betrogen hat. Magdalene bedanke dich dafür!“ Aber auch das konnte das Mädchen nicht zum Reden mit ihm bringen und Abends erſchien ihr die weiße Geſtalt und ſagte: „Es iſt gut, daß du ihm auf ſein Gerede nicht antworteteſt und auch das Geld ſollſt du nicht behalten, ſondern es den Armen geben.“ (Man gab nun auch davon ein Drittel in das Waiſenhaus nach Stutt- gart, ein Drittel in die Armenpflege nach Hall, und ein Drittel in den Schulfond des Orts.)
Weiter ſagte die weiße Geſtalt: „Wenn du nächſtens nach Hall kommſt, ſo wandle in der Stadt fort, bis dich Jemand ruft, der wird dir ein Geſchenk an Geld geben und dafür kaufe dir ein Geſangbuch.“ Sie kam nun auch wirklich bald nach Hall, und als ſie da durch eine Straße
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0044"n="30"/>
um einen Gulden: denn dieſe iſt beſſer als eine um acht<lb/>
und vierzig Kreuzer. Du ſollſt deinem Vater zureden, daß<lb/>
er auch eine um einen Gulden leſen läßt. Es iſt auch viel<lb/>
werth, wenn man das Heu gut heimbringt, nicht wahr?“<lb/>
Sie war ſchon im Begriff Antwort zu geben, als ſie wäh-<lb/>
rend der Rede das Betten einſtellte und um ſich ſah und<lb/>
den ſchwarzen Mönch erkannte. Dieſer lachte nun hell auf<lb/>
und ſagte: „Hab ich dich nicht gefangen, ſo werd ich dich<lb/>
doch noch fangen. Sage deinem Alten, ich wolle ihm eine<lb/>
Meſſe um acht und vierzig Kreuzer leſen, die eben ſo gut<lb/>ſeyn ſoll als die um einen Gulden.“ Dann lachte er wieder<lb/>
und verſchwand.</p><lb/><p>Um dieſe Zeit fand ihre Schweſter und ſie im Stalle<lb/>
auf einem Balken ein kleines Säckchen, das beym Herun-<lb/>
terfallen klingelte. Sie öffneten es und fanden darin ei-<lb/>
nige große Thaler nebſt Münzen, im Ganzen eilf Gulden.<lb/>
Es war unerklärlich, wie dieſes Geld an jenen Ort gekom-<lb/>
men: denn den Leuten im Hauſe fehlte es nicht und kein<lb/>
anderer Menſch wollte ſich dazu melden. Da kam der ſchwarze<lb/>
Mönch und ſagte: das gehört dein, Magdalene, und iſt für<lb/>
die Ohrfeige, die ich dir einmal im Stalle gegeben. Das<lb/>
Geld habe ich von einem Herrn in H. genommen, der an<lb/>
dieſem Tage um ſechs Caroline betrogen hat. Magdalene<lb/>
bedanke dich dafür!“ Aber auch das konnte das Mädchen<lb/>
nicht zum Reden mit ihm bringen und Abends erſchien ihr<lb/>
die weiße Geſtalt und ſagte: „Es iſt gut, daß du ihm auf<lb/>ſein Gerede nicht antworteteſt und auch das Geld ſollſt du<lb/>
nicht behalten, ſondern es den Armen geben.“ (Man gab<lb/>
nun auch davon ein Drittel in das Waiſenhaus nach Stutt-<lb/>
gart, ein Drittel in die Armenpflege nach Hall, und ein<lb/>
Drittel in den Schulfond des Orts.)</p><lb/><p>Weiter ſagte die weiße Geſtalt: „Wenn du nächſtens<lb/>
nach <hirendition="#g">Hall</hi> kommſt, ſo wandle in der Stadt fort, bis dich<lb/>
Jemand ruft, der wird dir ein Geſchenk an Geld geben<lb/>
und dafür kaufe dir ein Geſangbuch.“ Sie kam nun auch<lb/>
wirklich bald nach Hall, und als ſie da durch eine Straße<lb/></p></div></body></text></TEI>
[30/0044]
um einen Gulden: denn dieſe iſt beſſer als eine um acht
und vierzig Kreuzer. Du ſollſt deinem Vater zureden, daß
er auch eine um einen Gulden leſen läßt. Es iſt auch viel
werth, wenn man das Heu gut heimbringt, nicht wahr?“
Sie war ſchon im Begriff Antwort zu geben, als ſie wäh-
rend der Rede das Betten einſtellte und um ſich ſah und
den ſchwarzen Mönch erkannte. Dieſer lachte nun hell auf
und ſagte: „Hab ich dich nicht gefangen, ſo werd ich dich
doch noch fangen. Sage deinem Alten, ich wolle ihm eine
Meſſe um acht und vierzig Kreuzer leſen, die eben ſo gut
ſeyn ſoll als die um einen Gulden.“ Dann lachte er wieder
und verſchwand.
Um dieſe Zeit fand ihre Schweſter und ſie im Stalle
auf einem Balken ein kleines Säckchen, das beym Herun-
terfallen klingelte. Sie öffneten es und fanden darin ei-
nige große Thaler nebſt Münzen, im Ganzen eilf Gulden.
Es war unerklärlich, wie dieſes Geld an jenen Ort gekom-
men: denn den Leuten im Hauſe fehlte es nicht und kein
anderer Menſch wollte ſich dazu melden. Da kam der ſchwarze
Mönch und ſagte: das gehört dein, Magdalene, und iſt für
die Ohrfeige, die ich dir einmal im Stalle gegeben. Das
Geld habe ich von einem Herrn in H. genommen, der an
dieſem Tage um ſechs Caroline betrogen hat. Magdalene
bedanke dich dafür!“ Aber auch das konnte das Mädchen
nicht zum Reden mit ihm bringen und Abends erſchien ihr
die weiße Geſtalt und ſagte: „Es iſt gut, daß du ihm auf
ſein Gerede nicht antworteteſt und auch das Geld ſollſt du
nicht behalten, ſondern es den Armen geben.“ (Man gab
nun auch davon ein Drittel in das Waiſenhaus nach Stutt-
gart, ein Drittel in die Armenpflege nach Hall, und ein
Drittel in den Schulfond des Orts.)
Weiter ſagte die weiße Geſtalt: „Wenn du nächſtens
nach Hall kommſt, ſo wandle in der Stadt fort, bis dich
Jemand ruft, der wird dir ein Geſchenk an Geld geben
und dafür kaufe dir ein Geſangbuch.“ Sie kam nun auch
wirklich bald nach Hall, und als ſie da durch eine Straße
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/44>, abgerufen am 29.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.